Artikel geben überhaupt kein Bild zum Thema. Um überhaupt ein grobes Bild zum Thema zu bekommen müsste man die Reports des IPCC gelesen haben, und das sind tausende Seiten - und nicht nur die runtergekochte Zusammenfassung für Politiker. Die meisten Leute, die in Zeitungen zum Thema Klimawandel veröffentlichen, haben selbst keinerlei Ahnung über den Stand der Forschung und haben überdies eigene Motive, entweder in die eine oder in die andere Richtung zu schreiben.
Du liest also die IPCC-Berichte und kennst Dich so gut mit all dem aus, das Du sie auch prüfen kannst?
59% sagen also: es ist überwiegend der Mensch. Und 25% sagen, es ist zumindest zur Hälfte der Mensch. "Die Hälfte" ist für mich noch sehr signifikant, v.a. in Anbetracht der Tatsache, dass viele bekannte oder postulierte Klimaeffekte durch positive Rückkoppelung natürlicher Phänomene entstehen und ohnehin jeder Klimaeffekt in der einen oder anderen Weise von der Sonne als unserem Hauptwärmespender abhängig ist. Ergibt also 84%. Das ist kein starker Konsens? Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Unternehmen wie Exxon jährlich Millionen Dollar Wissenschaftlern zukommen lässt, um klimaskeptische Thesen zu vertreten?
84% ist kein Konsens. Es dürften tausende Wissenschaftler sein, die das anders sehen. Das Lobby-Problem wird sicherlich stimmen, aber es trifft umgekehrt ja auch zu. Abgesehen vom Emissionsrechte-Handel und vielen Wirtschaftszweigen die direkt oder indirekt profitieren, geht es ja auch um Milliarden von Forschungsgeldern. Starke Interessen sind auf beiden Seiten vorhanden, und die Forschung scheint insgesamt sehr stark von politischen und wirtschaftlichen Interessen in beide Richtung bestimmt zu werden.
Für mich gibt es da einen sehr wesentlichen Punkt: Ich habe noch nie von einem Beweis gelesen, dass der Klimawandel so stark CO2-abhängig ist und so stark menschengemacht ist, wie oft postuliert wird.
Nein? William Happer? Fred Singer? Harold Lewis? Khabibullo Abdusamatov? Und dann natürlich noch die hunderten Blogschreiber. Es gibt sogar genug Leute, die behaupten, Globale Erwärmung existiere nicht, sondern dass im Gegenteil das Klima abkühlt.
Ja... natürlich gibt es auch Leute die das komplett abstreiten. Aber die in der Broschüre genannten "Klimaskeptiker" gehören ja anscheinend nicht dazu.
Ach wirklich? Welche "Tricksereien" vom IPCC (nicht IPPC, nur so nebenbei) wären das im Genauen? Und waren es Tricksereien oder behaupten Klimaskeptikern auf ihren Blogs, dass es Tricksereien gewesen seien?
Schwer zu sagen. Hab mich mit dem Thema bisher nie wirklich tief befasst. Aber ich kann mich an einige Artikel erinnern, die einen echt miesen Eindruck hinterließen. Beispiel:
Es geht dabei etwa um Versuche, Daten zu "beschönigen" oder zu "verbessern", in einer Mail als "Trick" bezeichnet. In einer anderen Mail heißt es, man könne die Erwärmung leider nicht beweisen. Phil Jones schrieb, er würde die vom Institut gesammelten Klimadaten lieber vernichten, als sie über ein Gesuch nach dem Informationsfreiheitsgesetz an Klimaskeptiker herausgeben. Und er forderte seinen Kollegen, den US-Klimaforscher Michael Mann, auf, Emails zu löschen. Dieser wiederum gibt Kollegen zu bedenken, ob man nicht eine Wissenschaftszeitung boykottieren solle, weil dort Artikel von Klimaskeptikern veröffentlicht würden, die ansonsten vom Peer-Review-Prozess abgelehnt wurden. Und dazu kommt eine weitere Intention:
"I can't see either of these papers being in the next IPCC report. Kevin and I will keep them out somehow - even if we have to redefine what the peer-review literature is!
