Jemand anders sein wollen

S

schmetterling

Guest
Hallo ihr Lieben,

es gibt ein Thema in meinem Leben, das mich immer wieder erwischt und das mich sehr stark belastet. Ich habe noch mit niemandem darüber geredet, weil ich mich dafür schäme, es peinlich finde und ich Angst davor habe, dass mich der Gesprächspartner nicht versteht. Deshalb schreib ich jetzt in diesem Forum meine Last von der Seele, weils anonym ist.

Zu meinem Problem:
Meine erste Beziehung ging 7 Jahre und die jetzige schon 3 Jahre. Und bei beiden hat mich das gleiche Thema erwischt. Nämlich dass ich nach einiger Zeit mein Selbstbewusstsein verliere und denke, dass der andere der Bessere ist. Er ist selbstbewusster und hat alles im Griff. Ich fange an ihn zu beneiden für sein Leben und was er alles schon erlebt hat.. und ich verwickel mich immer weiter rein bis ich nicht mehr ICH sein möchte, sondern der andere. Ich möchte gerne seine Gedanken, seine Erlebnisse, seine Erfahrungen, seinen Job usw.. haben. So zerstört man sich selbst und ist nicht mehr bereit sein eigenes Leben zu leben, sondern will das des anderen leben. Man weiß aber das dass einfach nicht geht, weil man eben in diesem Körper feststeckt. Dann fängt man an, sich vorzustellen, was der andere jetzt wohl erlebt und wie er empfinden wird...aber irgendwann schnallt man, dass das immer MEINE Vorstellungen seiner Erlebnisse bleiben werden, weil ich ja eben nicht in ihm drinstecke. Durch diese Erkenntnis fühlt man sich dann erst recht getrennt von ihm...und das tut weh. Andererseits stelle ich mir vielleicht sein Leben auch zu toll vor, weil ich es mir ja nur "vorstelle". Es bleibt subjektiv. Ein anderer kann wahrscheinlich gar nicht verstehen, warum ich sein Leben so interessant finde. Und er selber sagt auch, dass er nicht zu beneiden sei. Aber trotz dieser Erkenntnisse verschwinden diese belastenden Minderwertigkeitsgefühle nicht. Man möchte ihn eigentlich auch nicht beneiden, weil man dann ja anfängt ihm die schönen Dinge in seinem Leben nicht zu gönnen. Das will man ja aber. Es ist nur sooo schwer.

Dann fragt man sich, was wäre wenn ich er wäre....und dann fällt einem ein, dass man ja dann das jetzige Leben nicht hätte. Das will man aber auch nicht verlieren, weil man ja auch schöne Dinge erlebt hat. Am Liebsten möchte man beide Leben gleichzeitig leben. Und wenn man es weiter spinnt, gibt es noch so viele andere interessante Menschen. Man bekommt plötzlich einfach das Gefühl, dass es einem nicht reicht nur EIN Leben zu leben.

Man verspürt die Sehnsucht mit dem anderen zu verschmelzen und immer bei ihm zu sein. Das ist wohl meine Sehnsucht nach Einheit. Er gibt einem so viel Geborgenheit und Wärme, wie ich es bis jetzt in meinem Leben noch nie erlebt habe. Unglaublich schön:) Und von diesen schönen Gefühlen will man nie wieder getrennt sein..also von ihm. Und wenn dann die Umarmung, der Sex usw. vorbei ist, erkennt man, dass man wieder allein ist, irgendwann nach Hause fahren muss und im Prinzip doch immer allein sein Leben leben muss. Man fühlt sich total getrennt von der Welt...und in dieser Welt muss man Selbstbewusstsein haben, stark sein und bloß keine Schwächen zeigen. Das fühlt sich echt brutal an.

