Graffiti oder Vandalismus?

Hi 2 u, Pieps.

Darum sind es in meiner Prüfung in 6 Wochen auch gleich vier anwesende Professoren, damit einer das persönliche Empfinden vom anderen beschwichtigen kann und man sich gemeinsam zu einer neutralen Bewertung hin-objektiviert.
Siehst, so in der Art versucht man eben, Objektivität zu erzeugen. Nicht als demokratische Abstimmung, wohlverstanden, sondern als Expertendiskussion mit Konsens-Zwang.

"Versuch". "Versuch" ist doch keine Kunst. Kunst kommt von Können, sagst du doch dauernd.
Du zitierst mich verschoben oder hast mich nicht verstanden: Meine Aussage war, dass was ich nicht verstehe oder goutiere, als Versuch betrachte. Mehr als Versuch kanns für mich ja nicht sein, sonst verstünde oder goutierte ich ja, was mir begegnet. Angekommen?

"Versuch"... das übersetze ich mit dem längeren Schweigen mit zusammengekniffenen Augen, wenn der Prof. ein Werk betrachtet.
Wenn der Professor ein guter ist, dann wird das auch stimmen: der kneift die Augen zu und versucht das ihm Gebotene abseits seiner Präferenzen zu werten. Das ist eine gewaltige intellektuelle Anstrengung, da darf man die Augen schon mal zukneifen :)

Da kratzt das Wort "Versuch" wie ein Fingernagel auf einer Tafelwand.
Nur, wenn man Angst vor dem Unperfekten hat -- alles, was getan wird, ist ein Versuch, etwas zu erreichen. Ob der Versuch irgendwann wirkt, bleibt im Moment des Entstehens völlig offen.

Weshalb sollte ich dann als Betrachter eines Bildes nicht mein persönliches Empfinden dabei zum Gegenstand oder, besser formuliert, als Maßstab für den "Kunstgehalt" in einem Bild machen?
Weil dein persönliches Empfinden deines ist und dein Urteil jedoch objektiv wirken würde. Ich würde mir nicht anmaßen, den Kunstgehalt eines Werkes zu beurteilen, aber ich erlaube mir unverblümt zu gestehen, wenn ich mit etwas nix anfangen kann…

Aus deinen Ausführungen bekomme ich fast den Eindruck, dass du nicht zwischen handwerklichem Anspruch und - tja, wie nenne ich es? - "seelisch/emotionalen" Anspruch und Kreativität abwägst, sondern pauschal eine "Werkhöhe" voran setzt. Oder du persönlich findest handwerkliches Geschick geil - sorry - und betrachtest den "Versuch" zum "seelischen/etc. Anspruch" als etwas, was du auch anerkennen würdest, aber nicht geil findest. So ganz steige ich da bei dir nicht durch.
:) Bislang habe ich auch noch keine Zeile über meine Sicht der Dinge geschrieben, sondern der Diskussion: "Was ist Kunst?" (oder was ist sie nicht) ein paar einigermaßen gesicherte Annahmen der h.M. beigefügt.

Als Summarium kann ich für mich sagen, dass es mir wurscht ist, ob ich Kunst, Kitsch oder Sch* gegenüberstehe, solange mir das, was ich zu sehen bekomme, gefällt (was nix mit "schön finden" zu tun hat). Aber das ist meine subjektive Sicht der Geschichte, an der ich niemals die Existenz eines Künstlers festmachen wollte…
 
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Hai, Bluebody.

Entschuldigung, daß ich so unbedarft geantwortet habe...
Ist entschuldigt… :D

Davon abgesehen kann jeder Laie und jede Tante Emma festellen, ob es sich bei einem Graffiti um Geschmiere oder um zumindestens eine Art Kunstwerk handelt…
Wohl eher nicht, sorry. Das "gesunde Volksempfinden" hat mit Kunst wenig am Hut, da liegt Kitsch näher -- wie schon Pieps anmerkt, gibt es in der Kunst mehrere Parameter der Wertung, und nur weil die handwerkliche Komponente (wie bei Ruiz) hervorragend ist, muss es sich noch lange nicht um Kunst handeln. Es gibt viele hervorragende Grafiker, die Ruiz an die Wand malen, und doch würden sie sich nicht als Künstler bezeichnen…

