Morbus Alzheimer
(Demenz vom Alzheimer-Typ)
Die Alzheimer-Krankheit ist eine Erkrankung des Gehirns, die vor allem im höheren Lebensalter auftritt. In ihrem Verlauf kommt es zu einem kontinuierlichen Schwinden der intellektuellen Fähigkeiten. Nach einigen Jahren der fortschreitenden Verschlechterung werden die Betroffenen meist pflegebedürftig.
Im Jahre 1906 beschrieb der deutsche Neuropathologe und Psychiater Alois Alzheimer erstmals die Symptome. Er entdeckte im Gehirn seiner Patienten typische mikroskopische Veränderungen und gab der Erkrankung den Namen. Heute ist der Morbus Alzheimer Ursache für mehr als die Hälfte aller Demenzen und damit häufigste Form einer Hirnleistungsschwäche im Alter. Etwa fünf Prozent der über 65-Jährigen und 20 Prozent der über 80-Jährigen sind betroffen. Selten beginnt die Krankheit vor dem 65. Lebensjahr. In diesen Fällen spricht man von einer präsenilen Demenz vom Alzheimer-Typ.
Welche Ursachen hat der Morbus Alzheimer?
Aus bisher nicht geklärtem Grund beginnen beim Morbus Alzheimer Gehirnzellen abzusterben. Ihre Bruchstücke werden danach nicht vollständig abgebaut und bilden zusammen mit anderen Eiweißen die für die Krankheit charakteristischen Ablagerungen im Gehirn (Alzheimer-Fibrillen und Plaques). Dadurch kommt es zu einem deutlichen Schrumpfen der Hirnmasse. Ebenso verringert sich die Konzentration wichtiger neuronaler Botenstoffe, sowie die Anzahl der Nervenverbindungen.
Es wird vermutet, dass bei bis zu sechs Prozent der Patienten genetische Ursachen eine Rolle spielen. Entsprechend zeigt sich das Erkrankungsrisiko bei Verwandten ersten Grades gegenüber dem Normalwert mehr als dreifach erhöht. Ein gesteigertes Risiko ist auch mit einigen anderen Krankheiten verbunden, darunter die Schilddrüsenunterfunktion, die Depression und schwere Gehirnverletzungen in der Vergangenheit. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer. Eine Ansteckungsgefahr besteht nicht.
Wie verläuft die Erkrankung?
Die Beschwerden bei Morbus Alzheimer sind oft sehr unterschiedlich und nicht bei allen Patienten gleich stark ausgeprägt. Ebenso verläuft die Krankheit verschieden schnell. Intensität und Art der Beschwerden sind unter anderem abhängig vom betroffenen Hirnareal, der körperlichen Konstitution und den Lebensumständen des Patienten. Bei allen Erkrankten schreitet der geistige Abbau allerdings voran - anfangs langsam, später etwas schneller. Werden erste Beeinträchtigungen bemerkt, liegt der Beginn der Gehirnveränderungen meist schon Jahre zurück. Trotz unterschiedlichen Verlaufs unterscheidet man grundsätzlich drei wesentliche Stadien.
1. Stadium
Anfänglich ist meist das Kurzzeitgedächtnis geschädigt. Neue Gedächtnisinhalte können dann nicht mehr behalten werden. Die Patienten verrichten bereits Erledigtes noch einmal, vergessen Namen, wiederholen sich und fragen immer wieder die gleichen Dinge. Es fällt ihnen schwer, die richtigen Worte zu finden, und gesprochene Sätze werden kürzer und weniger komplex. Im Gespräch verlieren Alzheimer-Patienten oft den Faden und können wegen Konzentrationsschwierigkeiten und herabgesetzter Aufmerksamkeit dem Verlauf nicht so gut folgen. Orientierungsschwierigkeiten treten auf. Datum und Uhrzeit können nicht mehr genannt werden.
Komplizierte Zusammenhänge bereiten zunehmend Schwierigkeiten. Manchmal ziehen Patienten falsche Schlüsse aus Situationen und reagieren dann unangemessen. Symbolhafte Gegenstände wie Geld, Schilder oder Erinnerungsstücke verlieren ihre Bedeutung. Im Verhalten werden Betroffene passiver und teilnahmsloser. Dies kann sich bis zu einer Apathie steigern, bei der sogar die Augenbewegungen deutlich reduziert sind. Ihren Zustand bemerken die Patienten sehr wohl und reagieren oft mit Beschämung, Angst und Niedergeschlagenheit, aber auch mit Wut und Aggression.
2. Stadium
Die Patienten benötigen verstärkt Unterstützung durch andere Personen. Die Ausübung des Berufs ist nicht mehr möglich und es bestehen erhebliche Einschränkungen im täglichen Leben. Die Gedächtnisschwierigkeiten nehmen zu. Jetzt werden die Namen auch gut bekannter Personen und Angehöriger vergessen, die Verbindung zwischen Gesichtern und Namen kann sich gänzlich auflösen.
