Logien 98 - 104
L 98: Jesus sprach: Das Reich des Vaters gleicht einem Mann,
der vorhatte zu töten einen mächtigen Mann.
Er zog aus der Scheide das Schwert in seinem Haus.
Er durchbohrte die Wand, um zu wissen, ob seine Hand stark sein werde.
Dann tötete er den Mächtigen.
Schon verwirrend: Einmal ist das Reich des Vaters ein Weinberg, dann ein Acker, gerade war es ein kaputter Krug Mehl und jetzt plötzlich ein zukünftiger Mörder oder ein Revoluzzer (besteht hier zu ersterem eigentlich ein Unterschied?) oder vielleicht ein Soldat einer gegnerischen Armee.
Auf alle Fälle verwirrend, oder?
Erinnern wir uns, dass Jesu keinen Ort hat, sein Haupt zu neigen (Logion 86). Er zog sehr viel umher und außer einem kleinen, inneren Kreis und einem etwas größeren, festen Gefolge waren es ständig wechselnde Zuhörer.
Wahrscheinlich äußerte er dieses Gleichnis vor einer Zuhörerschar, welche sich eher mit einem solchen Mann identifizieren konnte als mit einem Bauern oder einem Stück Sauerteig.
Doch etwas Neues ist doch enthalten: Wir erfahren, dass dieser Mann zuerst einen Test macht um zu erfahren, ob seine Hand stark genug sein würde.
Zudem braucht er ein Schwert.
Ist es also nötig, mit dem Schwert in der Hand Gottes Reich zu erobern? Gewinnt die Gottesschau nur der Starke?
Um es vorweg zu nehmen: Jesu Botschaft ist die Botschaft der Liebe, nicht die des Schwertes und der Hiebe.
Der Suchende muss stärker sein als jener starke Mann. Doch die Stärke muss der Suchende in sich entwickeln, dort, wo er auch den Starken suchen muss, welchen es zu töten gilt!
Wie in Logion 11, 22 und später nochmals in Logion 106 erfahren wir auch hier, dass wir nur Gott schauen werden, wenn unser Niederes Selbst dem HÖHEREN SELBST Platz macht. Dieses Platz machen aber kann nur geschehen durch das Auflösen dieses Niederen Selbst.
Ein Auflösen ist die Umwandlung von Energie (in EINEM SELBST) und somit nichts anderes als ein Tod. Je nach Vorleben, heutiger Erziehung und Karma, welches es noch abzutragen gilt, kann diese Auflösung durchaus einem Kampf gleichkommen.
Deshalb spricht man vom "spirituellen Kriger" - nicht, weil man andere demütigen und attakieren muß!
L 99:
Die Jünger sprachen zu ihm: Deine Brüder und Deine Mutter stehen draußen.
Er sprach zu ihnen: Die (Menschen) dieser Plätze, die den Willen meines Vaters tun, diese sind meine Brüder und meine Mutter.
Sie sind es, die eingehen werden ins Reich meines Vaters.
Wir kennen Jesu Lehre inzwischen so gut, dass uns seine Reaktion hier nicht mehr verwundern kann. Seine Jünger sprechen von den leiblichen (also fleischlich) verwandten Brüdern und seiner leiblichen Mutter.
Er nutzt die Situation jedoch sogleich um mitzuteilen, dass nicht die fleischliche Verwandtschaft ausschlaggebend ist, sondern die göttliche!
Die göttliche Verwandtschaft aber hat alle Lebewesen (also nicht nur die Menschen) zu nahen Verwandten.
Jesus lebt hier Logion 55 (Wer nicht hasst seinen Vater und seine Mutter....) vor und weist zugleich auf die Lehre aus Logion 25 (Liebe deinen Bruder.....) hin.
Beides ist nur scheinbar widersprüchlich.
Denn hätten die Jünger seine Lehre verstanden, so hätten sie Brüder und die Mutter anders angemeldet.
Im Gegenzug: Hätte Maria (seine Mutter) und die Brüder seine Lehre verstanden, so wüssten sie, dass alle Menschen ihre Söhne und Töchter, ihre Schwestern und Brüder sind.
Und nur diese wahren Geschwister (in Gott), welche tatsächlich auch die Realität Gott erkannt und umgesetzt haben, werden eingehen ins Reich des Vaters.
Wer SEIN SELBST realisiert hat, der ist ES und zugleich ALLE, denn alle ES sind eines und doch alle.
L 100:
Sie zeigten Jesus ein Goldstück und sprachen zu ihm:
Die Kaiserlichen fordern von uns Abgaben.
Er sprach zu ihnen: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers,
gebt Gott, was Gottes ist, und das, was mein ist, gebt es mir!
Hinlänglich bekannt aus dem Neuen Testament, erfährt Jesu Aussage hier im
Thomas Evangelium eine Erweiterung: ....und das, was mein ist, gebt es mir!
Warum dieses?
Das Jesu einen Unterschied zwischen Kaiser und Gott macht, dürfte allen verständlich sein.
Doch jetzt unterscheidet Jesus zusätzlich zwischen Gott und zwischen ihm selbst.
