Komm und kommuniziere...........

Unterwegs

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zu Hause, zu Hause, zu Hause!
Danke Trixi für die Anregung. :banane:

"Was für ein Drama", sage ich.
Bei dem Wort lacht die Frau aus Pakistan. In Urdu bedeutet „drama“ so etwas wie herumalbern. Sie lacht gerne, vor allem, wenn ich „Inch Allah“ sage. Dann antwortet sie: „ So Gott will.“

Die Frauen aus Marokko benutzen die Laute „TS – TS“ wenn sie etwas verneinen. Dieses TS – TS unterscheidet sich gewaltig vom deutschen tztz, das einen gewissen Unwillen beinhaltet. Das marokkanische TS – TS wird mit einem Zungenschnalzen ganz langsam gesprochen, was sich in der Schriftsprache nicht wiedergeben lässt. Als ich dieses TS – TS zum ersten Mal hörte, dachte ich, sie riefe nach einem Pferd oder ich hätte etwas Falsches gesagt und sie ist sauer auf mich. Oder hat sie mich mit einem Gaul verglichen und ich sollte beleidigt sein? Aber nein, es war eine ganz sachliche Verneinung. Tsts! Das nächste Mal wusste ich Bescheid.

Und spricht die Frau aus Afghanistan ein „E“, höre ich immer ein „A“, spricht sie von SSaiinab, frage ich nach, ob sie vielleicht Zeneb meint.

Ach was, laden wir doch einfach beide ein.

An Weihnachten machen wir jedes Jahr ein gemeinsames Buffet: marokkanisch, afghanisch, türkisch, armenisch und deutsch. Vor einigen Speisen steht „halal“ oder einfach „gekocht von…“. Wir markieren die Speisen, in denen Schwein enthalten ist.
Ich bin für die Desserts zuständig und bereite sie mit Agar-Agar anstatt mit Gelatine und ohne den Schuss Rum oder Amaretto, den ich sonst noch hinzufüge. Damit jede Frau auch davon essen kann, gleich welche Religion sie hat. Es gibt Lamm, Linsen, Salate aus biologisch – kontrolliertem Anbau (ein deutscher Beitrag, der sehr geschätzt wird), Eier, Kuchen – und Schweinefleisch, eingebacken in Brotteig, noch mehr Salate und Gebäck, afrikanisches Brot, Wein und Säfte.

Ein marokkanischer Junge spielt dieses Jahr den Nikolaus im Weihnachtsspiel seiner Grundschule. Er platzt fast vor Stolz und lädt alle in die Aula ein. Seine Schwester soll einen Engel spielen. Das findet sie aber „voll peinlich“ weil sie viel lieber Fußball spielt oder mit dem Rad fährt. Nur freitags nicht. Da geht sie mit ihrer Familie in die Moschee und trägt einen langen Mantel und ein riesiges Kopftuch. In diesem Moment sieht sie winzig aus, nicht so stolz wie die Fußballspielerin.

An der alten Synagoge in unserer Stadt steht ein Gedenkstein mit der Aufschrift „Der Welt Gewissen ist die Liebe“. Der Spruch stammt von Heinrich Heine und bringt ein siebenjähriges Mädchen aus Afghanistan ins Grübeln. Viel spannender findet sie es allerdings, dass Heine nach Paris mit einer Pferdekutsche fuhr – das würde sie auch mal gerne tun. Wir unterhalten uns über das Leben in einer Zeit ohne Fernseher und Telefon, ohne Autos und Flugzeuge. Für das Mädchen aus Afghanistan steht fest, dass sie mal Ärztin wird.
Ihre Nachbarin war Kinderärztin in Afghanistan und musste vor den Taliban nach Indien flüchten. Dort hat sie für die WHO gearbeitet. Hier in Deutschland werden ihr Titel und ihre Erfahrung nicht anerkannt und sie lebt von Hartz IV. Sie und ihr Mann kennen sich beide politisch ausgesprochen gut aus.
Wir sind Nachbarn – oder besser – wir waren Nachbarn, jetzt gehe ich zweimal die Woche in mein altes Viertel – zum Kommunizieren.

Und dennoch: es ist nur ein ganz winzig kleiner Teil eines Ganzen, ein Organismus, der lebt und gleichzeitig sind alle selbständig. Kenne ich die anderen? Nein, ich kenne sie nicht - aber auf einer Ebene fühle ich, spüre ich sie. Überall, immer wieder.
 
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Danke Trixi für die Anregung. :banane:

Wir sind Nachbarn – oder besser – wir waren Nachbarn, jetzt gehe ich zweimal die Woche in mein altes Viertel – zum Kommunizieren.

Und dennoch: es ist nur ein ganz winzig kleiner Teil eines Ganzen, ein Organismus, der lebt und gleichzeitig sind alle selbständig. Kenne ich die anderen? Nein, ich kenne sie nicht - aber auf einer Ebene fühle ich, spüre ich sie. Überall, immer wieder.

Hallo Unterwegs!

Ein sehr schöner Beitrag den ich gerne, überal und möglichst offt lesen wollen würde. Das ist Integration. Wen alle ersteinmal begreifen würden das der andere die selben Sorgen, Schmerzen, und Freuden hatt wie wir.
Man muss Ihnen nur zuhören, dan erkennt mann das uns in den Mentalen Bedürfnissen nichts unterschedet.