Ich kann diese Gedanken auch schwer mit meinem Verstand bearbeiten. Ich sag mir, dass das so nicht weiter geht und ich MEIN Leben leben muss...aber dieses Gefühl in ihm bei ihm sein zu wollen ist soo stark.
Es ist zum verzweifeln und ich weiß nicht, wie ich da wieder rauskomme.:confused:

In meiner ersten Beziehung habe ich mich da irgendwie rausgezogen und bin wieder selbstbewusst geworden..ich weiß nicht mehr wie...aber in dieser Beziehung kommt das gleiche Problem wieder auf.

Ich muss irgendwie mein Selbstbewsstsein stärken, vorallem weil ich grade mein Studium abgeschlossen habe und mich jetzt bewerben muss. Aber ich weiß gar nicht, wie ich das alles packen soll mit meinem kleinen Selbstbewusstsein. Dabei war ich am Anfang der Beziehung total selbstbewusst und hab meinen eigenen Kopf gehabt.

Mein Grundproblem kennt sicherlich jeder auf dieser Welt, nur dass ich mich selbst da so sehr reindrehe, das finde ich krank.

Ich würde mich freuen, wenn jemandem was dazu einfällt und was dazu schreibt. Vielen Dank schonmal für eure Antworten!!

Liebe Grüße von Schmetterling
 
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hey,

das is richtig schwierig so was zu lösen...vielleicht solltest du deinem Partner davon erzählen? und dann könntet ihr vielleicht gemeinsam eine Lösung finden und so eure beziehung retten...ich kenn mich nicht aus mit sowas aber vielleicht klappts ja oder du suchst dir professionelle Hilfe...ein Versuch ist es wert

wünsch dir viel glück;) du schaffst das!!!...nur nich den mut verlieren

glg
 
huch schmetterling, das klingt voll psycho. wenn sich jemand so konsequent ein problem konstruiert und sich regelrecht darin verliert, spricht das für irgendetwas, das unbedingt und unter allen umständen verdrängt sein will. DAS was du hier beschreibst ist sicher nicht das problem an sich, sondern vielmehr der versuch ein unbewusstes, dahinter stehendes zu lösen. ;)

vielleicht mal einfach mit nem profi drüber reden. viel glück!
 
Also, sooo psycho klingt das dann auch wieder nicht...!
Klingt halt z.B. nach -nicht ganz satt sein
-Langeweile -mangelnde Selbstliebe -anerzogenes Konkurrenzdenken usw.
Also durchaus Phänomene, an denen viele von uns Menschen manchmal leiden.
Aber ich finde Therapien immer total spannend und würde sagen: klar, nimm dich genauer unter die Lupe!
Viel Glück und alles Liebe! S.
 
Vielen Dank für eure Antworten!
Ein klein bisschen habt ihr mir schon geholfen :)

Liebe Grüße, Schmetterling
 
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Hi Schmetterling!

Ich kann Dir nur sagen was ich dazu denke und ich würde das Problem nicht unbedingt darin sehen, w i e sich Dein Mangel an Selbstbewusstsein äußert. Das alles sind wichtige Zeichen für die wesentliche Frage des "warum?", also was es genau ist das Dein Selbstbewusstsein untergräbt. Und interessanterweise ist ja das was Du schreibst selbst ein großer Punkt. Es ist einerseits Wirkung, andererseits sagst Du es sei Dir peinlich. Versuch die Dynamik zu verstehen die dahintersteht.

Mal etwas oberflächlich gesagt: Mangel an Selbstbewusstsein führt zu einer gewissen Wirkung. Du machst Dich neben Deinem Freund kleiner bzw. projezierst ihn "besser" und erkennst das auch. Dieses Erkennen führt aber erst mal dazu, das Du wieder denkst: "Mit mir stimmt etwas nicht." Und das ist nur ein Bereich wo Dir auffallen kann, wie man sein eigenes Selbstbewusstsein untergräbt indem man durch den Mangel daran gewisse Wirkungen erzeugt die den Mangel wiederum aufrechterhalten und sogar vertiefen. Man muss davon wegkommen die Wirkungen, also das wie sich ein Mangel an Selbstbewusstsein äußert, als Problem zu sehen und daraus wiederum den Schluß zu ziehen: Schlechtes Selbstbewusstsein ist begründet. Wenn Du all die Wirkungen, Anzeichen, nicht-ablehnen kannst, stärkt das Dein Selbstbewusstsein. Nicht weil da wirklich etwas gestärkt wird... Das Selbstbewusstsein ist intakt und daran muss nichts verändert werden. Sondern weil Du aufhörst es vor Dir zu verstecken indem Du Gegenteiliges produzierst.

