Klassische Astrologie

Hallo Jonas, Shimon, Jogi und die anderen,

da ich in über 25 Jahren "moderner" Astrologie sehr viele Bücher gelesen habe, bin ich der Meinung, dass auch die moderne Astrologie viele unterschiedliche Richtungen hat und dass man sich für eine entscheiden muss. Danach muss man damit leben, dass es viele Astrologen gibt, die die eigene Richtung als "falsch" ansehen oder etwas anderes anwenden und es keine gemeinsame Grundlage für Diskussionen gibt. Zum Beispiel habe ich mich nach langen Jahren einmal sehr gefreut, endlich eine Astrologin direkt in meiner Nachbarschaft gefunden zu haben (verrückterweise habe ich sie über's Internet gefunden). Aber dann hat sich herausgestellt, dass sie nach der Münchner Rhythmenlehre/Döbereiner arbeitet und wir deshalb überhaupt nicht diskutieren oder gemeinsam arbeiten konnten.

Deshalb meine ich jetzt auch, dass sich ein klassisch orientierter Astrologe so in etwa auf eine Technik festlegen muss. Eine, mit der er halt gut arbeiten kann und die gute Ergebnisse bringt. Schade ist, dass sich dann immer im Forum einige darüber aufregen werden, dass man es "so" und nicht "anders" macht. Dabei wäre es doch möglich, die eigene Vorgehensweise wenigstens teilweise vorzustellen und so den anderen einen Geschmack davon zu geben, was klassische Astrologie so sein kann. Dass wir in einem Forum nur immer kleine Teile der Technik diskutieren können, ist ja klar. Und dass jeder zu Hause seine Bücher studiert haben und weiterhin studieren muss, ist auch klar.

Ich finde es ein bisschen traurig, dass der einzige klassische Autor, Frawley, der viel in deutsch herausgebracht hat, so abgelehnt wird. Kaum erwähnt man seinen Namen, rasseln in den Foren schon "die Schwerter" und die Kritiker bringen sich in Stellung.:D Wahrscheinlich hat Frawley daran schon auch selbst schuld, er hätte ja nicht dermaßen wüst und extrem die moderne Astrologie angreifen müssen in seinen Büchern. Ich aber habe darüber einfach hinweggelesen und finde den Rest, den er geschrieben hat, toll und dass man das im Alltag gut anwenden kann. Ich meine hier Stundenastrologie.

Mich persönlich würde es am meisten interessieren, hier mal durch zu diskutieren, wie genau die Rezeptionen nach Frawley (als das "Mögen" und das "Ablehnen" der Planeten/Signifikatoren untereinander) funktionieren und wie dieselben Rezeptionen nach den anderen klassischen Autoren angewendet und gedeutet werden. Denn ich habe auch schon in meinen Stundenhoroskopen die Erfahrung gemacht, dass das Lieben und Hassen nach Frawley wirklich nicht immer stimmt. Da es dann aber zwischendrin manchmal sehr gut stimmt und funktioniert, bin ich diesbezüglich noch sehr unschlüssig und weiß nicht, ob ich das für die Zukunft so beibehalten möchte, wie es Frawley lehrt.

Wenn du, Jonas, nichts dagegen hast, würde ich hier gerne als Beispiel ein Stundenhoroskop einstellen, wo die Rezeptionen, nach Frawley gedeutet werden. Und dann würde ich schrecklich gerne Jogi fragen, wie er dasselbe Stundenhoroskop nach anderen/besseren klassichen Rezeptionsregeln ansieht. (Weil ich momentan nur Jogi kenne, als einzigen, der die klassischen Rezeptionsregeln beherrscht).

Wir würden dazu mehrere Stundenhoroskope benötigen. Als erstes stelle ich eines ein, wo mein Sohn gefragt hat, ob ihn die Grafikschule nehmen würde. Hier ist der Asz.-Herr Merkur (der Fragesteller), die Schule, eine höhere, weiterführende Schule ist in 9, also die Venus. Venus und Merkur gehen in bälde ein Sextil miteinander ein. Somit würde man mutmaßen können, dass die Schule den Jungen als Schüler annimmt. Aber die Klassiker sagen, dass ein Aspekt nur eine "Gelegenheit" anzeigt zum Handeln. Die MOTIVATION aber zum Handeln würde durch die Rezeptionen angezeigt. Die KRAFT zu Handeln wiederum sieht man an der Würde des einzelnen Planeten.

