Oha, Alfheri,
eigentlich habe ich mich hier schon einigermaßen ausgeklinkt, aber ich wollte mich Deiner Bitte nun doch nicht verschließen.
Warum schaffen Ideologien Trennung?
Weil eine Ideologie wie auch eine institutionalisierte Religion etwas Äußeres ist, Aufgesetztes. Du folgst nicht Deinem Herzen, sondern einem äußeren "Regelwerk", um es mal so zu nennen. Und bisher kommen alle diese "Regelwerke" selbst bei größtmöglicher Toleranz so daher, dass sie einen Allgemeingültigkeitsanspruch erheben. Wir sich also nicht allen ihren Schlüssen und Maximen fügt, hat entweder - im günstigsten Fall - die "Wahrheit" nicht erkannt oder muss sogar - im schlimmsten Fall - mit Höllenstrafen rechnen.
Wenn ich also eines dieser Regelwerke über meine grundsätzlichen Gefühle herrschen lasse, meine Einzigartigkeit ihm unterordne, muss ich zwangsläufig mit jedem in Streit geraten, der sich einem anderen Regelwerk unterwirft. Die Regelwerke erzeugen daher Trennung wegen des allgemeingültigen Anspruchs, den sie erheben.
Nehmen wir einmal die Religionen raus, da haben wir immer noch verschiedene -ismen. Der Kommunismus beispielsweise will ein paradiesisches Zusammenleben der Menschen auf dieser Welt errichten, erkennt dabei aber die völlige Verschiedenheit nicht nur der inneren Anlagen, sondern auch der Interessen und Fähigkeiten der Menschen nur ungenügend oder gar nicht an. So verurteilt er pauschal diejenigen, die Spaß an Luxus haben und behauptet, diese seien schuld, wenn andere in Armut leben. Obwohl niemand leugnen kann, dass wahrscheinlich ziemlich viele Reiche Opfer ihrer eigenen Gier geworden sind und tatsächlich in unfeierlicher Weise Macht ausüben, kann das dennoch nicht über jeden von ihnen behauptet werden.
Es gibt Lebensziele, es gibt Berufungen, es gibt Bestimmungen und Selbstentfaltungen äußerst vielfältiger Art. Da ist keine genauso wie die andere. Und sie lassen sich nur von dem - oder der - wirklich ausschöpfen, der dem Weg seines - oder die den Weg ihres - Herzens folgt. Und der passt in k e i n e Ideologie. Aber ist auf jeden Fall auch weit toleranter als eine solche.
Ideologien sind wie Uniformen. Davon kann man nur eine auswählen. Und die anderen sind dann für mich entweder feindliche oder weniger wertvolle.
Uniformen werden in Armeen getragen, damit die Soldaten als Masse leicht zu unterscheiden sind. Der Einzelne bedeutet in einer Armee nichts. Vielleicht will er gar nicht kämpfen und ist daher gefährlich.
In einer Welt, die nach Einheit strebt, sind Ideologien hinderlich. Niemals kann eine Ideologie mein wahres Selbst ausdrücken...
Genügt das?
Herzliche Grüße,
nanabosho
P.S.: Und noch was: Ideologien abzulegen, um tatsächlich dem Weg des eigenen Herzens zu folgen, ist nicht von heute auf morgen getan, sondern ein manchmal langwieriger Prozess. Er ist nämlich mit erheblichen Ängsten verbunden. Die Pioniere auf diesem Weg nehmen ihre - besonders anfängliche - Einsamkeit aber gern in Kauf.