Was denkt ihr darüber?
Wird man bestraft, wenn man sich selbst das Leben nimmt?
Mein erster Gedanke ist dieser: Tu es nicht. Nimm dein Leben als einen Raum, in dem du Erfahrungen sammeln kannst und vermeide dabei den Neid auf andere Leute, die du schöner, reicher, potenter und besser findest als dich selbst. Jeder geht seinen Weg.
Und denke darüber nach, daß dich dein Fleisch viel Mühe gekostet hat. Du kommst auf die Welt und bist weit mehr als ein Jahr lang damit beschäftigt, deinen Körper erst einmal benutzbar zu machen. Kannst du dich noch daran erinnern, wie du laufen lerntest?
Dennoch kann es Gründe geben, seinem Leben ein Ende zu setzen. Das liegt in unserer Gewalt. Das kann krankheitsbedingt sein, Depressionen zum Beispiel. Das kann ein Bilanzselbstmord sein. Man bewertet sein Leben und sagt sich, das wäre ab jetzt nur noch aussichtslos. Bilanzselbstmörder findest du in Haftanstalten. Sie verlieren alle Habe, verlieren sozialen Status und Wohnung, alle Freunde und landen nach der Entlassung in einer Welt, in der sie noch nicht einmal ihre Habseligkeiten bewahren konnten, weil diese im Zuge von Zwangsräumungen entsorgt worden sind.
Wir leben in einer Welt, in der religiöse Regeln den Selbstmord verdammen. Ich halte nicht viel von Religionen, weil das nur Ideologien sind, die zum Geldscheffeln ersonnen wurden. Kirchen und Sekten sind reich und gierig. Also muß man sich von denen auch nix sagen lassen.
Ich vermute, der Selbstmord wird auf der anderen Seite immer bezogen auf die Seele gesehen, die es in ihrem Körper nicht mehr ausgehalten hat. Da kann es eigentlich keine feste Regel geben. Und da einem Menschen sein Körper zur freien Verfügung gegeben wurde, mach was damit, kann man einem Selbstmörder seine Entscheidung auch nicht übelnehmen. Er hat hat über seinen Körper verfügt.
Was mich vielmehr interessiert, ist die Sache mit der Tötung auf Verlangen. Ich vermute, daß eine solche Tötung dann in Ordnung geht, wenn der Todeswunsch von allen Beteiligten akzeptiert ist, wenn also konsensual gehandelt wird. Unser Strafrecht sieht das zwar anders, aber das lasse ich an dieser Stelle außen vor. Strafrecht betrifft nur Personen, also Menschen mit Körpern. Hast du keinen Körper mehr, gibt es auch kein Strafrecht mehr.
Ich beschäftige mich gerade mit den Folgen sexuellen Mißbrauchs. Mißbrauchsopfer werden in ihrer Phantasie zu Tätern, und manche machen damit Ernst. Es gibt die für normale Menschen nur sehr schwer verständlichen Formen des Sadomasochismus. Zwar kann man sich davon wieder abwenden, aber dazu braucht es nicht nur Therapien, sondern auch ein geeignetes soziales Umfeld.
Wie will man nun Leute beurteilen, die aufgrund von Mißbrauchsschäden konsensual einen anderen Menschen sexuell foltern oder sich foltern lassen? Was, wenn dabei einer das Leben verliert? Ist es da nicht viel angemessener, wenn man im Jenseits nach Wegen sucht, die psychischen Schäden zu reparieren?
Ich habe den Eindruck, daß dies für normale Menschen beliebig schauerlich sein kann. Du lebst plötzlich deine Phantasien aus, die materiell werden, bis sie dir zum Halse raushängen, und bis du eine Sehnsucht nach anderen Gedanken in dir entdeckst. Dann kannst du da wieder rauskommen. Aber solange die Traumatisierung in dir steckt, und diese Traumatisierung ist mit Erinnerung an selbst erlittene Mißhandlung verknüpft, hast du damit auch zu kämpfen.
Viele Grüße, Holger