Hallo, Ihr Lieben!
Hat jemand von Euch vielleicht einen Rat, was ich tun könnte?
Seit Kindertagen habe ich eine beste Freundin, ich nenne sie jetzt einmal Lea. Wir sind beide 30 Jahre alt.
Doch unsere "Freundschaft" ist nichts Anderes als ein Fake. Es tut mir so schrecklich Leid, und mein Gewissen quält mich!
Gebe es eine Vergeßlichkeitspille, würde ich diese Pille Lea und ihren drei Kindern geben, damit sie von meiner Existenz nichts mehr wüßten.
Aber so sehe ich nur eine Option:
den Kontakt zu Lea abbrechen, was ich nicht schaffe, denn Lea hat keine anderen Freunde außer mir. Und meinem 9jährigen Patensohn würde es das Herz brechen, wenn ich aus dem Leben dieser Familie verschwinde.
Ich hänge an meinem Patensohn, genauso wie an den beiden anderen Söhnen von Lea, aber wenn ich ehrlich bin, würde mein Trennungsschmerz irgendwann vorübergehen, wenn der Preis dafür Freiheit von Lea wäre.
Denn Lea nervt.
Anstatt sich eine Arbeit zu suchen und/oder sich um den Haushalt zu kümmern, nutzt Lea (Hartz IV Empfängerin, alleinerziehend) fast jede Minute ihrer vielen Freizeit zu Überlegungen, was sie als nächstes unternehmen könnte.
Und zwar mit mir.
Jobs hat sie schon viele begonnen und nach spätestens 2 Monaten wegen irgendwelcher "gemeinen" Kollegen und Chefs dann wieder hingeschmissen.
Die Fähigkeit sich anzupassen oder soziale Kompetenz such man vergebens bei ihr.
Wenn ich mit ihr zusammen bin, bin ich danach jedes Mal mit meinen Nerven am Ende, da es mir unmöglich ist, ein normales Gespräch mit ihr zu führen.
Sie benimmt sich wie ein kleines Kind, das unter dem permanenten Zwang steht witzig zu sein.
Eine Mischung aus einer Achtjährigen und einem Stand-Up Comedian sozusagen.
So bombardiert sie mich mit vermeintlich lustigen Sprüchen aus verschiedenen Fernsehserien und Filmen, sowie selbstgebastelten Zitaten und -Witzen.
Lustig ist nichts von alledem.
Dennoch: ich Esel lache jedes Mal (gequält), damit Lea nicht anfängt, mir ihre Witze zu erklären.
Und überhaupt:
Ich habe seit Beginn unserer Freundschaft vor fast 20 Jahren vorgegeben, mich für ihre Witze & Albernheiten zu interessieren. Als wir uns kennenlernten, waren wir beide Außenseiter in unserer Schulklasse. Lea, weil sie andere mit ihrer Art nervte, und ich, weil ich so schüchtern war.
Nach dem Abi war ich jahrelang wegen meiner sozialen Phobie in therapeutischer Behandlung; und jetzt, langsam aber sicher, erkenne ich, dass ich genauso wie andere Menschen Freunde verdiene, die mir etwas geben (so wie umgekehrt natürlich auch).
Freunde, mit denen ich diskutieren kann, die einige meiner Interessen teilen... einfach Menschen, mit denen ich gerne zusammen bin.
Jetzt, wo ich einen großen Teil meiner Schüchternheit abgelegt habe, habe ich bereits einige solcher Menschen gefunden
...und bin sie wieder losgeworden, als Lea auf einmal auftauchte.
Man kann Lea nicht beschreiben, man muß sie erleben...und wenn man sie erlebt, kommt man zu dem Entschluß, dass mit denen, die mit ihr befreundet sind, irgendetwas nicht in Ordnung sein kann.
Sie ist kein schlechter Mensch,
aber:
Ihr schrilles Gegackere über ihre eigenen Witze und all der Blödsinn, den sie von sich gibt, macht einen nach einigen Stunden zum garantierten Fall für den PsychoDoc.
Neben der Erkenntnis, das ich erfüllende Freundschaften verdiene, hat meine Therapie gegen meine Schüchternheit noch etwas Zusätzliches bewirkt, nämlich ein Bewußtsein für die Dinge, die ich nicht verdiene:
meine "Freundschaft mit Lea".
Jedes Mal, bevor wir uns treffen (was oft geschieht), bin ich krank.
Früher lachte ich über ihre Witze und heuchelte Interesse für das, was sie sagte,
da ich einsam war.
Ich agierte nach dem Motto: besser Lea als total alleine, ich Heuchlerin!
Ich gab mein eigenes "ich" auf, um der Einsamkeit zu umgehen.
Jetzt erkenne ich, dass das falsch war und starte manchmal (zaghafte) Versuche mich als die Person zu geben, die ich bin; doch Lea kichert und redet mich gegen die Wand.
Sie tut mir auch Leid, denn ich weiß, dass für Lea die Welt zusammenbrechen würde, wenn die einzige Person, die sie (scheinbar) gemocht hat, den Kontakt zu ihr abbrechen würde.
Und wie soll man den Kontakt zu einem Menschen abbrechen, den man fast täglich sieht, weil sie nur eine Straße entfernt wohnt (sie ist mir nach meinem Umzug hinterhergezogen).
Und was das größte Problem ist:
mein Patensohn hängt extrem an mir; und ich möchte ihm nicht signalisieren, dass er unwichtig und ungeliebt ist, indem ich mich nicht mehr blicken lasse. DAS tut bereits sein Vater.
Abmachungen wie "wir können uns nur einmal pro Woche treffen" gehen in das eine Ohr von Lea hinein, und aus dem anderen wieder hinaus. Ich erwähnte ja bereits ihre mangelnde Sozialkompetenz und ihre Probs im Arbeitsbereich. Sie KANN sich nicht an Abmachungen halten, oder längerfristig an etwas denken.
Leas Kids wären schon längst untergegangen, ohne den Dauereinsatz von Leas Eltern.
Und teilweise den von mir.
Aber ich habe genug und bin verzweifelt.
Ich kann nicht mehr!
Was soll ich nur tun?