Gregor Gysi - Stasi-IM?

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Condemn

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Möglicherweise folgt schon bald der nächste Polit-Skandal, der allerdings deutlich ernster wäre als plagiierte Doktorarbeiten oder Wulffs "zu Gast bei Freunden-Aktionen".

Gysi wird schon lange nachgesagt, er habe zu DDR-Zeiten für die Stasi gearbeitet. Bisher hat er sich gegen diese Vorwürfe immer juristisch gewehrt. Aber jetzt wurde seine Immunität aufgehoben:

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Gregor Gysi

Der Fraktionschef der Linken hat seine parlamentarische Immunität verloren. Gysi soll eine falsche eidesstattliche Versicherung über seine Gespräche mit dem DDR-Geheimdienst abgegeben haben.


(...)

Hintergrund der Ermittlungen sind unter anderem Recherchen, die die "Welt am Sonntag" Anfang April 2012 veröffentlicht hatte. In dem Beitrag ging es darum, dass Gysi in einer presserechtlichen Auseinandersetzung falsche Angaben gemacht haben könnte. Anlass dafür war die Darstellung des Politikers, er habe zu DDR-Zeiten dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) niemals Informationen über Personen geliefert.

(...)

Inzwischen genießt der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linkspartei keine Immunität mehr. Wie diese Zeitung aus Parlamentskreisen erfahren hat, befasste sich der Immunitätsausschuss in seiner Sitzung am 31. Januar mit dem Fall und erhob keine Einwände gegen das Verfahren der Staatsanwaltschaft. Nach Paragraf 156 des Strafgesetzbuches wird die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet.

(...)

Gregor Gysi hatte sich im Januar 2011 gegen die Ausstrahlung einer NDR-Dokumentation gewehrt, in der auch seine mutmaßlichen Kontakte zur DDR-Staatssicherheit thematisiert wurden. In diesem Rechtsstreit hatte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, derzufolge er "zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet" habe.

Auf Antrag der "Welt am Sonntag" hatte die Stasi-Unterlagen-Behörde ein Jahr später dann einen dreiseitigen Vermerk des MfS freigegeben, demzufolge Gysi am 16. Februar 1989 zwei Stasi-Offizieren umfassend über ein Interview berichtet haben soll, das er am Tag zuvor in Ost-Berlin mit den "Spiegel"-Journalisten Ulrich Schwarz und Axel Jeschke geführt hatte.

Die West-Korrespondenten hatten mit dem damaligen Vorsitzenden des Kollegiums der Rechtsanwälte in der DDR ein Gespräch über juristische, aber auch allgemeinpolitische Fragen geführt. Der "Spiegel" druckte es am 13. März 1989.

(....)

Seit rund zwei Jahrzehnten wird spekuliert, ob sich der Rechtsanwalt hinter den beiden Decknamen IM "Gregor" und IM "Notar" verbirgt, unter denen das MfS zahlreiche brisante und vertrauliche Informationen über Gysis Mandanten registrierte. Bisher konnte sich der Politiker, dessen Vater bereits wichtige Funktionen im SED-Staat eingenommen hatte, stets mit juristischen Mitteln gegen diesen Verdacht wehren. Geholfen hat ihm dabei, dass Gerichte die Beweiskraft von Stasiunterlagen wiederholt niedrig eingeschätzt haben.

1998 beschäftigte sich der Immunitätsausschuss des Bundestages schon einmal mit den Stasi-Vorwürfen gegen Gysi. Im Bericht heißt es, der erste Ausschuss habe mit der "vorgesehenen Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder eine inoffizielle Tätigkeit des Abgeordneten Dr. Gregor Gysi für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik als erwiesen festgestellt".

Gysi wehrte sich gegen diese Feststellung mit einer eigenen Stellungnahme. Darin steht unter anderem, die Untersuchung sei "von Beginn bis zum Ende" ein "politisches Verfahren" gewesen, "in dem die Mitglieder des Ausschusses die eigenen Richtlinien und Absprachen permanent verletzten".

(...)

http://www.welt.de/politik/deutschl...anwaltschaft-ermittelt-gegen-Gregor-Gysi.html



Das hier ist die Doku um die es da u.a. geht (ist sehr interessant):



Ich finde Gysi eigentlich ganz sympathisch und im Bundestag hält er oft sehr gute Reden. Die Vorwürfe sind auch nicht neu, aber jetzt wird es wohl noch mal eine Spur ernster. Unterm Strich sind das harte Vorwürfe und wenn sie wirklich wahr sind wäre Strafe m.A.n. angebracht.
 
