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Déguórén
Guest
Wer könnte in die Augen der 13jährigen Jana aus Moldawien schauen, ohne dem Weinen nahe zu sein, wer könnte dieses Foto betrachten und dabei nicht unsere "deutschen Nöte" vergessen. Nein, man soll nicht in eigenen - sozial wie wirtschaftlich - schwierigen Zeiten mit der Ausrede ausweichen, dass es anderen ja noch viel schlechter ginge. Aber das Leid, dass sich tausendfach vor den Toren der EU abspielt, ohne größere öffentliche Kenntnissnahme, kann einen nur aufschreien lassen.
Die 13 Jahre alte Jana kommt aus einer ländlichen Gegend Moldaviens in die Ukraine. Ihr Vater, ein Alkoholiker, starb früh; ihre Mutter starb im Gefängnis als Jana acht Jahre alt war. Seitdem lebt sie auf der Straße, zuletzt in Odessa. Über Drogen infiziert sie sich mit dem Aids-Virus. Weihnachten 2004 wird sie schwer krank, verkriecht sich in einem Mauerloch und erfriert.
Das UNICEF-Foto des Jahres 2005 ist eine Schwarz-Weiß-Aufnahme, die David Gillanders im September 2004 machte. Sie zeigt Jana vor ihrem "Zuhause" - einem notdürftigen Verschlag in einem Park in Odessa. Eine Gruppe von 20 bis 25 Straßenkindern hat sich diesen Unterschlupf
selbst gebaut. Die Jüngsten von ihnen sind erst sechs Jahre alt. Sie betteln, stehlen und prostituieren sich, um zu überleben. Den harten Alltag können sie nur mit Drogen ertragen. Sie mischen Essig und Ephedrin, das für wenige Rubel in jeder Drogerie erhältlich ist. Durch schmutzige Injektionsnadeln stecken sie sich gegenseitig mit HIV an. Auch Jana wurde so infiziert. "Jana sprach kaum ein Wort, aber sie weinte sehr oft", berichtet David Gillanders, der viel Zeit
mit den Kindern verbracht hat. "Auf dem Foto hält sie noch das T-Shirt in beiden Händen, mit dem sie gerade ihre Tränen weggewischt hat." Jana war Vollwaise seit ihrem achten Lebensjahr. Als ihre
Mutter in einem moldawischen Gefängnis starb, machte sie sich zusammen mit anderen obdachlosen Kindern auf den Weg nach Odessa. Viele der mehr als hunderttausend Straßenkinder in der ehemaligen Sowjetunion ziehen in kleinen Gruppen von Stadt zu Stadt - meist als blinde Passagiere auf Güterzügen. Seit Janas Tod sind noch drei weitere Kinder aus ihrer Gruppe ums Leben gekommen.
Spenden kann man hier: http://www.unicef.de, denn:
Janas Schicksal ist keine Ausnahme. Es ist sogar typisch für das, was immer mehr Kindern und Jugendlichen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion widerfährt. In keiner anderen Region der Welt breitet sich das Virus so schnell aus wie hier: Seit 1995 stieg die Zahl der HIV-Infizierten von 160.000 auf 1,4 Millionen Menschen an. In der Ukraine hat sich die Zahl der Infektionen in den vergangenen fünf Jahren verzwanzigfacht. 360.000 Menschen sind inzwischen HIV-positiv.