Hallo Energeia
Danke für den Bericht. Genial, eine sehr gute Beschreibung.
Einer der wesentlichen Grundsätze des Vajrayana scheint mir darin zu bestehen, die Dualität, die Trennung zwischen Gott und der Welt, aufzulösen. Aber dieses ist in meinen Augen auch der größte Fehler, den er macht. Er tut nämlich so, als wüsste er, wie dieser Gott beschaffen ist und leitet daraus Schlussfolgerungen ab. Und daraus entwickelt sich eine Philosophie, die keine Offenheit mehr besitzt, sondern in feste Strukturen gepresst wird.
Plötzlich ist die Realität nur noch ein Traum und in letztendlicher Hinsicht sind die Dinge nicht wahrhaft existent. Man sagt, dass die eigentliche Natur der Dinge die Leerheit ist. Für mich sind das zunächst einmal nur Überlegungen. Aber ich erkenne keine Gründe, die diese Theorien irgendwie rechtfertigen würden. Und selbst wenn man die Realität ignoriert und sagt, sie sei nicht existent, wem hilft das wirklich? Ich kann mir zwar sagen, meine Schmerzen und meine Angst sind nicht existent, dadurch verschwinden sie aber keinesfalls.
Dann aber wird es doch etwas konkreter. Auf einmal spricht man vom Verhaftetsein an den Dingen. Dann aber frage ich mich, wie man an Dinge verhaftet sein kann, die angeblich nicht existent sind. Man sagt, dass verschiedene Vajrayana-Methoden diesem Wiederspruch ein Ende setzen würde. Einer dieser Methoden ist die Meditation auf einen Buddha-Aspekt, eine andere Methode ist die Mantra-Meditation. Das merkwürdige ist nur, dass ein paar Sätze vorher gesagt wurde: "Unreines in reines Erleben zu verwandeln funktioniert nicht so, daß man zum Beispiel ein Mantra sagt und infolgedessen dann die Phänomene umgewandelt werden."
Und dann wird ganz konkret von der Meditation auf die Yidam-Gottheiten gesprochen: "Zuerst stellt man sich selbst als die Gottheit vor, dann stellt man sich die Gottheit vor sich im Raum vor, man bringt Opferungen dar, macht Lobpreisungen usw." Es spricht nichts gegen diese Form der Meditation. Das Entscheidende bei dieser Meditation allerdings ist, dass man durch diese Meditation Einfluss auf die Physiologie nimmt. Man schwebt zwar spirituell gesehen in einem religiösen Raum, beeinflusst aber mittels dieser kontemplativen Technik die Physiologie, wenn auch unbewusst. Und das kann als ein Heilungsvorgang betrachtet werden. Den gleichen Effekt würde man erzielen, wenn man sich z.B. statt über die Gottheit zu meditieren, sich auf das Stirnchakra konzentriert, was ich persönlich als viel einfacher betrachten würde. Aber das muss natürlich jeder selber entscheiden.
Es wird behauptet: "Wenn man in dieser Weise meditiert, kann man durch die Anwendung der Yidampraxis die allgemeinen und letztendlichen Errungenschaften erlangen." Dem kann ich durchaus zustimmen. Aber ich betrachte die Yidam-Praxis nur als eine von vielen möglichen Meditationsmethoden. Aber an dieser Stelle möchte ich wieder die Einschränkung einfließen lassen, dass man ohne Enthaltsamkeit auch mit der Yidam-Praxis keine spirituellen Fortschritte machen wird.
Und nachdem ich den Bericht gelesen habe, der doch sehr inspirierend ist, fragt man sich, warum bleibt man nicht auf dieser spirituellen Ebene, sondern begibt sich von dieser Ebene wieder auf die materielle, sinnliche, Ebene? Aber das ist wohl unsere menschliche Schwäche, unser Verhaftetsein an die Sinne.