Schuldzuweisung ist aber gar nicht esoterisch, spirituell oder gar psychologisch. Deine Mutter wusste nicht anders, was weißt du schon von Ihrer Kindheit. Hier sind auch viele, die nicht anders wissen.
Liebe Renate,
da wurstelt sich jemand gerade mühsam aus dem lähmenden Sog einer belastenden Mutter und dann legst du die Messlatte an?
Es ist sowas von Sche**egal, ob ein Entwicklungsweg zunächst e-s-p-kompatibel ist!
Kinder (auch erwachsene, sich eben aus ihrer Eltern-Idealisierung und -Rettung lösende) von schwierigen Eltern brauchen unbedingt eine (Durchgangs-)Phase der, notfalls aggressiven und verurteilenden Abgrenzung.
Ich kann's leiden wie eine "Gosch voll Reissnägel", wenn einer anfängt, über seinen Zustand zu berichten und auch zurück zu verfolgen, wo das herkommt, und ein anderer fühlt sich prompt bemüßigt, das Thema zu wechseln und seinen Fokus auf dessen Eltern zu richten. Womöglich noch mit der moralisierenden Aufforderung, lieber diese, als sich selbst zu verstehen.
Relativieren ist da nicht angesagt!
Wer auf seinem Verarbeitungsweg die Phase der Wut und Beschuldigung wirklich durchläuft, wird dann selbstverständlich weiter gehen. Und wenn es ihm dann immer besser geht, weil er sich aus alten Mustern und einem erworbenen falsch-negativen Selbstbild lösen konnte, der wird ganz natürlich auch Verständnis entwickeln für die Grenzen anderer.
Ich kann das sehr nachempfinden, weil ich selbst eine solche Frau kenne.)
Ich bin nicht sicher, ob du da nicht eher projizierst.
Jetzt kommt es darauf an, zu verzeihen. d.h. nicht, dass du ihr die Landschaft für weitere Angriffe bietest, sondern einfach Verstehen und im Herzen Verzeihen.)
Diese Empfehlung ist doch arg an der Beziehung zur Mutter ausgerichtet, statt an Phoenix's Beziehung zu sich selbst und damit eher kontraproduktiv. Und mit der Idee, man müsse zuerst anderen verzeihen und sie verstehen, um selbst zu heilen und zu wachsen, brichst du meines Erachtens einen Aufbruch ab.
Stecken nicht alle Kinder schwieriger Eltern in dieser schrecklichen emotionalen Zwickmühle, einem blockierenden Dilemma zwischen ihren eigenen Bedürfnissen und einer erlernten, vielleicht oftmals eingeforderten oder zum Überleben notwendigen Zuständigkeit für die Bedürfnisse ihrer Eltern?
Ist nicht genau das auch ein Ausgangspunkt für Handlungsunfähigkeit, Ratlosigkeit und Resignation?
Ich meine, Bewegung kommt vor Richtung - Aufbruch vor Plan und vor allem Versuch vor Irrtum. Etwas richtig machen zu wollen ist an sich schon ein depressives Ansinnen.
Ich sehe in Äußerungen vom Typ "mir ging es als Kind nicht gut mit meinen Eltern" einen ersten mutigen Versuch, das Leben und das Glück selbst in die Hand zu nehmen und mit einem sicher jedem Kind geläufigen Tabu zu brechen, die Eltern zu sehen, wie sie waren.
Aus meiner Sicht ist das eine der Lebendigkeit und der Veränderung aus eigener Kraft zugewandte Haltung, die sich hoffentlich nicht durch Einwände wie den deinen entmutigen lässe.
Deine Mutter wusste nicht anders, was weißt du schon von Ihrer Kindheit.
Das ist ein Giftsatz.
Und diese Feststellung:
Hier sind auch viele, die nicht anders wissen.
schließt wohl jeden mit ein, vielleicht gerade diejenigen, die von sich glauben, sie wüssten...
Beste Grüße,
Eva