Einfache tägliche Verrichtungen wie Körperpflege, Ankleiden und Nahrungsaufnahme bereiten immer größere Mühe und können schließlich nur noch mit Hilfestellung ausgeführt werden. Örtliche und zeitliche Orientierung schwinden weiter. So finden sich die Patienten in der eigenen Wohnung kaum noch zurecht. Außerhalb der Wohnung verlaufen sie sich. Im zeitlichen Empfinden vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart. Auch der Tag-Nacht-Rhythmus kann völlig verloren gehen.
Sinneseindrücke werden zunehmend falsch interpretiert. Es treten Halluzinationen auf, schwindender Geschmackssinn führt zu Appetitverlust. Auch Berührungen können als besonders schmerzhaft oder unangenehm empfunden werden. Anfängliche Teilnahmslosigkeit schlägt zunehmend in Unruhe und Rastlosigkeit um, die Apathie kann sich jedoch auch noch steigern. Häufige Stimmungswechsel mit Aggression oder starker Zurückgezogenheit machen den Umgang mit den Patienten für die pflegenden Personen manchmal sehr schwer.
3. Stadium
Die Patienten sind völlig auf fremde Hilfe und Pflege angewiesen. Der Wortschatz ist stark eingeschränkt, eine Kontaktaufnahme ist nur noch schwer möglich. Dennoch reagieren die Erkrankten oft positiv auf Stimmen und Berührungen. Zu den psychischen Symptomen kommen jetzt auch Ausfälle der Körperkontrolle. Gehen und Stehen können unmöglich werden. Die Kontrolle über Blase und Darm geht ebenso verloren wie die Fähigkeit zu schlucken. Der fortschreitende körperliche Verfall macht die Patienten bettlägerig und sehr anfällig für Infektionen, die letztlich zum Ableben führen.
Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?
Die Diagnose Morbus Alzheimer kann nur mit 80 bis 90 Prozent Sicherheit gestellt werden. Spezifische Tests gibt es derzeit noch nicht. Völlige Gewissheit bietet nur die mikroskopische Untersuchung des Gehirngewebes, die jedoch wegen der Operationsrisiken zu Lebzeiten nicht durchgeführt wird. Um zur Diagnose zu gelangen, ist für Arzt oder Ärztin die Unterhaltung mit dem Patienten und dessen Angehörigen von besonderer Bedeutung. Die typischen Beschwerden und deren zeitliche Abfolge sind dabei die entscheidenden Informationen.
Standardisierte psychologische Tests objektivieren die Beschwerden und lassen einen Vergleich zur Einschätzung des Verlaufes zu. Um andere Ursachen auszuschließen, werden aber noch weitere Untersuchungen durchgeführt. Neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung mit Blut- und Urinproben kann eine Computertomographie des Gehirns die Diagnose stützen. Möglich sind auch andere bildgebende Verfahren, um die Stoffwechselaktivität des Gehirns darzustellen (MRT, SPECT, PET). Eine Untersuchung der Gehirnflüssigkeit (Liquor), die durch einen kleinen Stich am Rückenmarkskanal (Lumbalpunktion) gewonnen wird, gibt ebenfalls Hinweise.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Einmal von der Krankheit zerstörte Nervenzellen können nicht wieder hergestellt werden, eine Heilung ist somit nicht möglich. Ebenso gibt es keine wirksame Therapie, um den fortschreitenden Zerfall vollkommen zu stoppen. Dennoch können Medikamente und begleitende psychotherapeutische Maßnahmen den Verlauf der Erkrankung verlangsamen und die Symptome mildern.
Als Medikamente haben sich Cholinesterase-Hemmer bewährt, die den Mangel des Nervenbotenstoffs Acetylcholin ausgleichen. Dadurch bessert sich die Merkfähigkeit in einem gewissen Rahmen. Verschiedene andere Medikamente lindern Begleiterscheinungen wie Angst, Schlaflosigkeit, Unruhe und Niedergeschlagenheit.
Speziell für Alzheimer-Patienten wurden Gedächtnistrainings entwickelt, die verbliebene intellektuelle Fähigkeiten erkennen und gezielt aktivieren. Die Verrichtung von Alltagstätigkeiten wird trainiert, um ein möglichst hohes Maß an Selbstständigkeit zu erhalten. Für die pflegenden Angehörigen ist die Unterstützung durch Selbsthilfegruppen und Organisationen wichtig. Diese sind in allen größeren Städten vorhanden und geben konkrete Hilfestellung in allen Fragen der Pflege.
Autor: Jochen Niehaus (Arzt)
Letzte Aktualisierung: Juni 2005
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