http://www.heise.de/tp/artikel/31/31614/1.html
Oder hier:
Die Gletscher des Himalaja sind bis 2035 höchstwahrscheinlich geschmolzen: Mit dieser drastischen Falschprognose blamierte sich der Uno-Weltklimarat. Jetzt berichtet die "Times", der Chef des Gremiums habe früh von dem Fehler gewusst - und geschwiegen. Der Wissenschaftler bestreitet das.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/...f-soll-panne-verschwiegen-haben-a-675075.html
Oder Zensur-Versuche:
Gute Beziehungen zu Fachblättern hatte das "Hockey-Team", wie sich die Gruppe um Mann und Jones mitunter nannte, zweifellos. Untereinander sprachen sich die Kollegen bei der Begutachtung ab: "Habe zwei Studien abgelehnt von Leuten, die sagen, CRU läge falsch mit Sibirien", schrieb CRU-Chef Jones im März 2004 an Mann. Dabei ging es offenbar um Baumdaten aus Sibirien, eine Grundlage der Klimakurven. Später sollte sich herausstellen, dass Jones' CRU-Gruppe die Sibirien-Daten wohl tatsächlich falsch gedeutet hatte. Die Autoren der von Jones abgelehnten Studie vom März 2004 lagen demnach richtig.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/forscherskandal-heisser-krieg-ums-klima-a-688175-6.html
Und vor wenigen Monaten gab es einen Bericht von Extra, der wirklich interessant ist ( 7.30 Minuten) und bei dem es ebenfalls um Zensur geht und die vermeintliche "Unabhängigkeit" des IPCC:
Oder bedenkliche Anzeichen, wie wissenschaftlich oder unwissenschaftlich die Quellen sind, die der IPCC auch mal verwendet:
Peinlichkeiten und Patzer
(...)
Der nächste IPCC-Patzer beinhaltet die Warnung, dass bis 2020 in einigen afrikanischen Ländern die landwirtschaftlichen Erträge um bis zu 50 Prozent sinken könnten, was aber offenbar nur für die nordafrikanischen Länder Algerien, Marokko und Tunesien zutrifft. Dennoch war die Prognose in der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger enthalten, welche die Kernaussagen des insgesamt viele Tausend Seiten starken IPCC-Berichts enthält. Sie geht auf einen Bericht des marokkanischen Klimaexperten Ali Agoumi zurück, der aber nicht wissenschaftlich begutachtet wurde. Der deutsche Klimaforscher Hans von Storch spricht von Schlamperei:
Die Tatsache, dass hier als Wissenschaft verkauft wurde, was niemals als Wissenschaft produziert wurde, ist der eigentliche Skandal.
(...)
Eine weitere Ungereimtheit betrifft den Amazonas-Regenwald. Bis zu 40 Prozent seiner Fläche, heißt es beim IPCC, könnten drastisch auf eine Verminderung der Niederschläge reagieren. Dann verschwinde der Wald, an seiner Stelle entstehe eine Savanne.
Quelle ist eine Arbeit des freien Journalisten Andy Rowell, der für den WWF arbeitet. Der Blogger Richard North vom Eureferendum Blog entdeckte, dass diese Aussage durch keine eigene Studie gedeckt ist.
(...)
http://www.focus.de/wissen/weltraum...del-peinlichkeiten-und-patzer_aid_484226.html
Aus thematischer Sicht sind das vermutlich Kleinigkeiten und inwiefern Vorhersagen über Gletscherschmelzen, Amazonas-Regenwälder usw. eintreffen, werden wir dann vielleicht erst in hunderten von Jahren sehen. Aber es kommt zuviel heraus das mir nicht wissenschaftlich-seriös erscheint.
Klimaskeptiker ist, wer sagt, dass der Einfluss des Menschen vernachlässigbar ist, i.e. dass der menschliche Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen kein signifikanter Faktor bei der Erwärmung ist.
