Noch etwas zu den Merkmalen der Táltos:
Bei der Geburt werden die Kinder sorgfältig untersucht, ob sie eventuell mit Zähnen oder sechs Fingern an der Hand auf die Welt gekommen sind, denn das wird als Vorzeichen gewertet, daß das Kind einmal ein táltos wird. Allerdings wird es dann auch noch unweigerlich für drei oder mehr Tage von den Ahnen geraubt werden. In der Aussage eines Angeklagten, der 1720 der Kurpfuscherei beschuldigt wurde, heißt es „… nachdem er neun Tage tot gelegen und das Jenseits von ihm Besitz ergriffen hatte, stand er vor Gott, doch Gott schickte ihn zurück, er kehrte wieder, um zu heilen und zu kurieren“. Diesen Zustand der Abwesenheit nannte man elrejtezés (sich verbergen), ebenfalls ein Wort finno-ugrischen Ursprungs, das formale und inhaltliche Entsprechungen bei verschiedenen verwandten sibirischen Völkerschaften hat.
Man glaubte, daß der zum Schamanen Auserwählte während des Schlafs von den übrigen zerstückelt wird, da diese den überzähligen Knochen, das Zeichen der Vorsehung, bei ihm feststellen wollen. Dieses Motiv kommt auch in der ungarischen Version des allbekannten Märchens „Der Zauberer und sein Schüler“ (AaTh 325) vor: Der geraubte Jüngling wird zerstückelt und in der Regel am dritten Tag wieder zusammengelegt, womit er ein höheres Wissen erwirbt.
Handlungen der Táltos:
Unter den Handlungen des Táltos ist vor allem die
Ekstase, im Ungarischen rejtezés (sich verbergen) oder révülés (Verzückung), zu nennen. Die Wurzel beider Worte ist bis in die finno-ugrische Zeit zurückzuverfolgen, wo sie mit der Schamanenzeremonie in Verbindung standen. Der Táltos, der Wissende, kann nämlich nur im Zustand der Ekstase Verbindung zu übernatürlichen Wesen oder dem Geist der Verstorbenen aufnehmen.
Der
Táltos-Zweikampf (táltosviaskodás). Der Táltos muß in Gestalt eines Stiers, eines Hengstes oder eines Feuerrades von Zeit zu Zeit mit den anderen Táltos aus dem Nachbargebiet kämpfen.
Bruchstücke des einstigen
Schamanengesangs läßt der Refrain „haj, {G-720.} regö rejtem“ der ungarischen regös-Gesänge ahnen, der vermutlich soviel wie „mit Zauber verzaubere ich“ oder – um dem Schamanismus näherzubleiben – „mit Verzücken verzücke ich“ bedeutet.
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