Aus dem Buch Die verlorene Art des Betens
Es geht hier um ein Regengebet, welches sich ein Unwissender erklären lies.
Nachdem David den Steinkreis betreten und sämtliche Rituale erledigt hatte, setzte er sich, faltete die Hände, schloss die Augen, verlangsamte den Atem und verharrte völlig regungslos.
Nach einigen Augenblicken nahm er einen tiefen Atemzug, öffnete die Augen und stand auf.
Ich hatte einen Tanz erwartet und war enttäuscht.
War das alles, ich dachte du würdest für Regen beten?
Nein, antwortete er, ich sagte, ich würde Regen beten. Wenn ich für Regen gebetet hätte, könnte mein Gebet nie in Erfüllung gehen.
Wenn wir darum bitten, dass etwas geschehen soll, geben wir den Dingen Macht, an denen es uns mangelt. Gebete der Heilung stärken die Krankheit, Gebete für Regen die Dürre.
Indem wir ständig um das bitten, was wir haben möchten, geben wir ausschließlich den Dingen, die wir ursprünglich ändern wollen, mehr Macht.
Ich sah David an und fragte: Wenn Du nicht für Regen gebetet hast, was hast du dann getan?
Das ist ganz einfach, ich begann zu fühlen, wie sich Regen anfühlt. Ich habe das Gefühl von Regen auf meinem Körper wahrgenommen und wie es sich anfühlt, mit nackten Füssen im Schlamm unseres Dorfplatzes zu stehen, weil es so stark geregnet hat. Ich sog den Geruch von Regen auf den irdenen Hauswänden unseres Dorfes ein und erlebte das Gefühl, durch Felder zu gehen, wo mir der Mais aufgrund des vielen Regens bis zur Brust reichte.
In diesem Fall geht es zwar ums Beten, aber auch hier sowie in der nachfolgenden Geschichte ist nur das Gefühl das eigentliche, was zählt.
Eine alte Geschichte erzählt von einem Sufi, der ein krankes Kind heilte.
Die Eltern eines kranken Kindes baten einen Sufi um Hilfe für ihr krankes Kind.
Als dieser das Kind sah nahm er es in den Arm, wiederholte mehrmals einige Worte, und gab das Kind seinen Eltern mit den Worten zurück:
... Nun wird es gesund werden.
Ein anwesender Nachbar, der gesehen hatte was der Sufi getan hatte warf zweifelnd ein:
"Wie soll das möglich sein, dass irgend jemand durch ein paar wiederholte Worte geheilt werden kann, das glaube ich nicht?
Von einem sanften Sufi erwartet niemand eine zornige Antwort, doch jetzt drehte dieser sich zu dem Mann und entgegnete ihm:
Du verstehst nichts davon. Du bist ein Narr!
Der Mann fühlte sich sehr beleidigt. Sein Gesicht rötete sich, er wurde wütend.
Da sprach der Sufi zu ihm:
Wenn ein Wort die Kraft hat, dich wütend zu machen,
warum sollte dann ein Wort nicht auch die Kraft haben zu heilen?
In diesem Fall ist es der Glaube an den Sufi und seinem Wissen sowie die Dankbarkeit für die Genesung.