Alia schrieb:
Dieses "nicht Erkennen",- nicht Annehmen nennt man auch "der Dunkle Fleck", der in jedem von uns verborgen ist.
der "blinde fleck" stammt aus der gruppendynamik und wurde von joseph luft und harry ingham geprägt - mit dem "
johari-fenster" . es geht dabei um jenen bereich der wahrnehmung, in denen anderen etwas von uns bekannt ist, uns selbst aber nicht. etwa "dein hosenstall ist offen!" - um mal ein konstruktives beispiel zu nehmen. mit diesem blinden fleck lässt sich in der regel gut arbeiten, solange das interesse an selbsterfahrung auf der einen seite auf die bereitschaft zur angemessenen information auf der anderen seite trifft. angemessen heißt unter anderem auch, auf wertungen zu verzichten und sich so weit wie möglich von projektionen der eigenen themen frei zu machen (was ich für eine permanente herausforderung für berater/innen halte, da bereits die selektion der wahrnehmung über projektive sensibilitäten läuft). trotzdem kann widerstand entstehen - wenn einer z.b. einen mars an spitze 7 hat, weiß ich nicht von vornherein, ob der eher zur aggression neigt oder ein besonders verletzlicher ist, der dazu tendiert, jede information erst mal als nadelstich zu betrachten, vor dem er sich schützen muss.
de shazer hat da die methode des lösungsorientierten interviews geprägt: der berater ist nicht in der rolle, dem klienten einfach auf den kopf zuzusagen, was "sache ist", sondern er öffnet durch konsequent lösungsorientierte fragen die bereitschaft des klienten, etwas als seine eigene erkenntnis anzunehmen. im mars-spitze7-beispiel könnte die einstiegsfrage zum beispiel lauten: "wie gehen sie mit informationen um, die ihnen jemand über ihre persönlichkeit geben möchte?" ... statt: "bei ihnen ist vermutlich die begegnung mit infos über ihren charakter an aggression gekoppelt!"
Alia schrieb:
So erkenne ich es in meinem Sohn, der meinen Bruder, der in seinem Oppo-Zeichen geboren ist,- NICHT versteht, über ihn "wettert" und gar nicht begreifen kann, warum Er- mein Bruder - soooo ist. Wenn es jemanden gibt, den er - mein Sohn - überhaupt nicht verstehen kann, dann ist es mein Bruder...- und das lustige daran ist, das er sich seeehr viel Mühe macht,- nicht so zu sein, wie sein Gegenüber...
ja, das ist ein aus der systemik bekannter prozess. wenn z.b. mütter ihren söhnen vermitteln "so wie dein vater, das schwein, darfst du nie werden!", dann ist das fast schon eine garantie, dass der sohn so einer wird wie der vater - und zwar nicht, wie der vater ist, sondern wie ihn die mutter in ihn hineinprojiziert. und umgekehrt, es funktioniert auch mit söhnen und töchtern oder vätern und söhnen und müttern und töchtern... am beispiel deines sohnes, alia, zeigt sich, dass wir sehr dazu neigen, persönlichkeitsanteile, die wir in uns selbst nicht bearbeiten können, nach außen auf andere zu projizieren. da schließt sich wieder der kreis zum blinden fleck: sobald ich etwas, das ich in mir nicht erkenne, an einem anderen wahrnehmen kann, bin ich es sozusagen los und kann es bearbeiten - in der regel bekämpfen -, ohne dass es mich selber berührt. ich benutze den anderen als spiegel, verzichte aber auf die chance, das spiegelbild als quelle von selbsterkenntnis zu nutzen. und je heftiger ich das betreibe, desto intensiver bemühe ich mich, nicht so zu werden wie der andere ... die peinliche wirklichkeit: ich bin es selber, den ich da bekämpfe. der andere ist nur projektionsfläche. das "nicht so werden wie du!" kann mir viel sagen, wer ich schon bin. wenn ich selber in den spiegel halte. wenn mir jemand einfach demonstrativ "den spiegel vorhält", hilft das selten. und das würde wohl auch nur jemand tun, der selbst eine erhebliche spiegel-problematik hat. aber wie gesagt: mehr oder weniger haben wir die alle, wir haben ja auch alle einen dritten quadranten.
in der astrologie kommt das ja auch sehr schön in der polarität der achsen zum ausdruck. wir neigen dazu, jeweils den gegenpol einer konstellation zu projizieren, zu spiegeln ... und stehen vor der herausforderung, ihn zu integrieren.
wenn ein berater den schwerpunkt seiner aufmerksamkeit ganz besonders auf die reibungszonen des widerstands richtet wie schäfer, dann sagt das sicher über den berater sehr viel mehr aus als über den klienten...
alles liebe, jake