Hallo!
Ich habe schon immer ein großes Problem mit Menschen, die mir zu nahe kommen. Wenn ich zum Beispiel in einer Schlange stehe und mir die Leute an die Pelle rücken, verspüre ich ein Beklemmungsgefühl.
Auch in Verkehrsmittel, darum fahre ich lieber mit dem Auto.
Da gehts glaub ich vielen Menschen so - wir haben da alle so eine natürliche Grenze, und manche Leute überschreiten diese zuweilen.
In solchen Situationen wie Verkehrsmitteln oder auch zB einen Kellner im Restaurant blenden wir aus, und die Grenze tritt außer Kraft, der Mensch kann in unseren privaten Bereich eindringen, weil wir ihn als "UN-Menschen" sehen.
Ich meide die Öffis auch, sowie große Menschenmengen mich total bedrängen. Allerdings ist das mehr emotional als körperlich. Vielleicht gewöhnen wir uns auch immer mehr an die Distanz zu anderen (fremden) Menschen und ertragen die Nähe dadurch immer weniger?
Was mir aber am meisten Probleme schafft, ist dieses Gefühl in meiner Beziehung. Mein Freund hat auch ein Problem in diese Richtung, aber konträr. Er kann die Intimsphäre nicht wahren.
Schon als wir uns kennengelernt haben, vor sieben Jahren, ist er mir immer zu nahe gekommen. Ich habe ihm gleich mitgeteilt, dass ich damit nicht kann. Er macht es unbewusst, da bin ich mir sicher..... Denn er verstand mein Verhalten nicht, sah es nicht so. Noch heute sagt er, dass er mir nie zu nahe gekommen ist......
Jetzt nach sieben Jahren ist es oft unerträglich für mich. Denn immer, wenn es mir nicht gut geht, psychisch oder physisch, brauche ich Distanz, die mir mein Freund nicht gibt. Auch für ihn ist es ein Problem, da er mich nicht versteht........ Er fühlt sich zurückgewiesen, obwohl er weiss, warum ich so bin.......
In letzter Zeit habe ich immer wieder gesundheitliche Probleme, die unserer Beziehung schaden. Mein Freund sucht Nähe, ich Distanz......ein Teufelskreis.... Die Unzufriedenheit macht sich in uns beiden breit. Wenn es so weiter geht, wird unsere Beziehung bald zerbrechen......
Da ich meinen Freund sehr liebe und nicht verlieren will, möchte ich an mir arbeiten, um das in den Griff zu bekommen. Ich probiere auch immer, es zu ignorieren, aber es geht nicht, da er mir die Luft zum Atmen nimmt. Oft ist es so schlimm, dass ich am Liebsten gehen möchte..........
Vor kurzem hatte ich eine Lungenentzündung, nun eine Luftröhrenentzündung, wird mir wirklich schon die Luft genommen?
Was kann ich machen? Und wie kann ich ihm klar machen, dass er meine Bedürfnisse ernst nimmt? Wie können wir den richtigen Mittelweg finden? Wir lieben uns....auch er sagt mir immer wieder, dass er mich so liebt und mich nicht versteht, weil ich oft schon bei einer Berührung das Weite suche....
Denke aber, dass es sich über Jahre entwickelt hat, weil er mir nie die Distanz gegeben hat, die ich gebraucht hätte.....
Es ist ein ernstes Thema für mich, welches mir große Probleme bereitet.
lg Felice
Ich kenne diese Situation aus beiden Richtungen.
Vor einigen Jahren hatte ich mal eine Freundin, die wollte immer mehr von mir - nein, nein, nicht körperlich, aber wie gesagt von meiner Seite aus ist das Problem mehr emotionaler Natur. Diese Beziehung war kurz, aber sehr intensiv.
Ich konnte mich ihr total anvertrauen, sie hat mich verstanden und gut zugehört.
Aber dann wollte sie diese Treffen immer öfter, war beleidigt, wenn ich nicht jeden zweiten Tag oder so bei ihr vorbeischaute, oder nicht lange telefonieren wollte.
Nach einem halben Jahr ist es mir zuviel geworden, ich hab mich immer mehr zurückgezogen, hab genau das versucht was dir hier geraten wurde, aber es war einfach zu spät. Sie hat dann glaub ich schon versucht sich zurückzunehmen, hat sich nur noch einmal die Woche gemeldet, dann alle zwei Wochen.... aber zu dem Zeitpunkt hab ich mich einfach schon bedrängt gefühlt, wenn sie nur im Messenger aufgetaucht ist.
Der Kontakt ist dann abgerissen, und noch heute, 5 Jahre später frag ich mich, wer von uns beiden da eigentlich "das Problem" hatte. Einerseits hatte sie ein ungewöhnlich großes Nähebedürfnis, das vielleicht auch durch die Besonderheit unserer Beziehung entstanden ist, andererseits hat sie sich zurückgezogen als sie mein Problem begriffen hat - und trotzdem war es mir dann zuviel.
MIt meinem Freund ist es jetzt genau anders herum. Er kann die Nähe auch nicht wirklich aushalten - obwohl er sie immer wieder sucht. Und wenn er sie dann doch zulässt, dann kriegt er nachher die Panik und läuft davon. Das kann sogar soweit gehen, dass der die Beziehung beendet, nach nur einer Nacht in der er sich "gehen ließ". Inzwischen kristallisiert sich immer mehr raus, dass er da ein Problem hat - aber am Anfang stand ich in solchen Situationen immer da wie die Kuh vor dem zugemachten Tor.
Und natürlich hab ich Angst gehabt, ihn zu bedrängen, ihn zu nerven, und ihn dadurch zu verlieren. Ich selbst hab eigentlich auch ein großes Nähebedürfnis, und dachte zuerst auch, dass es an mir liegt, dass ich zuviel möchte.
Inzwischen verstehe ich, dass hier das Problem eindeutig auf seiner Seite liegt, und jetzt kann ich besser damit umgehen. NIchts desto Trotz ist es ein Problem, und zwar eines unter dem er eindeutig auch selber leidet und somit eines das gelöst werden muss.
Ich denke wir müssen herausfinden woher das kommt, wovor er solche Angst hat und ihm genau diese Angst nehmen.
Wie?
Keine Ahnung.
Bei dir hab ich auch den Eindruck. Wenn du nicht herausfindest woher das kommt (bzw schreibst du, dass du es eh weißt?) dann wird es vermutlich deine Beziehung zerstören. Denn das Problem ist wohl weniger, dass du Abstand brauchst, sondern warum du diesen Abstand brauchst.
Was genau fürchtest du - besteht denn wirklich die Gefahr, dass sich die Erfahrungen deiner Kindheit hier wiederholen, oder ist das eher eine irrationale Angst???
Ich glaube nicht, dass sich das mit mehr Distanz lösen lässt, und auch nicht mit ignorieren. Du wirst aktiv werden müssen, um diese Beziehung (oder die nächste?) zu retten.
Ich wünsch dir ganz viel Kraft und Stärke!
Leilani