Herz - Liebe, Metta

Energeia

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Hallo,

ich möchte in diesem Thread über die Bedeutung des Herzens für die Meditation und den spirituellen Weg sprechen.

Mich interessiert hierbei auch der Zusammenhang von "Selbstliebe" und Liebe. Wie kann man in Hinsicht auf das Herz "Selbstliebe" verstehen? Meiner Erfahrung zufolge erschöpft sich Selbstliebe nicht in der Befriedigung von Bedürfnissen. Worauf richtet sich Selbstliebe in der spirituellen Praxis noch?

Ich belasse es bei diesen Worten und schaue erst einmal, was ihr hierzu sagen möchtet.

Liebe Grüße :flower2:
Energeia
 
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Vielleicht noch eine Erläuterung:

Ich hatte vor ca. 9 Monaten das Buch "Das weise Herz. Die universellen Prinzipien buddhistischer Psychologie" von Jack Kornfield gelesen. Dazu gibt es auch eine MEditations-CD, die ich sehr empfehlenkann.
An die Vipassana-Meditation schließen hier Vergebungs- und Herzensgüte-Übungen an, die beide vom Herzen ausgehen.
Das Herz wird hierbei für diejenigen vergebend geöffnet, die mir Schmerzen zufügten, wird mir gegenüber dafür geöffnet, dass ich anderen Schmerzen zufügte und mir selbst gegenüber, dass ich mir selbst Schmerzen zufügte. Anschließend wird die Herzensgüte über das Herz, den Leib auf die Welt, schließlich auf das All-Eine ausgeweitet.
Ich verstehe dieses Verzeihen der Herzensgüte als einen Akt der Selbstliebe, da es das Festhalten an Schmerzgefühle auflöst. DAs Verzeihen fungiert als ein liebevoller Akt mir selbst gegenüber.
Dies wäre ein Aspekt der Herzensliebe, die ich hier ansprechen wollte.

(Die Vipassana-Technik dieser CD zielt nicht unmittelbar auf den Leib, arbeitet mit Etikettierungen arbeitet. Ich fand diese Methode zum Einstieg leichter als das Vipassana, das sich unmittelbar und durchgehend dem Leib zuwendet, um Sankharas aufzulösen. Man erreicht hierdurch relativ schnell eine gewisse innere Stille - allerdings führt die andere Technik mE dauerhaft mehr in die Tiefe und Intensität.
Ich habe mit dieser Technik damals ca. einen Monate täglich 2 h gearbeitet und war damit seh zufrieden. Ich kann das Buch und die CD vollkommen empfehlen.)

Liebe Grüße,
Energeia
 
Wer liebende Güte in sich verwirklichen möchte, braucht Objekte, die dieser Güte bedürfen.
Dazu dienen alle Eigenschaften, die man an sich entdeckt, die noch nicht durchs Feuer der Liebe in Güte geschmolzen sind.
Güte bedeutet: ich bin dir gut, obwohl du nicht gut bist.
Also das eigene Ungute erkennen, es in Liebe ertragen und in sich eine Öffnung ersehnen, um es besser zu verstehen.
Es geht nicht darum, es zu entschuldigen.
Es geht auch nicht darum, es einfach so zu lassen.
Im tieferen Verstehen gelingt es, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Alles Ungute trägt einen wahren, guten Kern in sich.
Diesen zu finden ist die Hauptarbeit.
Sie verlangt viel Hingabe und Geduld mit sich selbst.
Die Ausdehnung auf andere und die ganze Welt geschieht von alleine.
Bin ich mir selbst gütig, wie könnte ich Anderen Güte verwehren?
Kann ich die eigene Spreu vom Weizen trennen, gelingt es auch bei anderen.
 
