Wie kann man ihm die Augen öffnen ? Er will natürlich nichts davon hören! Sollte man ihn drauf ansprechen, wäre das überhaupt gut????
Das ist eine sehr schwierige Frage, die man nicht pauschal beantworten kann.
Ich würde es tun, weil ich so bin, dass ich es mir nicht verzeihen könnte, es nicht getan zu haben.
Wenn mir jemand am Herzen liegt, sehe ich es geradewegs auch als meine Pflicht an, ihn zu warnen, wenn ich denke, dass er sich gerade in etwas verrennt, was ihm wirklich schadet. Umgekehrt wünsche ich mir das von meinen Freunden auch.
Allerdings: Es ist nicht zu erwarten, dass er deswegen gleich die Frau über Bord schmeisst!
Bestimmte Erfahrungen müssen nun mal gemacht werden, er wird vermutlich erst umdenken, wenn er ziemlich tief gesunken ist.
Das kann man sich durchaus vorstellen wie bei einer Droge. Falls jemand davon wegkommt, dann eher nicht in der euphorischen Phase, wo er noch meint, die Droge sei der Heilige Gral, die Lösung seiner Probleme.
Da muss erst sehr viel Leid durchlaufen werden, bis die Erkenntnis sich durchsetzt, dass man sich gerade selbst zerstört.
Möglicherweise hat dein Freund auch einen solchen masochistischen Einschlag, dass es ihm zur Zeit als ideale Lebensform erscheint.
Manchmal kann aber etwas, was man jemandem sagt, sich wie ein Samen einpflanzen und dann aufgehen und Früchte tragen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
Im Falle des Mannes, von dem ich sprach, handelt es sich um meinen ehemaligen Schwager, zu dem ich seit über 20 Jahren ein sehr gutes Verhältnis habe, das in der Zeit, in der er mit dieser Frau zusammen war natürlich sehr gelitten hat.
Wir haben uns kaum noch gesehen, wie ein Hund musste er aus dem Haus schleichen und sich irgendwie -alle möglichen Vorwände erfindend- eine Stunde abknapsen, um sich mit mir zu treffen.
Als er mal krank war (und nicht von Zuhause wegkonnte), hat mich gar sein Arbeitskollege angerufen, um das geplante Treffen mit mir abzusagen.
Wenn man es dann zustande gebracht hat sich zu treffen -du kannst es dir sicher vorstellen-, waren diese Treffen auch alles andere als erbaulich. Wenn ein Mensch permanent so unter Druck steht und kein eigenes Leben mehr lebt, hat er auch nicht mehr allzuviel an sich, was er anderen anbieten kann.
Es war bitter, zu sehen, wie sich ein Mensch so reduzieren kann, ein Alkoholiker hätte keinen traurigeren Eindruck auf mich gemacht.
Ich musste ihn diesen Weg gehenlassen. Als er es geschafft hat, sich von dieser Frau endlich zu trennen, war ich auch die Einzige, die aus seinem Freundeskreis übriggeblieben ist.
Aber er hat es geschafft sich ein neues Leben aufzubauen!