Fortsetzung 1)
Etwas völlig anderes ist die Demütigung. Demut ist ein Zustand, wogegen Demütigung einen Akt, eine prozessuelle Handlung darstellt. Und während die echte Demut aus dem Seeleninneren heraus entsteht und damit vom eigenen ICH kontrolliert wird, wird durch den Akt der Demütigung die Seele von außen her zur Unterwerfung gezwungen. Die demütige Seele anerkennt freiwillig ihre Unzulänglichkeit dem All-Geist gegenüber - bei unangetasteter und bestehender Menschenwürde, geistiger Autonomität und Eigenständigkeit. Hingegen wurde die Menschen-Würde der ge-demütigten Seele geschändet, wurde versucht, das ICH seiner geistigen Autonomität und Eigenständigkeit zu berauben. Und so unmöglich es ist, eine Seele zur Demut zu zwingen, weil Demut allein durch das innere Herzens-Erkenntnis-Erlebnis eintreten kann, ebenso unmöglich wird je eine Seele sich bewusst und frei-willig einer Autorität unterwerfen, die genau hiernach trachtet, denn solches Verhalten widerspricht der Geist-Natur des Menschen; hierzu muss, wie gesagt, die Eigenkraft des ICHs und der autonome Wille gebrochen sein. - Man mag hier einwenden, dass doch sogar der CHRISTUS, eine hoch-erhabene Geist-Wesenheit, sich dem Welten-Gott unterworfen und sich dessen Plan und damit dem eigenen Tode frei-willig hingeopfert habe. Dann aber bedenke man, dass diese frei-willige Selbst-Aufgabe eben einer guten, alles Bestehende und Werdende in der Welt zur Vollkommenheit hinführenden Gottheit gegenüber dargebracht wurde - und mithin das Opfer einen Sinn erfüllt hat und es selber wiederum auf ihren Weg nach vorn und nach oben gebracht wurde. -
Welche Geisteshaltung bedingt, sich besonders leicht und schnell gedemütigt fühlen oder wähnen zu können? Eine solche, bei der das ICH darauf hin ausgerichtet ist, nach uneingeschränkter Überlegenheit zu streben; und wer weiß sich bereits in einer solchen Position? Richtig: Der Intellekt. Er ist das vollendete Erkenntnis-Instrument, das "A & O" aller Menschen- und Weltenweisheit. Wehe, wer ihm widerspricht! Und wehe dem, der es nur wagt, ihm Fragen zu stellen, die er nicht zu beantworten vermag - weil...ja, weil sie gar nicht beantwortet werden können, weil sie - schlichtweg - "dumm" sind! -Hier prallen intellektueller Hochmut und die abgrundtiefe unbewusste Furcht vor dem Unbekannten und Unerkannten - weil über-sinnlicher, geistiger Natur - aufeinander. Darum umgibt sich der typische Intellektuelle am liebsten, um nur nicht in Verlegenheit zu geraten, mit einem Publikum, welches seinem Niveau möglichst unterlegen ist - oder dem er dies - ebenso aus seiner dünkelhaften Arroganz heraus - kurzerhand unterstellt. Oder hat man, beispielsweise, jemals öffentliche(!) Diskussionen und Diskurse zwischen klassischen, intellektual-materialistischen und authentisch anthroposophisch ausgerichteten Ärzten, Pädagogen, Wissenschaftlern mitbekommen? - Eben! -
Wer Demut und Demütigung in einen Begriffstopf wirft, der macht sich, sofern er sich nicht mit den Unterschieden arrangiert und sie akzeptiert, selber des verblendeten Intellektualismus verdächtig... -
(Fortsetzung 2) folgt!
