Kontakt zur eigenen Seele

"Das Gelingen des menschlichen Werkes ist die Frucht menschlicher Reife. Die Voraussetzungen des Reifens sind: Der Abbau des kleinen, nur weltbezogenen, schmerzscheuen Ichs, das Spüren und Zulassen und die Entfaltung des eingeborenen, transzendenten Wesens, das Einschmelzen der es verstellenden Positionen und Einstellungen, das Ernstnehmen und Verarbeiten der zu seinem Innewerden hinführenden und es bekundenden Erfahrungen, die Gewinnung zuverlässiger Haltungen, die dem Wesen entsprechen und in allem die Treue im Fortschreiten auf dem inneren Weg."

aus: Der Alltag als Übung, Karlfried Graf Dürckheim


Eigentlich geht es um die innere Kommunikation zwischen den Ich-Kräften und den tieferen Wesenskräften des Individuums.:)
 
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Ich sag immer (bin kognitiv veranlagt): das, was mich denkt, ist meine Seele. Das Denken findet im Geist statt, und meine Seele ist der Anlaß dafür, daß ich so denke, wie ich denke.

Denke ich nun darüber nach, warum ich denke, wie ich denke, bemerke ich als kognitiv veranlagter Mensch meine Gefühle. Sie sind der Motor dafür, daß ich denke und daß ich denke, wie ich denke. Und die Seele, könnte man sagen, treibt diesen Gefühls-Motor an.

Die Seele ist aber nicht das Gefühl, das Gefühl findet im Körper statt, es wird hormonell veranstaltet. Die Seele ist auch nicht das Denken, das Denken findet im Geist statt. Sondern sie ist eine dritte Kraft, unabhängig von Körper und Geist und doch mit ihnen im Verbund auftretend. Und ohne sie vermutlich nicht wahrnehmbar.

Dieses Dreier-Konglomerat ("Geistkörperseele") lebt nun in einer Umgebung. Dabei erfährt zunächst der Körper eine Behandlung durch die anderen Menschen, ganz früh als Säugling und Kleinkind. Das Gehirn entwickelt aufgrund dieser Behandlung die Wahrnehmung für die Umgebung, zu der es sich im Mutterleib nicht in Trennung empfand. Und im dritten Jahr etwa komme die Ich-Entwicklung so richtig in Gange, weil das Gehirn im gesunden Kind dann weit genug entwickelt ist.

Das Kind wird nun, da es sich als getrennt zu erleben beginnt, Erfahrungen machen, die es dann nur noch via Kommunikation mit der Umgebung teilen kann. Naturgemäss fehlen dem Kind aber die Worte, um die Komplexheit des Ich-Erlebens auszudrücken. Selbst dem Erwachsenen fällt das noch schwer.

Diese Getrenntheit, die sich durch die Ich-Entwicklung mit dem gleichzeitigen Unvermögen des Sich-Zurückverbindens mit Anderen via Kommunikation ergibt, aufzuheben, ist der Wunsch, der uns die Seele "macht" und den uns die Seele macht. Durch diese Getrenntheit von unserem Ursprung und von der Einheit können wir die Seele "erleben".


Die Seele ist also, könnte man sagen, dasjenige von uns, das mit dem Geist versuchen kann, die körperlichen Wahrnehmungen, die ein Mensch in der Umgebung macht, auszuloten und zu verstehen. Sie ist die Beobachterin unseres geistigen und gleichzeitig je nach Glaube auch die Veranlasserin unseres körperlichen Seins.

(ich persönlich finde übrigens den Begriff "Seele" ganz gut in folgendem Wikipedia-Beitrag zur Psyche behandelt http://de.wikipedia.org/wiki/Psyche)





Will man nun Kontakt zur Seele aufnehmen, so hat man, wenn man denn nicht direkt Kontakt zur eigenen Seele aufnehmen kann, viele viele Möglichkeiten. Unendlich viele, um genau zu sein. Das macht es mir schwer, eine gute Erklärung zu finden bzw. mir zuzutrauen, es mal zu versuchen. Es ist eben eher ein "individuelles" (wörtlich übersetzt "ungeteiltes") Erleben, welches die Seele gebiert.

Das Ziel der westlichen Kultur ist die Entwicklung des Individuums, das heißt des in sich nichtgeteilten Menschen, der eine Ganzheit ist. Das Ziel der östlichen Kulturen ist die Entwicklung des Menschen hin zur universalen Ganzheit, in dem das Ich mit dem Du im Innen wie im Aussen im Frieden lebt. Beides sind etwas unterschiedliche Konzepte dafür, wie Seele mit Geist und Körper zusammenhängen könnten. Auch dies ist ein Grund dafür, daß es mir schwer fällt, mich für Worte zu entscheiden: es gibt nicht wirklich Klarheit in dieser Frage, wenn man über Tellerränder blickt. Es ist also wirklich etwas Individuelles, sich mit der eigenen Seele zu beschäftigen.


Wenn das so ist, daß die Beschäftigung mit der Seele etwas Individuelles ist, dann wäre es also die Beschäftigung mit dem, was uns von uns selbst und unserer Umgebung "trennt". Und es wäre der Wunsch nach einem Communio und einem Religio mit uns selbst und mit der Umgebung, der uns antreiben würde, um wieder "ganz" zu werden. Also die Beschäftigung mit dem, was uns zu uns und zu Anderen hinführen wird. Das können wir festhalten. Viel mehr, fürchte ich, können wir nicht wenigstens logisch gesichert wissen. (naturwissenschaftliche Sicherungsversuche sind hier ja eh Fehl am Platze, Anm.)


Kann ich die Seele schon nicht als manifestiert in mir ausmachen, so kann ich jedoch vielleicht ihre Tendenzen in mir erfahren, die sie mir macht bzw. die entstanden sind, weil meine Seele einen Körper hat. Mein Geist könnte diese Tendenzen beobachten und wahrnehmen, könnte reflektieren, warum ist, was ist, warum war, was war und inwiefern daher auch sein wird, was sein wird. Etwas in mir könnte wissen wollen: bin ich eigentlich jemand oder etwas, der oder das sich selbst oder Andere beeinflussen kann? Habe ich "magische Kräfte", kann ich etwas verändern, und wenn ja: was? Woran sollte ich eine Veränderung beginnen?

Denn ich gehe davon aus: wer sich nicht verändert - z.B. durch Reflektion oder durch ein Zulassen der sonst zurückgehaltenen Gefühle oder Gedanken, kann seine Seele nicht wahrnehmen. Die Seele mache eine "Wandlung" durch im Leben, sie sei das, was "wandelt". In der Bibel gibt es beinahe unendlich viele Beispiele und Metaphern für solche Wandelwege, die Menschen in ihren Biographien gehen. Und der Wandelweg des Jesus Christus ist archetypisch für unsere westliche Denk- und Fühlwelt: wir sollten begraben, was in uns gekreuzigt ist, und am 3. Tage auferstehen.

Die Seele ist also vielleicht das in uns, das uns aus den Verstrickungen des Körpers und des Geistes befreien kann. Sie ist das, was uns im Moment den klügeren Gedanken denken lässt anstatt wie gestern noch den dummen. Sie ist das, was uns im Moment unser Gefühl endlich benennen und daher spüren lässt, und unsere Trauer, es bisher falsch verstanden zu haben. Und dann nach einiger Weile die Freude, daß unser Gefühl jetzt wieder funktioniert.

lög,
Trixi Maus
 
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