Hier hat die Venus Würde, weil sie in ihrem Domizil steht.
Merkur hat Würde, weil er im Term und im Gesicht von Merkur steht.
Die Gelegenheit ist also da, weil der zulaufende Aspekt vorhanden ist.
Die Kraft wäre da, weil jeder Signifikator in eigener Würde steht.

Beide, Venus und Merkur, stehen aber in keiner einzigen Würde des anderen. Also Venus steht in keiner Würde Merkurs und Merkur steht in keiner Würde von Venus. Daher besteht keine Motivation bei den Signifikatoren, sich aufeinander zuzubewegen. Und hier handelt es sich um eine fehlende Rezeption zwischen den beiden. Jedenfalls nach Frawley.

Nach einem anderen klassischen Astrologen, dessen Namen ich momentan nicht finde, wäre es aber eine Rezeption. Nämlich weil die Venus in ihrem Domizil, ihrem eigenen Zeichen, steht und zu Merkur in einem zulaufenden Aspekt steht. Oder, Jogi?

Der Mond als Nebensignifikator des Fragenden steht wohl in einer Rezeption zu Venus. Er, Mond, steht in der Triplizität von Venus und Venus steht in der Erhöhung von Mond. Da der Mond aber nur Nebensignifikator des Fragestellers ist und außerdem keine Kraft hat, weil er in seinem eigenen Exil steht, hat dies keine Zusammenführung bewirkt.

Herausgekommen ist, dass der junge Mann sich bei der Schule gar nicht erst zur Aufnahme beworben hat. Das könnte man evtl. daran sehen, dass Merkur und Mond sich einer Oppositon annäheren. Daher war der Junge sich in sich selbst nicht einig, was er tun soll. Außerdem ist der Aszendent sehr nahe an 27 Grad des Zeichens, daher ist es evtl. schon "zu spät".

Die Mondaspekte, die noch kommen, sind die Opposition zu Merkur und ein Trigon zur Venus. Der letzte Mondaspekt könnte Hoffnung auf Aufnahme zur Schule machen. Aber die Opposition, die zuvor kam, hat das wohl vereitelt. Und vor allem die fehlende Rezeption zwischen Merkur und Venus.
 

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shalom chanda.

dass frawley die "moderne" sog. psychologische astrologie wüst angreift, liegt meines erachtens daran, dass die "moderne" astrologen die ganze klassik (von alterum bis w. lilly!) ignoriert und abgelehnt haben.

als ich in den 80er jahren mich mit astrologie bescheftigen begann, war in deutschland (in deutsch) kein buch erhältlich, das mit dr klassisk beschäftigt hätte. als ich meine ausbildung in den 90er jahren begann, war die klassik noch immer verpönt, weil "die klassiker" konkrete aussagen gemacht haben und der einzige, von dav geduldete stundenastrologe van slooten war. ich habe noch so gelernt, dass sowohl stundenastrologie , wie auch die klassiche "teufelswwerk" sind... ich musste immer darüber lachen ... und meinen eigenen weg gehen. (bin ich auch kein mitglied der dav, obwohl das ein wenig gebessert hat.)

inzwischen gibt es auch eine übersetzung von william lilly auf deutsch -- auch wenn es einige übersetzungsfehler enthält. wenn mann seine bücher ducharbeitet, kann man ganz gut mit stundenastrologie umgehen
ich finde auch, dass frawley einige "Wirrtümer" der "psychologische" astrologie angeht und das mit recht. ich spreche hier die bedeutung der häser in klassischen und psychologischen astrologie an, und finde die frawley - sche anwendung der häser wesentlich brauchbarer. ich finde auch, dass man in der häuserlehre nicht sagen kann: 1. haus = widder = mars, das haut so nicht hin...

wir sollten uns wirklich über diverse klassiche methoden austauschen, das äre auch meine interesse...

danke, dass du dich zur wort gemeldet hast.

shimon a.
 
Hallo Shimon,

ich bin auch nie zum DAV gegangen, aus denselben Gründen. :)
Nachträglich bin ich froh darüber.

Ich habe 1982 mit der Astrologie angefangen. Und gleich 85 kam das Buch "Stundenastrologie" von Hamaker-Zondag raus. Nach dem habe ich dann ewig lange Stundenastrologie gemacht. Und von ihr hatte ich überhaupt die Information, dass es Rezeptionen gibt. Wenn sie auch nur über die Domizile von Rezeptionen gesprochen hat.
 
Hallo Chanda und Shimon,

habe gerade nicht viel Zeit deshalb nur kurz soviel:

- dass Rezeptionen die Motivation zum Handeln anzeigen sollen, kann ich so auch nicht unterschreiben. Ob ein Planet handeln KANN oder nicht, wird in der Regel durch die Hausstellung angezeigt.

