Dass Frauen früher in Pension gehen und dies nur gerecht ist, hat viele Gründe. Vergessen wir nicht, dass nicht wenige Frauen, die heute kurz vor ihrer Pensionierung stehen, ihre berufliche Laufbahn zu einer Zeit begonnen haben, da nicht einmal eine rechtliche Gleichstellung mit dem Mann gegeben war. Erst in den 70er Jahren haben linke Frauen gemeinsam mit Feministinnen und weitsichtigeren Männern das Recht erkämpft, dass die Frau auch gegen den Willen ihres Ehemannes einen Beruf ausüben darf und der gemeinsame Wohnort des Paares nicht von vornherein vom Mann bestimmt wird. Sie konnte die Vormundschaft ihrer minderjährigen Kinder nicht übernehmen und auch der Paragraph 144 war uneingeschränkt gültig, so dass sie nicht darüber entscheiden konnte, ob sie ein Kind austragen wollte oder nicht. All diese Beschränkungen hatten eine enorm negative Auswirkung auf die Berufstätigkeit der Frau und dies hat der Verfassungsgerichtshof im Jahre 1990 auch so gesehen. Er begründete das Recht auf ungleiches Pensionsantrittsrecht damit, dass Frauen bis heute die Hauptlast der Erziehung und der Haushaltsführung tragen und damit einer doppelten Belastung ausgesetzt sind. Das ist in der Tat so. Frauen finden in der Arbeitswelt noch immer nicht die gleichen Bedingungen wie Männer vor. Sie verdienen weniger und haben der Kindererziehung, aber auch oft der Pflege schwerkranker und alter Angehöriger wegen mehr Unterbrechungen im Arbeitsleben.
Als vor cirka zehn Jahren im Parlament ein Gleichbehandlungsgesetz beschlossen (25-jähriger Stufenplan, der die rechtlichen und ökonomischen Diskriminierungen beseitigen sollte) wurde, beruhte dieses auf die oben angeführte Entscheidung. Erst beginnend mit 2019 sollte das gesetzliche Pensionsanfallsalter für Frauen bis zum Jahr 2033 um fünf Jahre angehoben werden und damit sollten Männer wie Frauen mit 65 Jahren in Pension gehen. Doch im Jahre 2003 soll die plötzlich nicht mehr gelten? Hat sich die Situation der Frauen denn schlagartig verbessert? Sind etwa die Forderungen des Frauenvolksbegehrens bereits erfüllt?
Das Gegenteil ist der Fall. Die Schere zwischen Männer- und Frauenlöhnen klafft weiter auseinander, Tendenz steigend, der Frauenanteil bei Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten ist so hoch wie nie und der Anteil der über 50jährigen Frauen bei den Arbeitslosen ist österreichweit um 80 Prozent gestiegen.
Solange die Situation so ist wie sie ist, muss die erkämpfte Gesetzesgrundlage respektiert werden. Gleichzeitig braucht es Maßnahmen zum Abbau der Diskriminierungen von Frauen in allen Bereichen. Dazu gehört der Ausbau von (guten!) Kinderbetreuungseinrichtungen, von (guten!) Pflegeheimen ebenso wie Anstrengungen, die Lohndifferenz zugunsten der Frauen zu verringern.
Das Pensionsantrittsalter darf erst dem der Männer angepasst werden, wenn die Frauen die gleichen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt und in ihren Leben haben wie diese.