Kann es wirklich der Sinn einer Liebesbeziehung sein, alte Wunden aufbrechen zu lassen? Eigenartigerweise ja. Wir müssen die Wunden sichtbar machen, sie f ü h l e n, damit sie heilen können. Nur ein Mensch, der uns wirklich nahe kommt, kann das bewirken. Marianne Williamson: „Das Licht der Liebe ist dazu bestimmt auf die unheimlichen, schmerzenden Aspekte unserer Seele zu scheinen, auf jedes Stück früherer Zerbrochenheit, die unter den Felsen in unserem Herz verborgen liegt. Aber in diesem felsigen Grab liegt auch unsere Energie, Leidenschaft und Lebenskraft. Anscheinend tot, aber doch nur schlafend. Die echte Liebe wird den Felsen wegschieben und unser Herz befreien.“ Kein wirklich Liebender kommt darum herum, sich auf tiefster Ebene mit der eigenen Seele zu konfrontieren. So können viele Gefühle an die Oberfläche kommen, die wir ein Leben lang verdrängt haben: Angst und Panik, Wut, Hass, Eifersucht, Groll oder eine immense Traurigkeit. Denn wer sich für die Liebe öffnet, öffnet sich auch für den Schmerz.

:flower2:
 
Ich bin bisher mit der Metta-Praxis (und den Praktiken zur Kultivierung der Brahmaviharas) nie so recht warm geworden. Sie ist mir irgendwie zu abstrakt, um ehrlich zu sein.
Die Praxis des Tonglen, wie sie im tib. Buddhismus betrieben wird (mit Visualisation von Licht usw.), fällt mir einfacher.

Das Problem, das ich allgemein mit den buddhistischen Praktiken zur Herzensschulung habe, ist, dass sie immer so stark eine - nennen wir es mal - altruistischen Ausrichtung betonen. Die Ausrichtung ist immer entweder auf mich selbst oder auf andere.
Aber erstens steht das in einem logischen Widerspruch zur Anatta-Lehre. Da gibt es keine kohärente Lehrmeinung im Buddhismus, wie dieser Widerspruch zu lösen sei.
Zweitens fehlt mir dabei der Bhakti-Aspekt. Liebende Güte zu kultivieren, weil ich ein netter Mensch sein will, das ist mir eine zu wenig starke Motivation. Ich benötige, wie im Christentum oder im Sufismus, Gott als Gegenüber, um Herzensgüte zu kultivieren. Und dann ist meine Motivation in erster Linie auf Gott, also auf das Höchste, gerichtet, nicht auf die Menschen und Lebewesen. Der Buddhismus kennt kein solches Höchstes.

Sehr geholfen haben mir die Schriften von Kristof Aziz (Anadi - die Homepage ist leider recht knapp geraten, in seinen Büchern steht mehr drin). Anadi gibt dem "Herzen" einen hohen Stellenwert. Das Herz ist sozusagen der Ort, wo sich Gott und Seele treffen. Das Herz ist der Ort, wo sich das Menschliche und das Göttliche treffen und begegnen. Da der Buddhismus die Existenz einer unsterblichen Seele verneint, und das, was transmigriert, lediglich als ein unpersönlicher, karmischer Impuls aufgefasst wird, hat er für diese starke innere Sehnsucht, die ich selbst verspüre, keine Erklärung. Ganz im Gegensatz beispielsweise zum Sufismus.
 
Lieber FCKW (lange haben wir uns nicht gelesen/geschrieben :) ... sei gegrüßt),

Die Ausrichtung ist immer entweder auf mich selbst oder auf andere.
Aber erstens steht das in einem logischen Widerspruch zur Anatta-Lehre. Da gibt es keine kohärente Lehrmeinung im Buddhismus, wie dieser Widerspruch zu lösen sei.

ja, ich kann deinen Beitrag sehr gut verstehen. In der christlichen Tradition verbinden wir mit dem Wort "Liebe" oft eine Selbst-Aufgabe. Wir glauben, wir müssten den anderen lieben und kommen dann dahin, dass wir uns selbst aufgeben.
Ich kenne das gut aus meiner Lebenserfahrung. DESHALB habe ich hier auch diesen Thread gestartet, um diesem Missverständnis vorzubeugen.

Diese sogenannte "selbstlose" "Liebe" hat meines Erachtens nichts mit "Metta" oder dem "Herzen" zu tun, wie ich es hier ansprechen möchte.

