Was mir an dieser Diskussion sehr befremdlich erscheint, ist die Annahme finsterer Rituale, über die wild spekuliert wird, aber keiner hinterfragt ein mögliches Motiv. Daraus schliesse ich, daß die Geschichte der Indigenen, die lebendige Menschen sind, weniger interessant zu sein scheint, als deren Medizin, dabei ist das eine ohne Verständnis des anderen völlig wertlos. Das gilt auch für Bücher, denn hier stellt sich immer die Frage wer hat recherchiert und wie?
Ohne in Details zu gehen, weil mich dieser thread zutiefst anwidert, nur ein kleines bisschen was, von einem Elder Pipecarrier, Lakota Red Spider, mit dem ich mich sehr lange über die kriegerischen Aspekte der Medizin unterhalten habe.
Red Spider sprach hier nur für das indigene Volk der Lakota, indessen Reservat er als Elder zuständig ist.
Unzählige Stämme hatten keine Krieger, lebten nur vom Handel oder der Eigenerwirtschaftung...man kann also nicht von den Handlungsmotiven der Lakota auf alle "Indianer" schliessen.
Auch die Indigenen hatten untereinander kriegerische Auseinandersetzungen. Im alltäglichen Leben der Indigenen, jahrein, jahraus, wurde nicht gekämpft. So wie auch Tiere ihr Territorium haben, in dem sie jagen/leben, hatten auch die Indigenen ihre ungefähr, grob gelegten Grenzen, um Begegnungen, die in Streit ausarten könnten, zu vermeiden. (Streit um Beute und Resourchen zb.)
Das Ernte- und Jagdglück bestimmte wie so vielerorts das Wohlergehen der Menschen. Gab es mal ein schlechteres Jahr, wurde nach Möglichkeit mit umliegenden Stämmen gehandelt, getauscht. Hatte man nichts zu geben, der Nachbar hatte aber reichlich und wollte bloß nichts geben, das war einer der Hauptgründe für eine kriegerische Auseinandersetzung, manchmal ging es auch um Frauen - Stichwort Frauentausch/raub, ansonsten lebte man überwiegend friedlich mit- und nebeneinander.
Ob Krieg oder nicht, diese Entscheidungsgewalt lag einzig und allein in der Hand der Frauen. Erst wenn die Frauen ihr ok gaben, durften die Männer los, ganz einfach weil Frauen und Kinder am meisten unter dem Krieg leiden.
Ist der Kriegspfad einmal beschritten, ist das Töten des Feindes Tagesprogramm, aber auch das Erreichen der Ziele, sprich an die lebensnotwendigen Resourcen zu gelangen. Ein Krieger würde niemals kampflos aufgeben, im Kampf ums Überleben und würde er nicht kämpfen, müßte er sowieso sterben (verhungern), also kämpft er, bis zum Äussersten.
Auch wenn es nichts schönes ist, diesen Pfad zu beschreiten, so gibt es gewisse Notwendigkeiten, die dazu veranlassen können.
Dann aber, wenn die Dinge bereinigt sind, ist es genauso wichtig, diesen Pfad wieder zu verlassen.
Kein Mann geht den Kriegspfad ein Leben lang...er geht ihn, wenn er ihn gehen muss und verläßt ihn, wenn die Dinge bereinigt sind, ist wieder Bauer, Hirte, ...lebt den Alltag.
Die wilden Schiessereien zwischen Cowboys und Indiandern, die gab es wirklich...allerdings nicht um 1850 sondern in den 60/70ern des vorigen Jahrhunderts. Red Spider berichtete von einem betrunkenen Sheriff, der, wann immer etwas gestohlen wurde, gerne die Indigenen dafür verantwortlich machte, ohne Beweise.
Auf dem Highway wurden Waffen verteilt, Indiander abknallen war ein gelegentlicher Zeitvertreib einiger US-Bürger. Hier wurden wahllos Menschen ermordet, zuteils auch vom Hubschrauber aus und ja, natürlich hat man sich gewehrt, zurückgeschossen, doch es ist wohl denkbar, wer da am längeren Ast gesessen hat.