Wenn sich aber Kunst nicht am Handwerk (->Kunsthandwerk) orientiert, woran denn? An der Aussage, so lautet der Konsens. Also wird zur Kunst, was eine gewisse Aussage trifft. Und dann wird ein Strichmännchen in Öl von Miró genauso Kunst wie ein Graffiti, von wem auch immer. Es geht nicht darum, dass etwas wie Kunst "aussieht", sondern dass es sich im gegebenen Kontext wie Kunst anfühlt. Graffiti, so man hier Kunst (und nicht einfach eine Gegenwarts-Strömung sehen) will, definiert sich nicht durch besonders gelungene Grafiken, sondern deren Interaktion mit der Umgebung.

Graffiti auf freigegebenen Autobahnwänden (da, wo es eh keiner sieht :)) ist am Thema vorbei, das ist dann einfach Betonmalerei und fertig.

Es ist eine Frechheit, wie Du andere abqualifizierst!
Ich freue mich, von dir missverstanden zu werden.

Paß nur auf, daß Du nicht erstickst an Deiner Arroganz!
Das ist mir die letzten Jahrzehnte ganz gut gelungen, ich danke trotzdem für deine wohlmeinende Warnung.
 
Du zitierst mich verschoben oder hast mich nicht verstanden: Meine Aussage war, dass was ich nicht verstehe oder goutiere, als Versuch betrachte. Mehr als Versuch kanns für mich ja nicht sein, sonst verstünde oder goutierte ich ja, was mir begegnet. Angekommen?

Ist jetzt angekommen, ja. :)

Wenn der Professor ein guter ist, dann wird das auch stimmen: der kneift die Augen zu und versucht das ihm Gebotene abseits seiner Präferenzen zu werten. Das ist eine gewaltige intellektuelle Anstrengung, da darf man die Augen schon mal zukneifen :)

Achso, das ist also kein Zeichen des Missfallens... gut zu wissen. :D
Ich bin ein Angsthase. Es ist ein guter Prof. Und so schlimm war seine Kritik gar nicht. "Da geht noch einiges mehr - größeres Format und zukünftig genauer hinschauen!" :clown::)

Weil dein persönliches Empfinden deines ist und dein Urteil jedoch objektiv wirken würde. Ich würde mir nicht anmaßen, den Kunstgehalt eines Werkes zu beurteilen, aber ich erlaube mir unverblümt zu gestehen, wenn ich mit etwas nix anfangen kann…

Achso. Naja, anhand meiner eigenen Arbeit gebe ich ja eine Referenz für mein Urteil. Wenn ich dieses Urteil denn verlautbare d.h. wenn eine Chance besteht, dass es auf offene Ohren trifft.

Als Summarium kann ich für mich sagen, dass es mir wurscht ist, ob ich Kunst, Kitsch oder Sch* gegenüberstehe, solange mir das, was ich zu sehen bekomme, gefällt (was nix mit "schön finden" zu tun hat).

Wie meinst du denn "schön finden"? Ein klassisches, schönes Motiv? (Blumen, Frauen, Katzen etc. pp) Und gefallen?
Beispiel: Den im Eingangsposting verlinkten Künstler bzw. dessen Werk würde dir gefallen, aber Graffiti an sich findest du nicht schön?

:)
 
Habe nichts gegen Graffiti, auch nichts gegen verbotenes (solange es nicht auf Autos oder Privathäuser gesprüht wird, denn das würde ich selbst wohl auch nicht lustig finden - meine Güte, bin ich spießig geworden :D . Leute anzumalen, hi2u, hat aber was. *ggg. Fände ich "sinnvoller", um auf sich aufmerksam zu machen, als Hunde verhungern zu lassen während einer Ausstellung, oder Tierföten zu essen).