Wo liegt da der Unterschied, wo Jesus doch in Logion 77 sagt: Ich bin das Licht.....Ich bin das All.....
Wenn Gott überall und in allem ist wie kann dann Jesus das All sein und eigene Forderungen (abgegrenzt von Gott) stellen?
Im Rahmen dieser "Auslegung" kann ich nicht alles aufzeigen (wollen), zu konträr und für den Menschen ungewohnt sind viele Vorstellungen. Ich bin überzeugt, dass mit den bisherigen Ausführungen schon die Mehrheit der Christen Schwierigkeiten haben wird, Akzeptanz zu entwickeln.
Von Verstehen will ich gar nicht reden.
Schon in Logion 61 (Zwei werden ruhen.....Salome sagte:.....) haben wir gehört, dass Jesus einen anderen Gottesaspekt benötigte. Und erst vor kurzem haben wir in Logion 97 vom Mutter-Aspekt Gottes gelesen.
Gott ist auch das wissen wir bereits UNSAGBAR, UNFASSBAR und UNBESCHREIBLICH. Da göttliches Licht alles durchdringt und in allem ist, verwirklicht dieses göttliche Licht verschiedene Aspekte von sich. So gibt es unter anderem den weiblichen Schöpfer Aspekt, den Vater Aspekt und eben den Sohn Aspekt. Wenn der Vater Aspekt überall ist, so ist er logischerweise auch im Kosmos. Ein Sohn ist normalerweise geringer als der Vater. Herrscht der Vater auch im Kosmos, so herrscht der Sohn vielleicht nur auf Planetarer Ebene.
Und was hat dies für den Suchenden für eine Bedeutung?
Wer Gott schauen will, d.h. zur Erleuchtung gelangen will, der muss zuerst den Sohn Effekt verwirklichen.
Dies bedeutet nichts anderes, als dass zuerst die Nächstenliebe, die Güte und die Liebe zu allen Wesen verwirklicht werden muss, bevor man zum Vater selbst vordringen kann.
Das Schöne dabei ist, dass man noch nicht perfekt sein muss, um Ergebnisse spürbare Ergebnisse! zu verwirklichen und zu erfahren!
Auch ein Heiliger kann deshalb zum Teil noch (in den Augen der Welt) ein (erheblicher) Sünder sein.
Suchender gib dem Staat, was dem Staat zusteht; gib Gott, was diesem gebührt und verwirkliche Jesu Worte um zu erhalten, was Dir zusteht!
Denn Jesu Forderung nach SEINEM ist nichts anderes als der Aufruf an Dich, DEIN SELBST zu finden, zu entwickeln und Dich auf den Weg zu IHM zu machen!
L 101:
Jesus sprach: Wer nicht hasst seinen Va[ter] und seine Mutter wie ich,
wird mir nicht [Jünger] sein können, und wer [nicht] liebt seinen [Vater und] seine Mutter wie ich, wird mir nicht [Jünger] sein können.
Denn meine Mutter... ... ... ... ... ... ., aber [meine] wahre [Mutter] gab mir das Leben.
Schade, wir wissen nicht wirklich, was Jesus letztendlich sagte, nur Bruchstücke sind erhalten. Aus diesen Bruchstücken aber ersehen wir fast dasselbe wie aus den Logien 25, 55 und 99.
Ich darf deshalb zuerst hier auf die Aussagen, welche dort gemacht wurden, verweisen.
Doch noch eines gibt es zu sagen. Erklären kann ich es hier nicht, es wäre ein eingenen Thread wert, so umfangreich ist die Materie in ihren Auswirkungen.
Es hat (meistens) einen höheren Sinn, wenn ein Kind ohne Vater oder ohne Mutter aufwachsen muß.
So hart es für das Kind sein mag, unter der fehlenden Liebe eines Elternteils aufwachsen zu müssen, so förderlich ist dieses für den spirituellen Weg dieses
Kindes. Dabei muß dieses Wesen beim fehlenden Vater einen anderen Aspekt entwickeln als bei der fehlenden Mutter.
Denkt jetzt mal nach - evtl. in Meditation: Warum wird während der Verkündung der Lehre Jesu nicht mehr von seinem Vater gbesprochen? Warum nur noch von der Mutter und den Brüdern (Geschwistern?).
Wer Ohren hat zu hören, möge hören.
L 102:
Jesus sprach: Wehe ihnen, den Pharisäern, denn sie gleichen einem Hund,
welcher liegt auf der Krippe der Rinder.
Denn weder frisst er noch lässt er die Rinder fressen.
Nun, entscheidet selbst, ob sich die Zeiten seit damals geändert haben. Beachtet bei Eurer Entscheidung aber bitte, dass jeder kirchliche Vertreter nur das Weitergeben kann, was ihm/ihr gelehrt wurde.
Allein eine Weihe macht noch lange keinen Heiligen, egal wie bunt die Kleider auch sein mögen.
Zur Aussage können wir jedoch Logion 39 (Die Pharisäer und Schriftgelehrten...) heranziehen.
L 103:
Jesus sprach: Selig ist der Mann, der weiß, i[n welchem] Teile die Räuber hereinkommen, damit er aufsteht, seine (Kraft?) sammelt
und sich gürtet um die Hüften, bevor sie hereingekommen sind.