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Ich finde Gysi eigentlich ganz sympathisch und im Bundestag hält er oft sehr gute Reden. Die Vorwürfe sind auch nicht neu, aber jetzt wird es wohl noch mal eine Spur ernster. Unterm Strich sind das harte Vorwürfe und wenn sie wirklich wahr sind wäre Strafe m.A.n. angebracht.
mir ist er auch sympathisch. Ein kluger Mann, Politiker.

zu den Stasi- Vorwürfen kann ich selber nichts sagen, bin nicht in der DDR großgeworden, hatte nie Kontakt dorthin, keine Verwandte, nichts.
und deshalb ist es wohl besser, nichts zu sagen. Das kann wohl keiner, der nicht mit dem System zu tun hatte, darin gelebt hatte.

aber was ich mir wünsche, wenn schon jemand, ein Einzelner zu Fall gebracht wird möglicherweiser, daß die Vergangenhait für ALLE aufgedeckt wird, nicht nur für einen:)
 
mir ist er auch sympathisch. Ein kluger Mann, Politiker.

zu den Stasi- Vorwürfen kann ich selber nichts sagen, bin nicht in der DDR großgeworden, hatte nie Kontakt dorthin, keine Verwandte, nichts.
und deshalb ist es wohl besser, nichts zu sagen. Das kann wohl keiner, der nicht mit dem System zu tun hatte, darin gelebt hatte.

aber was ich mir wünsche, wenn schon jemand, ein Einzelner zu Fall gebracht wird möglicherweiser, daß die Vergangenhait für ALLE aufgedeckt wird, nicht nur für einen:)

Es wurden ja schon sehr viele zur Rechenschaft gezogen (gab ja hunderttausende). Stasi-Spitzel waren ja oft auch ganz normale Menschen, Privatpersonen. Aber Gysi ist natürlich eine andere Liga.

Letztlich ist das ein sehr schweres Thema, da nicht jeder IM den "Job" freiwillig machte. Bei Gysi ist alles sehr unklar. Es kann sein, dass er da ziemlich zwischen den Welten wandelte. Einerseits sehr gute Kontakte zur Führung, andererseits möglicherweise durchaus kritisch eingestellt. Ich glaube, das er vor allem Opportunist war und noch immer ist.

Aber... das Thema ist sehr spekulativ. Das er die Kontakte hatte ist m.A.n. so gut wie bewiesen. Wie Regimetreu er war ist da die interessantere Frage aber wohl schwer zu beantworten.
 
Habe nur die ersten Minuten geschaut, dauert jetzt definitiv zu lang. Sich innerhalb eines derartig diktatorischen Systems außerhalb davon zu bewegen, stelle ich mir sehr, sehr schwierig vor. Man wird also Wege des sich durch larvierens finden müssen. Das kann so ausfallen oder so ausfallen. Ob er Opportunist ist?

Ich kann das nicht beurteilen, weß nur, daß ich pro Gysi bin. Zum jetzigen Zeitpunkt.
 
Habe nur die ersten Minuten geschaut, dauert jetzt definitiv zu lang. Sich innerhalb eines derartig diktatorischen Systems außerhalb davon zu bewegen, stelle ich mir sehr, sehr schwierig vor. Man wird also Wege des sich durch larvierens finden müssen. Das kann so ausfallen oder so ausfallen. Ob er Opportunist ist?

Ich kann das nicht beurteilen, weß nur, daß ich pro Gysi bin. Zum jetzigen Zeitpunkt.

Was seine Politik betrifft, bzw. die Reden die er hält (was einer sonst so alles will und tut weiß man ja bei niemandem so wirklich) finde ich ihn auch gut.

Aber ich hab schon viel über seine Rolle in der DDR gelesen und die Doku kenne ich auch schon länger. Und demnach hat er definitiv keine gute Rolle gespielt. Sein Job war es, und das ist im Grunde bewiesen (das auszuführen würde zu lange dauern), Anwalt für Regimekritiker zu sein. Sein Job war es aber vor allem Einfluss im Sinne der DDR-Führung auf seine Mandanten zu nehmen und Bericht zu erstatten. Unterm Strich also kein wirklicher Anwalt, sondern eher eine Art "Geheimagent".
 
Es wurden ja schon sehr viele zur Rechenschaft gezogen (gab ja hunderttausende). Stasi-Spitzel waren ja oft auch ganz normale Menschen, Privatpersonen. Aber Gysi ist natürlich eine andere Liga.