Gab hier mal jemanden, der hat sich einen bestimmten "Namen" zugelegt und diesen an alle möglichen Wände gesprüht. Nun, das ist zwar keine Kunst, ich fand es dennoch witzig (ja, gestehe ich mal). Oder die Kunst bestand darin, unentdeckt was an Wände zu sprühen, an die man eigentlich gar nicht gelangen kann (teilweise Hausdächer). Ich nehme an, jene Person hat eine fette Polizeiakte.

Ansonsten: es hat einfach was, mit der Bahn oder dem Zug zu fahren, und Bilder an gewissen Wänden zu sehen. Die können schön und kitschig sein, aber auch provozierend und nachdenklich.

Und letztendlich hätte ich eigentlich auch mal Lust, einfach eine Wand zu besprühen. Schön wär das Ergebnis vielleicht nicht, aber es kann ja wieder jemand mit was anderem überdecken.

Kaji


Wie sieht es mit Plakatkunst aus? D.h. Plakate an die Wände kleben? Wie würdet ihr sowas finden?
 
Schrödingers Katze;1870207 schrieb:
Grandios!!!! ... Grafitti gehören einfach zu Subkultur, zur Kultur im allgemeinen auch. :)



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Und letztendlich hätte ich eigentlich auch mal Lust, einfach eine Wand zu besprühen. Schön wär das Ergebnis vielleicht nicht, aber es kann ja wieder jemand mit was anderem überdecken.

In vielen Städten gibt's ja freie Wände... :) mach doch mal :D
Für mich ist das nix, nach jedem Mal, als ich mit Kollegen mit gegangen bin, kam ich hustend wieder nach hause. Ist ja ähnlich wie mit einer Airbrush Pistole; am besten mit Mund- und Nasenschutz. Aber wobei - wenn man auf legale Wände verzichten will, braucht man wohl eh irgendeinen Schutz im Gesicht :clown:

Wie sieht es mit Plakatkunst aus? D.h. Plakate an die Wände kleben? Wie würdet ihr sowas finden?

Find ich extrem gut. :) Vor allem, wenn welche teilweise abgerissen sind und mit den unteren Collagen bilden.
 
Hi 2 u, Pieps.

Ist jetzt angekommen, ja. :)
Was mich doch beruhigt…

Ich bin ein Angsthase. Es ist ein guter Prof.
Tja, wenn man als Kreativer gut sein will, muss man die Hose bis unter die Kniekehle lassen -- und dann ist auch der leiseste Stirnrunzler schon ein Anschlag auf das Selbstwertgefühl. Das liegt in der Natur der Sache, da muss man durch und sich von seiner Sache in die Objektivität verabschieden. Kindsweglegung, sozusagen, aber unentbehrlich, will man nicht als Kauz enden…

Achso. Naja, anhand meiner eigenen Arbeit gebe ich ja eine Referenz für mein Urteil. Wenn ich dieses Urteil denn verlautbare d.h. wenn eine Chance besteht, dass es auf offene Ohren trifft.
Da setzt du aber voraus, dass dein Gegenüber also auch dein Werk kennt und (leichtsinnigerweise) meint, dein Können würde direkt mit deinem Überblick korrelieren…*Gerade Letzteres ist meist nicht gegeben -- richtig gute Künstler haben von nix als sich eine Ahnung. Wer anfängt, über Dritte zu reflektieren, hat schon verloren. Das geht bei der Teepause, aber nicht in der Arbeit…*und oft ist die Arbeit außerhalb des Entstehungskontexts präsentiert, erlaubt also gar keinen Rückschluss auf die unterliegende Denkwelt, sondern reflektiert nur, was der Kurator empfand, als er das Bild hängte… Das mit der bildenden Kunst ist schwierig -- die Bedeutung ändert sich mit dem Kontext und sogar eine Mona Lisa ist heute etwas völlig anderes als vor ein paar hundert Jahren…