Und nicht falsch verstehen: Das Problem hat jeder, auch wenn es sich anders zeigt. Bei jedem läuft es so ab, das ein Mangel an Selbstbewusstsein zu irgendeiner Art Ausgleichs"handlung" führt. Es ist zuerst mal gedanklich... man macht sich kleiner, verurteilt sich selbst... Das beeinflusst das Handeln/Sprechen, alles. In Beziehungen ist das klar erkennbar, weil sie das "Spielfeld" sind. Aber die Wirkungen sind nicht das Problem sondern lenken nur von dessen Quelle ab. Das kannst Du auch daran erkennen wie Du an den Themen klebst die Du produzierst und da dieses Thema hier extrem auf Beziehung fokussiert ist, würde ich vorhersagen das es andere Äußerungen auf derselben Linie gibt die sich ebenfalls in Deiner Beziehung zeigen. Vielleicht eine gewisse Abhängigkeit z.B. oder was auch immer. Der Punkt ist, dass Du das erkennst und Dich daraufhin abwertest, aber noch nicht erkennst das DAS den Kreislauf herstellt. Man kann es mit der Frage vergleichen was zuerst da war: Die Henne oder das Ei. Übersetzt: Ein Mangel an Selbstwert oder dessen Wirkungen. Diese Frage ist aber nicht mal relevant, weil man nur mit Wirkungen umgeht in denen die Ursache zutage tritt... Es ist im Grunde genommen gleichzeitig aber fortsetzend. Die Wirkung ist sichtbar, sie (und damit sich) zu verurteilen setzt das Spiel fort.

Ist irgendwie schwer das zu beschreiben...
Vielleicht so:
Frag Dich mal im Moment wo überall Anzeichen für das Problem "Mangel-Selbstbewusstsein" erkennbar sind. Gedanken, Handlungen, Situationen... Da fällt jedem einiges ein, aber Du kannst auch lediglich das nehmen was Du hier beschreibst. Dann denk Dir mal für den Moment: "Das alles ist kein Problem. Ich kann damit weitermachen und es wird nie eins sein." Ich wette das Du jede Menge Widerspruch in Dir spürst, denkst. Denn Du hast eine glasklare Logik das Dich das leiden lässt, kommst zu dem Schluß: Ich lasse mich selbst leiden. Du könntest sogar zu dem Schluß kommen: Mein Partner ist das Problem. Oder: Meine Erziehung/Kindheit... was auch immer. Du erklärst eine Wirkung zu einer Ursache. Egal ob Du jemandem oder etwas oder Dir selbst die Schuld gibst. Das ist es was den Gesamtkomplex aufrechterhält. Und der Weg daraus ist diese Dynamik offenzulegen, zu erkennen wie man das macht. Wenn ich sage: "Wie man das macht" kann das wieder zu dem Schluß verleiten: "Ich - schuldig. Ich - Ursache für Leid". Das wäre aber genau was ich meine. Das ist dann diese Dynamik, weil es einfach nicht um Schuld geht. Diese Komplexe sind ein bisschen schwer zu durchschauen, aber es ist möglich und man deckt sie immer mehr auf. Dann verschwinden sie mitsamt der Wirkung/en. Und Selbstbewusstsein ist es um was sich alles dreht. Man kann sich auf alles, das gesamte Leben bezogen, fragen, wo und wie und warum das Selbstwertgefühl leidet. Man muss erst verstehen um das lassen zu können was es untergräbt, was dann von selbst geschieht.


VG,
C.
 
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