Und diese Meinung vertritt praktisch kein seriöser Wissenschaftler im Feld der Klimaforschung. In dem Artikel, den du zitierst steht ja sogar, dass viele Wissenschaftler sich nicht auf eine Pauschalaussage festlegen wollen, weil die genauen Mechanismen noch großteils unbekannt sind (insb. div. Rückkopplungseffekte, z.B. durch Veränderungen der Eigenschaften des Meers), was ich für gut vertretbar halte. Viele Wissenschaftler lassen sich aber zu der Aussage hinreißen, der Mensch trage signifikant zur Erderwärmung bei. Leute, die einen signifikanten Beitrag des Menschen aber explizit verneinen, dabei aber seriöse und fundierte Forschung zum Thema betreiben sind extrem rar gesät. Wenn man dann "seriös" so auslegt, dass sie möglichst nicht von von Exxon finanzierten Think Tanks finanziert sein sollten, wird diese Zahl ganz konkret gegen die Null gehen, ganz einfach, weil selbst die vergleichsweise intransparente Faktenlage zur Zeit eine solche Aussage einfach nicht zulässt.
Das Problem das ich da sehe ist eine große Unübersichtlichkeit und das es mir persönlich momentan nicht angebracht erscheint irgendeiner Gruppe wirklich zu glauben. Die Vorhersagen waren zu oft falsch, zu vieles ist unklar, als das ich der Panikmache glaube. Und wie gesagt: Auch dahinter stehen ja mächtige Interessengruppen, genau wie bei den Skeptikern. Es dürfte schwer möglich sein abzuschätzen, welche Wissenschaftler sowohl kompetent als auch wirklich unabhängig sind und sich v.a. der Wissenschaft selbst verpflichtet fühlen, also persönlich auch fähig wären, alte Erkenntnisse zu revidieren wenn sie sich als nicht mehr haltbar herausstellen, ohne das zu beschönigen (egal welche Fraktion).
Mein Eindruck ist, dass Wissenschaftler wie alle anderen Menschen zum Dogmatismus neigen und irgendwann an einer Art Ideologie festhalten, kein Interesse mehr daran haben hinterfragt zu werden. Ein vermeintlicher oder tatsächlicher Konsens ist auch deshalb für mich nicht der wirklich relevante Punkt, weil das einfach kein Beweis ist. Es gab auch mal einen Konsens, die Erde sei eine Scheibe. Viele neue Erkenntnisse hatten es oft zuerst mal schwer sich durchzusetzen. Da ich kein Wissenschaftler bin beobachte ich v.a. die Art dieser Debatte. Und auch wenn ich sicher bin, dass es viele sehr aufrichtige und rein wissenschaftlich-agierende Forscher gibt, scheinen v.a. Ideologen den medialen Diskurs zu beherrschen.
Auf Platz 2 sind die genauen Mechanismen.
Ja... aber wenn diese Mechanismen zu den größten wissenschaftlichen Rätseln gehören kollidiert das mit den oft sehr eindeutigen Vorhersagen und auch den vermeintlich-gesicherten Erkenntnissen des Klimas der Vergangenheit. Seit vielen Jahren müssen Vorhersagen beständig korrigiert werden. Aktuelles Beispiel:
Klimaforscher korrigieren ihre Prognosen
Studien zeigen: Obwohl der CO2-Anteil in der Atmosphäre steigt, heizt sich die Erde weniger auf als befürchtet. Doch damit sind die Klimaprobleme nicht gelöst. Es kommt nur anders als gedacht.
http://www.wiwo.de/technologie/umwe...scher-korrigieren-ihre-prognosen/8055512.html
Das erinnert mich zu sehr an wirtschaftliche Prognosen... Euro-Debatte, Börsen-Gurus mit ihren Chart-Techniken etc. Komplexe Dynamiken sollen vorhergesagt werden und es wird so getan als sei das wissenschaftlich vollkommen untermauert und die Vorhersagen werden mit einem großen Maß an Selbstvertrauen, um nicht zu sagen Arroganz, vorgetragen. Und dann beweist die Realität das es offenbar zu viele unbekannte Faktoren gibt, die die Wissenschaft nicht auf dem Schirm hatte, die aber offensichtlich sehr signifikant sind.
Und das geht ja schon lange so... Prognosen werde erstellt, dann werde sie revidiert und ein "aber trotzdem" drangehängt.