Wie meinst du denn "schön finden"? Ein klassisches, schönes Motiv? (Blumen, Frauen, Katzen etc. pp) Und gefallen?
Beispiel: Den im Eingangsposting verlinkten Künstler bzw. dessen Werk würde dir gefallen, aber Graffiti an sich findest du nicht schön?
"Schön" gehört nicht im engeren Sinn zu meinem Sprachschatz, wenn ich zur Kritik schreite -- Schönheit liegt im Auge des Betrachters und ist daher viel zu subjektiv, kontext- und stimmungsbezogen, als dass ich mich auf "schön" einließe. Gefallen kann mir, was ich als authentisch erspüre -- das kann zwar auch falsch erspürt sein, aber wurscht, das Gefühl bleibt. Da war z.B. diese "Menschenwelten" Ausstellung und mir haben diese plastifizierten Leichen gefallen. Schön waren sie wohl nicht zu nennen…

Deine Unterstellung im Beispiel braucht einen weiteren Rundumschlag:

Graffiti sind nur dann interessant, wenn sie sich als Zeichen verstehen. Graffiti richten sich also zuerst als Zeichen an den Betrachter, um später als Zeichen selbst zum Objekt neuer Zeichen (= Graffiti) zu werden. Ein Graffiti ist nur so lange ein Graffiti, als es in freier Wildbahn den Unbilden der Witterung und anderer Sprayer ausgesetzt ist -- so gesehen ist ein Graffiti ein Stück urbane Kultur, ein hinterlassenes Zeichen, das keinen Anspruch auf ewiges Leben erhebt. Wer Graffiti abträgt und in ein Museum verfrachtet, hat es nicht kapiert und sollte seinen Kuratorposten baldigst freigeben… Das wäre, als würde man ein Herz mitten im Schlag anhalten und ausstellen und meinen, man könnte damit dem herz auch nur irgendwie gerecht werden (du hast den Schlenker zu den "Menschenbildern" mitgekriegt :))

Damit wären wir beim Inhalt von Graffiti: es ist zuerst völlig wurscht, was gezeigt oder ausgesagt wird. Das, was Ruiz macht, ist mir schon zu glatt und etabliert, um als Graffiti des reinen Wassers durchzugehen -- Ruiz macht Wandmalerei und mir fehlt der Kontext, um die Botschaften zu verstehen. Was ich bei spanischen Kreativen eigentlich fast immer zum Problem habe -- die Leutz haben eine andere Denke, die wurschteln und spielen gern, aber sehr selten traf ich überlegt und planvoll angegangene Kunstwerke an. Was nicht heißt, das Dalí, Picasso, Miró, Gaudi, etc. keine Kunst gemacht hätten, denn mit denen habe ich mich ja nicht unterhalten, die waren schon tot, als ich in Spanien studiert habe :)

Also darf ich das Beispiel mit einem klaren teils-teils beantworten :) Nicht alles, was irgendwer macht, findet auch meine Zustimmung, und nicht alles, was einen Titel trägt, lehne ich zu 100% ab. Oder umgekehrt. Mir gefällt Graffiti, wenn ich spüre, dass es dem Künstler ein Anliegen war, oder ein tiefer Ausdruck von etwas eigenem war, und es wird noch besser, wenn weitere Sprayer ihre Spuren drübergelegt haben. Da habe ich in Bilbao ein paar hundert Meter Mauer fotografiert, mal graben, wo diese Bilder sind… Nachteil analoger Negativstreifen…

Tja, das wäre es in Kürze für diesmal :)
 
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In vielen Städten gibt's ja freie Wände... :) mach doch mal :D
Für mich ist das nix, nach jedem Mal, als ich mit Kollegen mit gegangen bin, kam ich hustend wieder nach hause. Ist ja ähnlich wie mit einer Airbrush Pistole; am besten mit Mund- und Nasenschutz. Aber wobei - wenn man auf legale Wände verzichten will, braucht man wohl eh irgendeinen Schutz im Gesicht :clown:

Stimmt, müßte ich mich mal informieren, dann kann ich mich in der GraffitiSzene mal so richtig blamieren. :D

Ist es draußen auch so ätzend für die Atemwege? Hätte ich eher weniger gedacht. (Airbrush hab ich nie probiert)


Find ich extrem gut. :) Vor allem, wenn welche teilweise abgerissen sind und mit den unteren Collagen bilden.

Ja, das hat auch was. :)
 
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