Letztlich ist das ein sehr schweres Thema, da nicht jeder IM den "Job" freiwillig machte. Bei Gysi ist alles sehr unklar. Es kann sein, dass er da ziemlich zwischen den Welten wandelte. Einerseits sehr gute Kontakte zur Führung, andererseits möglicherweise durchaus kritisch eingestellt. Ich glaube, das er vor allem Opportunist war und noch immer ist.

Aber... das Thema ist sehr spekulativ. Das er die Kontakte hatte ist m.A.n. so gut wie bewiesen. Wie Regimetreu er war ist da die interessantere Frage aber wohl schwer zu beantworten.

Mein Eindruck von ihm ist der eines Anwalts, der mit allen Wassern gewaschen ist (soll ja bei Anwälten vorkommen :D).

Darum konnte er sich wahrscheinlich hüben wie drüben durchlavieren, wie es Jave bezeichnet hat.
Zumindest bis dato.

Ich möchte das aber in keiner Weise negativ bewerten, weil ich nicht in diesem System leben musste.
Als Außenstehender tut man sich da immer sehr leicht mit dem Be- und Verurteilen.

Wir Österreicher haben/hatten ja auch große Schwierigkeiten mit der Aufarbeitung unserer Vergangenheit.

Weder waren wir alle Nazis noch waren wir alle unwissend und nicht dabei....aber zwischen diesen beiden Polen gab es unendlich viele Nuancen und persönliche Lebenssituationen, die wir, die wir diese Zeit nicht miterleben mussten, nur sehr schwer beurteilen können im Rückblick.

lg Sunny
 
Mein Eindruck von ihm ist der eines Anwalts, der mit allen Wassern gewaschen ist (soll ja bei Anwälten vorkommen :D).

Darum konnte er sich wahrscheinlich hüben wie drüben durchlavieren, wie es Jave bezeichnet hat.
Zumindest bis dato.

Ich möchte das aber in keiner Weise negativ bewerten, weil ich nicht in diesem System leben musste.
Als Außenstehender tut man sich da immer sehr leicht mit dem Be- und Verurteilen.

Wir Österreicher haben/hatten ja auch große Schwierigkeiten mit der Aufarbeitung unserer Vergangenheit.

Weder waren wir alle Nazis noch waren wir alle unwissend und nicht dabei....aber zwischen diesen beiden Polen gab es unendlich viele Nuancen und persönliche Lebenssituationen, die wir, die wir diese Zeit nicht miterleben mussten, nur sehr schwer beurteilen können im Rückblick.

lg Sunny

Ich sehe das letztlich nicht anders. Gysi wurde ja komplett in dem System groß, sein Vater war DDR-Minister. Er stand dem ganzen Apparat also von Geburt an nahe könnte man sagen und hat das alles für sich selbst und seine Karriere genutzt.

Das Problem dabei bleibt aber: Er hat Mandanten verraten. Das ist eine Entscheidung gewesen und möglicherweise bringt das jetzt Konsequenzen.
 
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Ich lebte im System des Warschauer Paktes - Gysi tät mich mit seinem rhetorischen Charme so auf den ersten Blick einwickeln können, ein begnadeter Plauderer :rolleyes:,

Seine Position in der DDR: er ist in diese Hierarchie hineingeboren, hätte nur per Flucht sich ihr entziehen können. Im Grunde genommen hatte er keine Entscheidung. IM - ich weiß nicht, ob es Unterschiede zwischen Polen und DDR gegeben hat - in Polen gäbe es keinen IM Gregor, weil er in seiner Position, mit seiner Familie im Hintergrund, dies nicht nötig gehabt hätte, es war nicht üblich, daß Mitglieder der kommunistischen Oberschicht einen offiziellen Informantendienstvertrag hatten, deshalb scheinen sie in den Listen kaum auf. Kollaboranten waren entweder Menschen, die ihre Lebenssituation verbessern wollten, oder die keine Wahl hatten: die nur zwischen Pest und Cholera sich entscheiden konnten, dh. zwischen Haft verbunden mit vielen Schwierigkeiten für die Familienangehörigen und Spitzeldiensten.

Verrat an den Mandanten: jawohl, aber aus der Sicht des demokratischen Rechtssystems. In der DDR war Gysi der Staatsräson verpflichtet, ganz selbstverständlich als Verteidiger von sogenannten Staatsverrätern. Ich sehe es unter dem Vergleich: Agent und Spitzel. Agent - National-Held, Spitzel Staats-Verräter. Blickwinkelsicht also.
 
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