Auch hier darf ich auf Logion 21 (Gespräch Maria mit Jesu) und Logion 35 (Das Haus des Starken) verweisen. Beide haben deutliche Parallelen.
L 104:
Sie sprachen [zu ihm]: Komm, lass uns heut beten und fasten!
Jesus sprach: Was ist denn die Sünde, die ich tat,
oder worin besiegten sie mich?
Sondern wenn der Bräutigam kommt aus dem Brautgemach,
dann mögen sie fasten und beten.
Seine Schüler (Jünger) oder Anhänger oder vielleicht auch nur angekommene Zuhörer schlugen Jesus vor, zu beten und zu fasten.
Ein löblicher Vorschlag, oder nicht? Noch heute gibt es im Christentum die Ansicht, durch beten und fasten zur Erleuchtung gelangen zu können. (Was an sich auch gelingt).
Doch Jesus antwortete ganz anders als gedacht. Er weist dieses Ansinnen fast brüsk zurück und fast glaubt man, er sei ob dieses Vorschlags sogar leicht beleidigt.
Schließlich fragt er nach seiner Sünde oder seiner Niederlage.
Was bedeutet also beten und fasten?
Im Gebet sich sammeln ist sinnvoll und wertvoll. Es erhebt unser Bewusstsein über das normale Niveau heraus und stellt Kontakt zu unserem WAHREN SELBST her.
Auch können wir so und das werden die meisten Gläubigen anwenden um Verzeihung, Hilfe oder Erbarmen bitten.
Über fasten muss ich nichts mehr sagen. Unzählige Bücher und Schriften loben die Enthaltsamkeit an Nahrung zur Gesundung unseres Körpers.
Sinnvoll und mit fachlichem Hintergrund angewandt, kann es kranke Körper wieder "lebendig" machen.
Fasten ist gesund und ein regelmäßiges Fasten dient nicht nur dem körperlichen Erhalt sondern durchaus auch dem spirituellen Vorankommen.
Jesus lehnt also aktuell das fasten und beten ab, hält es momentan für nicht nötig.
Er gibt aber sogleich einen Hinweis, wann er fasten und beten für angebracht hält: ....wenn der Bräutigam kommt aus dem Brautgemach,......
Was meint Jesus damit?
Eine normale Hochzeit?
Ist er womöglich auf einer Hochzeitsgesellschaft, als er diese Belehrung gibt?
Nun, als Hochzeit wird noch etwas anderes bezeichnet. Wenn die Auflösung des Niederen Selbst (also des jetzigen Ichs) als Tod bezeichnet wird, dann wird die Vereinigung des HÖHEREN SELBST mit der Seele als Hochzeit bezeichnet.
Der Mensch hat bekanntlich eine dreigliedrige Unterteilung: Unbewusstes Selbst (Unterbewusstsein), Niederes Selbst (Ich Definition) und das Höhere Selbst. Das Unterbewusstsein registriert alle Aussagen, Meinungen, Ansichten und ähnliches, welche wir für wahr erachten. So kommt es, dass mit zunehmendem Alter der Mensch eine Art Programmierung durch Eltern, Schule, Umwelt und eigene Erfahrungen bekommt, ähnlich einem Computer, wo verschiedene Programme aufgespielt werden.
Oft merken wir gar nicht, dass wir nach Programm reagieren, wenn wir wütend, traurig oder in einer anderen Stimmung sind und uns dieser Stimmung hingeben.
So wirkt das Unterbewusstsein auf das Ich ein und lässt uns immer wieder nach einem bestimmten Muster reagieren.
Das HÖHERE SELBST (ES) hält sich im Hintergrund und macht sich nicht bemerkbar. Ausgenommen hiervon sind bestimmte Notsituationen, in welchen der ein oder andere Mensch mal leichten Kontakt mit diesem SELBST hatte. Meist wird es in der christlichen Welt jedoch dem Schutzengel zugeschrieben.
Wir wissen ebenfalls, dass das Niedere Selbst aufgelöst werden muss, um Gottesschau erleben zu können. Doch auch das Unterbewusstsein muss seine Programmierung überwinden. Dies geschieht nach und nach auf dem spirituellen Pfad, den der Schüler (Jünger) beschreitet.
Deshalb sind eiserner Wille und unbedingter Glaube Vorraussetzung für den Schüler.
Wir wissen auch: Viele sind berufen, wenige sind auserwählt!
Tja, wenn diese Hürden alle gemeistert sind, genau in jenem Moment, wo sich das Ich auflöst, das Unterbewusstsein seine Ich-Programmierungen gelöscht hat und das Höhere Selbst realisiert wird genau in diesem Moment findet die Hochzeit statt. Es ist der Moment, in welchem der Bräutigam aus dem Brautgemach kommt: Wie bei der echten Hochzeit ändert sich auch jetzt das Leben grundlegend.
Obwohl sich dann das Essverhalten des Schülers (Jüngers) sowieso schon grundlegend geändert haben wird, tut fasten und beten in dieser Zeit nur gut.