Haben wir erfahren und gelernt, dass alle Lebenserfahrungen, Wünsche (3. Chakra) einen "tiefen Sinne" haben und nicht alleine dazu dienen, unseren Willen in der äußeren Welt zu manifestieren, dann können wir liebevoll Annehmen (4. Chakra), dass all diese Gefühle und Lebensäußerung ursprünglich aus der Sehnsucht nach Liebe hervorgegangen sind: bei uns und bei den anderen und im GANZEN (Kosmos: Gaia, Thelema, Eros, Agape).

Wenn unser 3. Chakra jedoch zu schwach ist, wir also gar nicht wissen, was wir wollen, immer wieder schwanken, uns nicht entscheiden können, oder wenn es überaktiv ist, wir alles willentlich kontrollieren wollen, Angst vor Kontrollverlust haben, uns nach der Anerkennung und dementsprechenden Gruppen ausrichten, dann sind wir noch auf dem Wege, unser Herz zu aktivieren: wir leben dann die Persönlichkeit des 3. Chakras (Willenmanifestation), aber noch nicht die spirituelle Persönlichkeit des Herzens.
Dem Herz-Chakra ist es möglich, die lieblosen Beliefs des 3 Chakras liebevoll zu transformieren: wir können uns aus ganzen Herzen zutiefst annehmen.
Haben wir im 3. Chakra noch Probleme, dann fürchten wir uns bei Überaktivität vor diesem Kontrollverlust oder wir klammern uns - bei Unteraktivität - an diesen Wunsch.

Anadi gibt dem "Herzen" einen hohen Stellenwert. Das Herz ist sozusagen der Ort, wo sich Gott und Seele treffen. Das Herz ist der Ort, wo sich das Menschliche und das Göttliche treffen und begegnen. Da der Buddhismus die Existenz einer unsterblichen Seele verneint, und das, was transmigriert, lediglich als ein unpersönlicher, karmischer Impuls aufgefasst wird, hat er für diese starke innere Sehnsucht, die ich selbst verspüre, keine Erklärung. Ganz im Gegensatz beispielsweise zum Sufismus.

ja, ich finde es auch klarer, vom HERZEN zu sprechen - das Wort "Liebe" führt viele unterschiedliche Bedeutungen mit sich.
Wenn wir das Herz aktivieren und entfalten, dann können wir das 3. Chakra (Persönlichkeit) mit dem 7. Chakra verbinden. Und dies führ zu der von dir hier beschriebenen Verbindung von Gott, Seele (und Persönlichkeit).

Liebe Grüße,
E.
 
Lieber FCKW,

ich möchte noch einmal konkreter auf deinen Beitrag eingehen.

Die Praxis des Tonglen, wie sie im tib. Buddhismus betrieben wird (mit Visualisation von Licht usw.), fällt mir einfacher.

Visualisierungen finde ich zunächst auch einfacher und zugänglicher. Bei der Visualisierung entstehen auch durch die Visualisierung selbst bestimmte Gefühle.
Die Herz-Chakra-Arbeit vollzieht eine andere Bewegung: die "Liebe" - oder "Energie" - warm, vibrierend aus dem Herzen. Das geht meiner Erfahrung nach nicht so einfach. Ich musste täglich eine längere Zeit Yoga und Chakra-Meditation praktizieren, um dies zu entwickeln. Und wenn die Praxis aussetzt und sie nicht im Alltag integriert ist, dann vergeht dies auch wieder. Der Dialog mit dem inneren Kind ist eine andere sehr schöne Weise, das Herz zu öffnen - es ist hier auch hilfreich, wenn man zumindest ganz leichte Erfahrungen mit Herz-Chakra-Meditation erfahren hat.