L.G. Maud
 
Huuuuhuuu Unterwegs

Du könntest noch ein paar Alien einladen.
Ich backe Tofu-Frikadellen und werde euch besuchen kommen. :banane:

Alles :liebe1:
_________
Ma
 
Sollte ich im Kreise nicht der einzige Mann sein, dann käme ich auch gerne hinzu, ich bin bei der Zubereitug von Speisen gelegentlich sehr geschickt. Was ich koche, das hat meist noch nie jemand so gegessen und es wird meist wohl auch nie mehr jemand so essen, aber es schmeckt eigentlich oft aussergewöhnlich gut. Wenn ich es so recht bedenke, dann koche ich immer gemeinsam mit einer indischen Frau, einem türkischen Mann, einer deutschen Oma, einem amerikanischen Tennager und einer Chinesischen Haushaltsvorsteherin, der "Taitai". aah, ein dicker Belgier ist auch gelegentlich dabei. aah und Einstein guckt auch gelegentlich in die Töpfe, der ist für die relative Konsistenz der Speisen zuständig.

:winken1:
 
Wenn du dich mit ein paar deutschen Männern zufrieden gibst, bist du dabei, Matrixius. Wir haben Zwangspensionierte und Ehrenamtliche, Hartz IV Empfänger.............. alle total verschieden, oh! einen armenischen Zimmermann, bekommt auch Hartz IV. :nudelwalk So viele Resourcen, unerkannt, ungewollt, ungenutzt und doch eine Gemeinschaft.
 
Ein armenischer Zimmermann, ja guck an. Das erstaunt mich jetzt aber sehr.
oh, komme ich vom Thema ab? Komm und kommuniziere- nein, wohl eher nicht. Das ist ein weiter Feld. Aber wenn man unterwegs ist braucht man eben Weite. Und gutes Essen. (die Brunnen haben sie uns zugemauert, das ist natürlich schade, die Wasserflasche ist doch sehr schwer, finde ich)

:liebe1:
 
Wenn du dich mit ein paar deutschen Männern zufrieden gibst, bist du dabei, Matrixius. Wir haben Zwangspensionierte und Ehrenamtliche, Hartz IV Empfänger.............. alle total verschieden, oh! einen armenischen Zimmermann, bekommt auch Hartz IV. :nudelwalk So viele Resourcen, unerkannt, ungewollt, ungenutzt und doch eine Gemeinschaft.

Keine Außerirdischen Brüder und Schwestern dabei?

O.K. ich kann auch welche mitbringen.


:winken5:
 
Her mit den Aliens, Matrixx, solange sie nicht missionieren.
Der Zimmermann ist natürlich Christ und heißt wie sein Vater. Ist ja auch schon vor über 2000 Jahren so gewesen, da hieß der Vater genauso, war aber Jude.
Seine Söhne heißen wie Engel und bekommen Nachhilfe in Französisch und Mathematik. Deshalb unterstützt der Zimmermann tatkräftig andere Menschen beim Renovieren - damit tauscht er seine Dienstleistung gegen Nachhilfe.

Aber mir ist da was ganz anderes eingefallen, da wir gerade vom kom-munizieren reden und der Mäuserich sich wundert, wie Frauen kommunizieren. Gestern habe ich übrigens geübt, eine Feldmaus zu sein. Ging gut.

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Ich erinnere mich an eine Frau, die so 1968 Schlagzeilen machte. Diese Frau hat ihre Lebensaufgabe darin gefunden, Nazis aufzuspüren, die sich verstecken, verziehen, verstocken, verhärtet waren sie ja immer schon.
Ihr ist es zu verdanken, dass der Schlächter von Lyon identifiziert wurde, unter anderem.
Zusammen mit ihrem Mann hat sie sich ein Lebenswerk aufgebaut. Ihren Schwiegervater hat sie nie kennen gelernt, der ist in Auschwitz ermordet worden.

Da sollten dieser Frau doch Orden verliehen werden, Straßen nach ihr benannt werden und in renommierten Talkshows sollte sie ein gern gesehener Gast sein. Oder besser eine Gästin.

Aber 1968 hat sie was ganz Unerhörtes, Unerlaubtes, Ungehöriges, Unakzeptables, Unverzeihliches getan: Sie hat kommuniziert wie eine Eins: direkt, knallhart, ins Gesicht, gegeben.
Nicht wie die Zwei: aufnehmend, indirekt, verhalten, zögerlich.

Damals sagte die Politelite, sie wäre eine unbefriedigte junde Frau, aber ganz hübsch.
Ihre Mutter schob die Schuld auf den Schwiegersohn, der nicht mutig genug gewesen wäre, die Sache selber in die Hand zu nehmen. In die männliche.

Es geht um Beate Klarsfeld. Das ist die, die dem damaligen Bundeskanzler in aller Öffentlichkeit eine geklebt hat und ihn als Nazi beschimpft hat.
Das war der Kiesinger, Georg mit Vornamen, wenn mich mein Erinnerungsvermögen nicht täuscht. Jedenfalls nicht Henry, das ist der von der anderen Seite.

Ich erinnere mich, dass die älteren Generationen meiner Familie empört waren ohne genau sagen zu können, warum eigentlich.

Eine Frau kommuniziert nicht direkt, das ist systemisch, kulturell, historisch, empirisch, individuell, da haben kluge Menschen Abhandlung verfasst. Die Art und Weise der Kommunikation aber richtet sich nach Bildung und Ausdruckskraft. Steht Merkur im Widder oder in der Waage? Wagt der Widder oder widdert die Waage?

Auch in den 68'ern war es unerhört, dass eine Frau einen Mann zum Duell fordert - ganz direkt mit einer Ohrfeige. Ein altmodischer Ehrenkodex, der direkten Kommunikation, denen vorbehalten, denen es erlaubt ist.

Deshalb ist Beate Klarsfeld eben die mit der Ohrfeige und nicht die, die den braunen Sumpf trockenlegt.
 
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