Ich habe mir auch vorgenommen, jeden Abend 5 positive Erlebnisse des Tages in ein Buch einzuschreiben, leider schaffe ich meistens grade mal 2,
Warum tust du das? Gerade dann, wenn es dir schlecht geht, suchst du verzweifelt nach positiven Erlebnissen - zu einer Zeit also, wenn es kaum welche gibt. Logischerweise findest du kaum welche und das zieht dich noch stärker runter. Ganz abgesehen davon, dass in der dunklen Nacht der Seele die schlechten Erlebnisse auch dann überwiegen, wenn sie in der Minderheit sind.
davon ist ein absoluter Punkt immer Luna, das kleine Hündchen.
Mein Katerchen spendet mir auch viel Trost, aber im Grunde ist es nicht hilfreich, dem armen Tier so eine Rolle zuzumuten. Erstens setzt du damit das Tier unter Druck und zweitens machst du dein Wohlergehen von dem Tier abhängig: einem Gefährten, so unschuldig wie ein Kind, der voraussichtlich viel früher sterben wird als du. Kurzfristig hilft das, aber langfristig birgt es noch größeres Leid.
Es gibt nur zwei brauchbare Wege aus diesem Zustand (mal abgesehen von einer plötzlichen Besserung der Umstände):
Entweder du lässt dich auf irgendeine Heilslehre ein. Das verspricht schnellen und gründlichen Erfolg, geht aber einher mit der Aufgabe sowohl deiner geistigen Freiheit als auch deines kritischen Verstandes. Wenn du gerne "höheren Zielen" dienst, mit denen du dich identifizieren kannst, könnte das der richtige Weg sein.
Oder du akzeptierst die Dunkelheit und besinnst dich auf etwas, das heutzutage als unfein gilt: deinen Stolz, deine selbstempfundene Würde, die dir sagt: Steh aufrecht und trotze dem Sturm! Wenn du lernst, jeden schlimmen Tag, an dem du durchhältst, als siegreichen Tag zu begreifen, hast du eine gute Chance, das Tief nicht nur unbeschadet, sondern auch mit Gewinn zu überstehen.
Gut, und dann wäre da noch die Psychotherapie. Sie kann dir helfen, wenn du dich einfach nur mal ausgiebig bei einem Menschen aussprechen musst, der dir, weil es sein Job ist, das Gefühl gibt, er interessiere sich für dich. Sie kann dir helfen, wenn du irgendwelche Erlebnisse verdrängt hast und fähig bist, diese als Sündenböcke zu verwenden. Sie kann dir dabei helfen, dich selbst autosuggestiv zu beeinflussen, wenn dir das Leben unerträglich wird. Je mehr du dir jedoch deiner Selbst bewusst bist (und je sturer du bist), desto weniger wird sie dir nutzen können.
Denke daran, dass die meisten Menschen wenigstens insgeheim leiden, unabhängig von ihren Lebensumständen, aber falle nicht der so beliebten wie unappetitlichen Angewohnheit zum Opfer, alle Menschen, die nicht im absoluten materiellen Elend leben, für Simulanten zu halten, die irgendwelche Luxusproblemchen aufbauschen. Diese Angewohnheit ist vernünftiger Geister unwürdig und würde höchstens entweder dazu führen, dass du deinen eigenen Kummer nicht als solchen anerkennst (nach dem Motto: "Anderen geht es schlechter, also muss es mir gut gehen"), oder dazu, dass du um dich selbst einen Opfermythos aufbaust (nach dem Motto: "Niemand außer mir weiß, was Schmerz ist").
Schau nicht auf andere Menschen. Geh in dich, suche nach deinem Lebenswillen, wecke ihn auf und teile ihm mit, dass du in Gefahr bist.
Jedoch, wie manche User es hier ernsthaft vorschlagen, die Flucht anzutreten und jene im Stich zu lassen, die dir seit vielen Jahren nahe stehen und jetzt deine Hilfe brauchen, wäre ehrlos, feige und jämmerlich. Deine Großmutter mag deinen Schmerz nicht verstehen, aber sie hat womöglich in ihrem Leben so manchen Schmerz überstehen müssen (und ist mittlerweile sogar ein Pflegefall), also sieh es ihr nach, wenn sie gegenüber seelischem Kummer hart geworden ist. Vielleicht hat sie ja sogar einen Rat für dich?
Ehrlich gesagt: Wenn ich ein Wrack wäre, das nicht mehr für sich selbst sorgen kann und dem Tod nahe ist, hätte ich wahrscheinlich auch nicht mehr gar so viel Verständnis für den Kummer einer jungen, lebensfähigen Verwandten, besonders wenn diese mir nur dauernd erzählt, wie schlecht es
ihr geht, derweil ich nurmehr Stunden zähle.