Bibel - Der Ehrenmord
Noch heute erfahren wir hin und wieder
von einem "Ehrenmord", meist im oestlichen
oder suedlichen geographischen Bereich.
Allerdings: Die Sitte des Ehrenmordes ist "nicht",
dem Christentum, Judentum oder dem Islam
zuzuordnen.
Nach meinem Empfinden praktizierte der Gegenspieler
von Richard Loewenherz noch den "echten Islam"
und Saladin haette einen solchen Ehrenmord nie
gut geheissen, er liess auch Kriegsgegner oder Kriegsfeinde
per weisser Fahne zur Unterhaltung friedliche Besuche
abstatten ohne sie meuchlings zu ermorden.
Erst nach seiner Zeit fand die Korrumpierung durch Fanatiker statt,
was eine Rueckkehr in Alte Zeiten darstellt,
in jene Zeit als es Christentum und Islam noch gar nicht gab,
und das Judentum erst im Beginn war, Wurzeln zu pflanzen.
Und selbst das beginnende Wurzeljudentum zeichnet nicht
diese Sitte, wie wir im Fall "Der Dina" einer Tochter des Jakobs
nachlesen koennen. Jakob war entruestet und hiess diese Tat,
den "Ehrenmord", nicht gut. Entsprechend fiel auch sein Segen
aus, der die betreffenden Soehne ueberkam.
So bekannt die zwölf Söhne von Jakob sind, auf die die zwölf Stämme des Volkes Israel zurückgeführt werden, so unbekannt ist die Tatsache, dass der Ahnherr Israels mit seiner Frau Lea auch eine Tochter hatte. Dieser Tochter Dina ist im ersten Buch der Bibel eine eigene Erzählung gewidmet, die eine doppelte Kriminalgeschichte ist.
Jakob schlägt nach der Trennung von seinem Onkel Laban in der Nähe der kanaanäischen Stadt Sichem seine Zelte auf. Die biblische Erzählung betont, dass er mit dem Gründer und Fürsten der Stadt eine nachbarschaftliche Beziehung anstrebt, indem er ihm den Lagerplatz für 100 Silberstücke abkauft. Eines Tages jedoch wird Dina außerhalb des Lagers von Sichem, dem Sohn des Stadtgründers, vergewaltigt. Durch dieses Verbrechen gilt nicht nur die Ehre der Jungfrau Dina, sondern auch die der ganzen Sippe als befleckt. Obwohl sich der Täter stellt und Dina aus echter Zuneigung heiraten will, sinnen die Söhne Jakobs auf eine Möglichkeit, die Schandtat an ihrer Schwester zu rächen. Die List, die sie sich dazu ausdenken, ist von einer besonderen Hinterhältigkeit. Sie hintergeht zum einen das Wiedergutmachungsangebot des Täters und missbraucht zum anderen das Bundeszeichen zwischen Gott und seinem Volk, die Beschneidung. Es geht den Brüdern also nicht um die Wiederherstellung von Recht, sondern um bloße Rache. Skrupellos nutzen sie die Bringschuld des Täters aus, ohne überhaupt das Ziel des Ausgleichs und der Versöhnung im Blick zu haben. Weil im Zuge der Tatverfolgung nicht das Verbrechen, sondern allein der Verbrecher bekämpft wird, eskaliert die Gewalt schließlich bis zum Gemetzel.
Die grausame Rache der Brüder findet die Missbilligung Jakobs, der dadurch sein Verhältnis zur Bevölkerung des Landes dauerhaft beschädigt sieht. Wie Dina als persönlich Betroffene die Sache gesehen hat, wird im Bibeltext nicht gesagt auch hier dominiert eine männliche Perspektive. Das letzte Urteil über die als Rädelsführer genannten Brüder Simeon und Levi fällt nach den Worten, die Jakob später auf dem Sterbebett für seine Söhne findet, jedoch Gott selbst: Verflucht sei euer wildes Wüten, weil es so roh und grausam ist. Das Urteil über euch hat Gott gesprochen: Ihr dürft nicht mehr zusammenbleiben; ich werde euch in Israel zerstreuen!"
Dina und Sichem