Dazu kam noch, daß die Lakota gehindert wurden, ihre Sundance-Rituale abzuhalten und zwar vom FBI, das jegliche "Menschenversammlungen" sofort auflöste. Die heutige Situation der Lakota sieht besser aus, heute stehen die Sundancerituale unter Regierungsschutz, es gab sogar Anfragen seitens der Regierung, gewisse Anliegen mit in die Rituale hineinzunehmen.
Historisch gesehen kannten die Indigenen keinen Besitz, keine Grenzen, nahmen was sie brauchten, hatten ihre heiligen Orte der Ahnen und der Spirits. Durch festgezogene Grenzen und Besitzstörung/Betretungsverbot zuteils von den "Urquellen" ihrer gelebten Spiritualität abgeschnitten, wurde das Leben massiv eingeschränkt.
Nicht wenige Indigene kennen die Namen von Familienmitgliedern, über 7 Generationen zurückliegend.
Diese werden bei Zeremonien auch eingeladen, ihnen wird extra ein Stuhl freigehalten.
Aus Sicht der Indigenen ist man in einem Land erst zuhause, wenn die Knochen der Vorfahren über eine gewisse Zeit von Generationen im Boden ruht. Diese Orte sind ebenso, aber ganz besonders heilig, die Orte der Ahnenverehrung.
Es darf sich jetzt jeder selber die Frage stellen, ob es eine gute Idee ist, aus sicht von Lakota, als lebendiger Mensch, Teil einer Lakota Familie, wenn jemand Fremder daherkommt, dir sagt, wo du ab sofort wohnen darfst, dich von deinen Resoucen abschneidet, deine heiligen Plätze zerstört und ein Einkaufszentrum über den Knochen deiner geliebten URururururoma errichtet.
Das alles sind Dinge, die in der Vergangenheit liegen, mit denen man (größtenteils) Frieden geschlossen hat, es gab auch Entschädigungen durch die Regierung und und und...
Eigenanmerkung für Ritualneulinge: Grundsätzliches zu den Ritualen, ohne auf details einzugehen...die sind mitunter schon mal insofern sehr mächtig, da das (eigene) Bewusstsein nimmt durch die Ahnenpräsenz und die kollektiv geschaffene Nähe zu den Spirits im Raum eine andere Haltung/Form ein. Da ist man dann auch nicht mehr man selber, sondern Teil des Rituals / eines Ganzen, in welches man sich lediglich als Individum einbringt.
Red Spider berichtete von einem Elder, der von einem Jüngeren ständig provoziert, diesem einmal während eines Rituals ein Messer in die Brust rammte und dieser infolge verstarb. Es kann sein, daß man bei gewissen Ritualen situationsabhängig "verstärkte" Handlungen setzt oder von Dingen spricht, deren Zugang sich nur im Ritual eröffnet.
Infolge diesen Ereignisses legte jener Elder sein "Amt" zurück und man einigte sich darauf, bei Ritualen generell keine Waffen mehr zu tragen.
Die Medizin der Lakota ist grundsätzlich Lebensbejahend, das Menstruationsblut der Frau ist etwas Heiliges, eine ganz starke Medizin und es sind so so viele Dinge ganz anders, als man es vermuten würde, wenn man es nicht selbst erlebt hat...Die Feiern zur spirituellen Namensfindung eines Kindes...und und und...
Es gibt kein Böse und kein Gut, nur Bedürfnisse. Es gibt allerdings gute und schlechte Medizin. Unter schlechter Medizin versteht man hier allerdings "mixed Medicine"...also ein Mischmasch von allem Möglichem.
Ja und Spirits können auch mächtig sauer sein...dazu braucht es keine finsteren Rituale, die haben schon ihr Eigenleben und können ganz von Selbst darauf aufmerksam machen, daß wer auch immer stört, eben stört. So gab und gibts eben auch Orte, die für Indigene als Lebensraum tabu sind/waren.
Unter all den kleinen und Großen Geistern, hier wie dort, gibt es friedlichere und ...etwas weniger friedliche Wesen.
Soweit so gut, Ende mit dem Klitzekleinen Einblick ins Indianerleben xD