- bei diesem Horoskop fällt mir sofort der Südknoten im 1. Haus ins Auge, was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass die Chance einer Verwirklichung kaum gegeben ist.

- nach Bonatti kommt eine Sache bei einem Sextil-Aspekt ohne Rezeption nur mit Anstrengung und Mühe zustande. Es strengt sich aber in der Regel nur jemand an, wenn es ihm gut geht und er auch die Kraft dazu hat. ME steht zwar nicht allzu schlecht aber der MO im Exil und der rückläufige SMK in Haus 1 sprechen eher dagegen.

- Haus 4 zeigt das Ende der Angelegenheit: Als Herren sind da JU rückläufig und SA in Konjunktion mit MA in 11.
Dazu gehört auch der MO in 4 im Exil in hier würde ich sogar Pluto beachten, weil er ganz knapp in Konj. mit dem DC steht - also Wandlung, Veränderung (PL ist auch rückläufig).

- allein die Würde der Triplizität reicht nicht für eine Rezeption: von den kleineren Würden müssen mind. 2 vorhanden sein - also Tripl. und Grenze oder Grenze und Gesicht usw.

- auch die Opposition des MO mit ME, bevor dieser auf VE trifft, kann ein Hinweis auf den Abbruch der Sache sein: möglich wäre er fühlt sich zu schwach und der Aufgabe nicht gewachsen, hat Angst, kommt in einen inneren Konflikt zwischen Kopf und Bauch usw.

LG
Jogi

P.S.: allerdings dachte ich, in dem Thread soll es mehr um Geburtsastrologie gehen?
 
Zitat Jogi: P.S.: allerdings dachte ich, in dem Thread soll es mehr um Geburtsastrologie gehen?

Vielen Dank, Jogi, für deine Tipps! Mein Sohn, der die obige stundenastrologische Frage gestellt hatte, ist tatsächlich in der Zeit in eine große psychische Krise hineingeraten. Er hatte nicht die Kraft und den Mut und den Glauben an sich selbst, um sich an der Grafikschule zu bewerben. Darüber hinaus habe ich undeutlich in Erinnerung, dass diese Schule auch einen höheren Schulabschluss als Vorbedingung hatte. Wie es Pluto an der Achse nahegelegt hatte, hatte mein Sohn eine langanhaltende, schmerzhafte Wandlung/Krise durchzustehen, die nach vier Jahren noch immer nicht abgeschlossen ist. Wie die Position des Asz.-Herrn Merkur im 10. Haus zeigt, ist der Hintergrund dieser Frage die Suche nach seinem beruflichen Platz im Leben gewesen.


Ob es hier weiterhin um Geburtsastrologie geht, hängt von Jonas ab.
Und da wir eh keine Chance haben, etwas Umfassendes aus der klassischen Astrologie zu bringen, könnte ich mir sogar vorstellen, aus beiden Bereichen Beiträge zu sammeln. Wahrscheinlich hat der Faden nur dann eine reelle Chance, eine Weile weiter gesponnen zu werden. Es gibt ja, wie schon erwähnt, nicht viele klassische Astrologen, die mitschreiben würden.

Worüber ich schon öfter nachgedacht habe, wäre ein Faden über die Primärmotivation aus der Geburtsastrologie. Die Primärmotivation (für die, die davon noch nichts gehört haben) ergibt sich aus dem Aszendenten in einem Radix. Nicht nur der Herrscher des Aszendentenzeichens wird hier berücksichtigt, sondern auch Triplizitätsherrscher usw. Diese Planeten entscheiden durch ihre Würden und Hausstellung sowie die Aspekte, ob und wie jemand sein Hauptanliegen im Leben in der Lage ist zu verwirklichen.
 
Worüber ich schon öfter nachgedacht habe, wäre ein Faden über die Primärmotivation aus der Geburtsastrologie. Die Primärmotivation (für die, die davon noch nichts gehört haben) ergibt sich aus dem Aszendenten in einem Radix. Nicht nur der Herrscher des Aszendentenzeichens wird hier berücksichtigt, sondern auch Triplizitätsherrscher usw. Diese Planeten entscheiden durch ihre Würden und Hausstellung sowie die Aspekte, ob und wie jemand sein Hauptanliegen im Leben in der Lage ist zu verwirklichen.