Fortsetzung 2)
Das größte Hindernis für den wahren Erkenntnisgewinn, für die Wahrhaftigkeit schlechthin, ist der intellektuelle Hochmut und mit seinen finsteren Schatten, der heillosen Furcht vor und dem abgründigen Hass gegen das Geistige. Der stolze Intellekt, wenn er sich nicht dem wahrhaftigen Weltenlicht anschließt,
muss Demütigung und Unterwerfung - vor
ihm! - erfahren:
"Auf dem Bauche sollst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang!" - Ganz ohne Gliedmaßen, nur bäuchlings vorankommend im Erforschen und Erkennen der Welt und sie nur aus niedrigster Perspektive wahrnehmend, völlig handlungsunfähig zur schöpferischen Tat ist die "Schlange" - der Intellekt - genötigt, "Staub zu fressen", sich ausschließlich mit der ent-lebten und toten Materie abzugeben, um wenigstens auf
diese Weise ihrem Existenzrecht in der Welt genüge tun zu können. Dieses schmerzvollen tragischen Schicksals wird sich der Intellekt immer dann - wenn auch unbewusst - bewusst, wenn er sich mit
seiner "Weisheit" am Ende sieht, oder er, vor den weit geöffneten Toren des Geisterlandes ankommend, jeglichen Halt und Grund verliert und
zurückfällt und von dort aus "auf die Erde geworfen" wird, auf den Boden der Tat-Sachen. -
Demütigung ist Unterwerfung und Unterorfen-Werden bzw. passives oder unfreiwilliges Sich-Unterwerfen-Lassen. Nicht der
gesunde Menschenverstand, das
Herz, kann gedemütigt werden oder lässt sich demütigen, er ist in sich unabhängig und frei, denn
er selber ist Herr über den Intellekt;
dieser aber kann gedemütigt werden, und ja, sich demütigen
lassen, aus eben seinen benannten Schwächen heraus, oder aber er lässt sich freiwillig-
unfreiwillig demütigen und unterwirft sich, weil er sich hierdurch eigene Vorteile erhofft.
"Zu Kreuze kriechen" - das ist die rechte Therapie des Gedemütigten; denn
Einsicht für die Unzulänglichkeiten des materie-gebundenen Erkenntnisprinzips und
Reue dem angerichteten Schaden gegenüber, den man dem harmonischen Kräfteverhältnis zwischen "Kopf" und "Herz" angetan hat, müssen die ersten Schritte eines karmisch belasteten Schicksals sein, das im Grunde nichts geringeres für die Seele will, als dass sie zuletzt hinfinde zur
wahren Erkenntnis, zur selbst-erfahrenen
Überzeugtheit von der geistigen Welt. Hierzu aber muss der Mond sich von der
Sonne leiten und erleuchten lassen und nicht ihr Licht selbst-süchtig
an sich reißen, um damit die
Erde zu beherrschen. Wenn der Intellekt, die materialistische Erkenntnis-Intelligenz
selber sich das gesunde Herzensdenken, das über das Materielle hinaus auch das Geistige im Blick hat, zu unterwerfen oder verächtlich zu machen versucht, bedeutet dies für die geistige Welt die Verächtlichmachung, Verneinung und Ablehnung wahrer Erkenntnis und Weisheit. Sich vor der geistigen Welten-Erkenntnis und Welten-Weisheit nicht
beugen zu wollen wird in einer folgenden Inkarnation physisch sichtbar an
Kreuz und
Rückgrat zur Auswirkung kommen: Das stabile
Sich-Aufgerichtet-Halten wird zu einem krankhaften Dauerzustand werden, sodass sich die versteifte Wirbelsäule oberhalb unter der Last des Oberkörpers nach
außen und unterhalb, weil sie die Oberlast nicht genügend abzufangen vermag,
seitwärts verkrümmt; ein "Buckel" und ein "schiefes Kreuz" entstehen. Man wird vielfach bemerken, dass Menschen mit solcherlei angeborenen Wirbelsäulendeformationen über eine ausgesprochen scharfen, oft sogar höchst genialen Intellekt verfügen, was im Verbund mit dem körperlichen Syndrom darauf hindeutet, dass die verführerische gleißend helle Aura des luziferischen Intellekts noch stark vorhanden ist. Gleichzeitig aber ist bei solchen Betroffenen nicht selten ein ungewöhnlich
sensibles moralisches Empfinden wahrzunehmen ist, welches nun über das gesamte Erdenschicksal hin mit den Eingebungen des kaltherzigen berechnenden Intellekts erbitterte innerseelische Kämpfe führt. Allein, dass solcherlei Geschlagene ihren Intellekt nicht
eingebüßt haben, lässt hoffen, dass sie in ihrem Wesenskern den guten Willen zum Guten hin doch hegen und im Laufe ihres Schicksals ein Stückweit werden fortgeschritten sein und die "Demütigung" ihrer Krankheit zuletzt als eine weisheitsvolle Fügung verstehen lernen, die sie auf diesem Wege zur
Demutsfähigkeit hin erziehen. -
Fazit: Demut ist keine feige und willenlose Ergebenheit und Versklavung oder ein Verrat der selbsteigenen Souveränität, sondern die freudig-freiwillige Hingabe der Seele an die alles durchpulsende, alles umfassende Welten-Weisheit, wissend und vertrauend, liebevoll getragen, geleitet und behütet in ihrer Obhut, über das erhabene Versprechen Luzifers hinaus einer weit größeren Verheißung entgegenschauen zu dürfen: Nicht nur zu sein
wie Gott, sondern
höchstselbst ein Gott zu sein
, ein Gott der Freiheit und der Liebe.