Aber erstens steht das in einem logischen Widerspruch zur Anatta-Lehre. Da gibt es keine kohärente Lehrmeinung im Buddhismus, wie dieser Widerspruch zu lösen sei.
Ich verstehe Anatta als etwas, das auf Sein als Chiffre verweist.
Wenn man jedoch beginnt, es zu "zerlegen", dann können wir mE sagen, dass der Mensch aus den 5 Skandhas besteht: Körper, Empfindungen, Wahrnehmungen, Geistesformationen, Bewusstsein. Aus der Sicht von Vipassana geht es letztlich darum, die Geistesformationen (Sankharas) aufzulösen.
Nimmt man diese 5 Bausteine, dann kann man sagen, dass auf diese Grundlage im Bewusstsein die Illusion des Selbst konstruiert wird. (Man kann hier an das Selbstmodell von Metzinger denken: http://www.philosophie.uni-mainz.de/metzinger/publikationen/SMT2-PDF.pdf
Die Entwicklung von Herzensgüte kann man dann als eine Praxis beschreiben, die hilfreich ist, bestimmte Strukturen aufzulösen.

Liebende Güte zu kultivieren, weil ich ein netter Mensch sein will, das ist mir eine zu wenig starke Motivation. Ich benötige, wie im Christentum oder im Sufismus, Gott als Gegenüber, um Herzensgüte zu kultivieren.
also ich finde, dass ich "selbst" mit meinen Sankharas und Konditionierungen ausreiche, um mir gegenüber Herzensgüte zu empfinden. Wenn ich spüre, was mich verletzt hat und das aufkommen lasse, wenn ich mitfühle, wie ich andere verletzte habe oder mich selbst verletzt habe, dann reicht das erst einmal aus. Dadurch wird auch so etwas wie "Vergebung/Verzeihen" entwickelt. letztlich arbeite ich hierbei zunächst sowieso nur mit mir selbst - allerdings kann man mE sagen, dass mein energetischer Leib hierbei auch gleich unmittelbar EINS mit dem Dharmakaya ist. Es gibt in diesem Sinne keine Trennung von mir und anderen.
Für mich macht es auch Sinn, bei mir selbst anzufangen, da ich das Gefühl habe, dass ich/man anderen vor allem dann verzeihen kann, wenn man sich selbst verzeihen kann.

Liebe Grüße,
E.
 
meine gedanken dazu:

gerade wenn man die brahma viharas nicht 'versteht', sollte man sie üben :)
dazu gehört aber z.B. auch mitfreude. sollte man genau so wenig vernachlässigen, und ist auch nochmal ein völlig anderer aspekt.

ich finde auch nicht, das anatta und metta nicht kompatibel wären. ganz im gegenteil. die unermesslichen verweilzustände heißen deshalb unermesslich, weil sie die trennung zwischen "ich" und "du" auflösen. dadurch entsteht ein "unermesslicher" raum mit der erkenntnis, dass wir nicht getrennt sind. metta ist durchaus ein aspekt oder ergebnis von anatta realisation. ich denke nicht, dass man das beides wirklich trennen kann.
und wenn man es technischer betrachtet, ist metta eine gute mediation um die versenkungen zu gelangen - denn ein glücklicher geist ist ein ruhiger geist und ein ruhiger geist ist ein glücklicher geist.


und nochmal ontopic: selbstliebe ist auch das erkennen von unheilvollen taten und einflüssen und die vermeidung dieser - sprich ethik entwicklung. hier geht also die praxis zurück zur ethik und dem alltag. je mettiger (^^) man wird, desto eher hat man auch den entschluss sich jetzt nicht selber zu schädigen. (und wenn es auch nur ein unnötiger negativer gedanke gerade ist)

ich muss auch mal wieder mehr mettan. :D
 
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Hallo Energeia,

nur ein kleiner Gedanke dazu

Indem Du Deinen positiven Weg gehst, zeigst Du Liebe, Güte und Mitgefühl anderen gegenüber. Du wandelst Dich und dieses fällt in karmischen Sinne positv auf Dich zurück, also liebst Du Dich selbst.

Ist die Liebe (Selbstliebe, Liebe) groß genug, breitet sich die Strahlung aus. Das "Selbst" löst sich auf , es wird losgelassen, weil das Herz diese Krücke (Selbst) einfach nicht mehr braucht. Es "wird" anatta.

Friede und Liebe auf Deinem Weg!
 
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