Hallo Chanda :),

das find ich interessant. :)
Allerdings frag ich mich, ob ich es wirklich wissen will, wenn dabei rauskommen sollte, dass ich nicht in der Lage bin mein Hauptanliegen im Leben zu verwirklichen. Oder verwirkliche ich dann halt ein anderes Anliegen in meinem HK ? :confused:
Immerhin befindet sich mein AC-Herrscher Saturn in seinem Exilzeichen und ist zudem rückläufig, scheint mir unter klassischem Gesichtspunkt ja nicht grad besonders vorteilhaft. Ich hab wenig Ahnung von klassischer Astrologie, die Würden klar, die gehören ja auch zur modernen Astrologie, ansonsten kenn/hab ich halt das Buch über Stundenastrologie von Mona Riegger. Stundenastrologisch hab ich auch kein Problem mit dieser "Übeltäter"- oder "gut und schlecht"-Einteilung aber in bezug auf die Geburtsastrologie hmmm...

LG
Stern
 
Liebe Sternja,

wenn du mir deine Daten sagst, dann kann ich sehen, welche Planeten über deinen Aszendenten herrschen. Falls du das Programm Astroplus hast, kannst du auch unter "Tabellen" - "Klassische Würden" - "Azendent" selber nachsehen. Ansonsten steht die Würdentabelle in Frawley's Buch "Die wahre Stundenastrologie" oder im Buch von Lilly "Christliche Astrologie". Es ist hier wichtig zu sehen, dass es nicht nur um den Planeten geht, der als Domizilherrscher über das Aszendenten-Zeichen herrscht (als z.B. Jupiter über Fische, also die "alten" Planetenherrscher), sondern man muss anhand des genauen Grades des Aszendenten herausfinden, welcher Triplizitätenherrscher und Terminusherrscher (heißt manchmal auch Dekanatsherrscher) und Gesichtsherrscher (heißt auch Grenzenherrscher) über den bestimmten Grad im bestimmten Zeichen herrscht. Es gab im August 2009 schon einmal einen klassischen Faden hier im Forum, wo Markus Rühl auch einen link gegeben hat, wo man im Internet die essentiellen Würden (in englisch) nachsehen kann:
https://www.esoterikforum.at/threads/116729
In diesem Faden geht es um den Geburtsherrscher nach klassischer Manier. Das ist was anderes als Primärmotivation, aber man braucht auch hierfür eine Tabelle der essentiellen und akzidentellen Würden.

Hier noch ein weiterer link, wo man einiges über die klassischen Würden nachlesen kann: http://wiki.astro.com/astrowiki/de/Würde

Was dich angeht: Ich würde das grundsätzlich nicht so finster sehen. Bei mir ist es z.B. so, dass der Domizil-Herrscher meines Aszendenten, Merkur (Jungfrau-Asz.), peregrin steht. Das heißt, mein Merkur steht auf 19 Grad Steinbock in keiner einzigen Würde seines Zeichens. Also kann Merkur meine Prim.-Motivation nicht verwirklichen, er hat die Kraft nicht dazu. Aber ich kann meine anderen Aszendenten-Herrscher auch einsetzen. Das sind bei mir noch Mond und Mars. Mein Aszendent (26 Grad Jungfrau) steht in der Triplizität von Mond und im Terminus von Mars. Diese beiden stehen in meinem Horoskop in besseren Würden als der Merkur und können mir somit helfen bei der Verwirklichung.

Außerdem sehe ich die ganze Sache auch sehr spirituell: Wenn es mir in diesem Leben nicht gelingt, auf der sichtbaren/materiellen Ebene besonders erfolgreich zu sein, dann habe ich immer noch die nicht zu unterschätzende Möglichkeit, durch Meditation und Kontemplation, durch Selbstbeobachtung und Gebet herauszufinden, was ich in dieser Lebenssituation lernen kann. In den inneren Welten gibt es keine Glücksbegrenzung!
 
Liebe chanda,

gut. Das mit den spirituellen Möglichkeiten seh ich genauso. :)

Mein AC steht auf 1°29 Steinbock.
Saturn auf 16°24 Löwe. Herrscher Sonne, 2. Dekanat = Jupiter, Grenze = Saturn.
Beim AC muss ich nochmal nachschauen.
Danke dir :)

LG
Stern
 
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Hallo Sternja,

der Domizilherrscher über Steinbock ist Saturn.
Dieser steht im Zeichen Löwe in seinem Exil, also genau gegenüber von dem Zeichen, wo er sein Domizil Wassermann hat. Auch wenn Saturn in seiner Grenze steht, hebt das die Schwächung durch das Exil nicht auf.
 
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