Gewaltfreie Kommunikation (nach M. Rosenberg)

K

Katarina

Guest
Hallo miteinander,

Pukonym hat mir einen Hinweis auf diese sog. "Gewaltfreie Kommunikation" unten in einem Unterforum gegeben und ich habe mich nun ein wenig schlau gemacht. Dabei habe ich festgestellt, dass diese "Gewaltfreie Kommunikation" offenbar recht populär ist. Ich selbst hatte davon noch nie gehört und hier vorher auch noch nie davon gelesen.
Nach der Lektüre einiger Bücher zu diesem Thema bin ich nun sehr angetan und vieles was ich vorher wußte, aber nicht fühlen konnte, ist mir nun klar geworden. Eigentlich nichts Neues und gleichzeitig revolutionär. Wenn da nur nicht die erforderliche Umsetzung wäre......:weihna1 .

Wenn man es simpel auf den Punkt bringt, dann handelt es sich dabei um Modell zur Kommunikation, bei der man in vier Schritten vorgeht:
1. Man beobachtet (bei sich selbst und bei anderen), ohne diese Beobachtung mit einer Bewertung zu vermischen.
Also z.B.: "er ist heute Abend um 23:00 Uhr nach Hause gekommen" (statt "er hat mich wiedermal den ganzen Abend allein gelassen).
2. Man ortet das dabei aufkommende Gefühl. Dabei ist darauf zu achten, dass man nicht einen als Gefühl verkleideten Gedanken, bzw. eine gedankliche Interpretation benennt.
Also z. B. " das macht mich traurig" (statt "Ich fühle mich missachtet).
Ärger und Wut sind dabei sog. Sekundärgefühle, die sich vor ein Primärgefühl schieben, welches zu schmerzhaft scheint.
3. Man sucht das sich hinter einen unangenehmen Gefühl versteckte unerfüllte Bedürfnis.
Also z.B. "wenn Du erst um 23. 00 Uhr nach Hause kommst, dann bin ich traurig, weil ich mir heute Abend Nähe zu Dir gewünscht hätte.
Dabei ist darauf zu achten, dass man das Bedürfnis nicht als Vorwurf an die andere Seite formuliert, also besser "weil ich....." und nicht "weil Du......".
4. Schließlich formuliert man seine Bitte an den anderen und zwar positiv und konkret, - in Abgrenzung zu einer Forderung.
Also z.B. "Kannst Du mir bitte rechzeitig Bescheid geben, wenn Du das nächste Mal so spät nach Hause kommst...." oder "Kannst Du morgen bitte zur üblichen Zeit nach Hause kommen.....".
Ob es sich um eine Bitte oder Forderung handelt, läßt sich schließlich nur bei der eigenen Reaktion auf ein "Nein" beurteilen. Jedwede Form von Kränkung, Verursachen von Schuldgefühlen bei der anderen Seite etc. zeigen, dass es eine Forderung war. Forderungen in diesem Sinne erfüllen wir Menschen nicht gerne, weil in uns das Bedürfnis nach "Freiheit" ist und so halten wir einen unguten "lebensentfremdeten Kreislauf" in Gange.

Dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt. Wie können diese vier Schritte bei uns vollziehen, wie auch sie beim Gegenüber beobachten und so letztlich nicht mehr auf Angriffe "anspringen", weil wir empathisch das dahinterliegende Bedürfnis wahrgenommen haben.

So weit, so gut. Hat irgendjemand von Euch schon von dieser sog. "GFK" gehört oder sich damit vielleicht sogar schon praktisch versucht? Ich selber habe mich ja für soooo schlau und soooo bewußt gehalten ;) . Pustekuchen!
Glaubt Ihr vielleicht, es wäre mir möglich, meine - durchaus erkannten Bedürfnisse - zu formulieren? Banane! Ich habe da bislang eine absolute Sprachhemmung.

Viele Grüße

Katarina :)
 
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Liebe Katarina!

Ich habe das Buch leider nicht gelesen, es erinnert mich nur an ein offensichtlich ähnliches Buch über Kommunikation von Hug Mackay, in dem Regeln für eine funktionierende Botschaftenübermittlung beschrieben waren.

Da gings auch ums Zuhören, das Erkennen des Bedürfnisses, das EIGENTLICH hinter den Worten steckt, um Selbstbeobachtung und Ich-Botschaften....

Es war für mich damals eine richtige Erleuchtung - umsetzen konnte ich es nie.

Ich weiß nicht warum, ich habe lange zuerst darüber nachgedacht, dann nachgespürt: Das war nicht ich.

Wenn ich zuerst beobachten musste, wie ich reagiere, analysieren muss, warum ich so reagiere, Strategien überlegen musste, mithilfe welcher Ich-Botschaften ich nun das so rüberbringen könnte, ohne im anderen Aggressionen oder Schuldgefühle hervorzubringen....

Das bin nicht ich - ich bin impulsiv. Das wäre eine Schauspielerin, nicht die Reinfriede.

Ich kann es mir vorher überlegen, was ich rüberbringen will (Beispiel: Ich warte schon Stunden....) aber nicht im Gespräch - da ist es für mich ehrlicher, wenn es einfach fließt.

Vielleicht hast Du ähnliche Erfahrungen?

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Hallo Katarina,

ich verstehe noch nicht, worüber genau Du dich austauschen möchtest, wie Du wohl richtig bemerkst, hast Du da eine Sprachhemmung. :) Das finde ich auch ganz natürlich, denn wer die Gewalt aus der Kommunikation herausnehmen möchte, wendet natürlich umgekehrt insofern bei sich selber "Gewalt" an, als daß er nicht nur unbedingt den eigenen verbal-intuitiven Regungen folgt. Solche Regungen gestalten gerne und Beziehungen, aber Kommunikation verhindern sie leider auch oft. Aber es lohnt sich, da genauer hin zugucken, denn ich vermute mal, das es den meisten so wie mir gegangen ist: in meiner Familie war Gewalt in der Kommunikation vorhanden, in meiner Schule ebenfalls, der Fernseher war und ist voll davon, also woher soll es auch kommen?

LG,
Trixi Maus.
 
Liebe Reinfriede,

bin nicht ich - ich bin impulsiv. Das wäre eine Schauspielerin, nicht die Reinfriede.
Ich kann es mir vorher überlegen, was ich rüberbringen will (Beispiel: Ich warte schon Stunden....) aber nicht im Gespräch - da ist es für mich ehrlicher, wenn es einfach fließt.
Vielleicht hast Du ähnliche Erfahrungen?

Du meinst, mit so einem Kommunikationsmodell im Kopf könntest du Dich nicht mehr spontan und authentisch zum Ausdruck bringen so wie Du bist?
Wenn es das ist, was Du meinst, das kann ich gut nachvollziehen. In den ersten Tagen nach der Lektüre des Buches von Herrn Rosenberg zog bei mir allgemeine Sprachlosigkeit ein. Ich konnte/wollte gar nichts mehr sagen, weil ich durch die Lektüre sensibilisiert war für die "Gewalttätigkeit" in meinem Ausdruck und da mir "das Andere" noch so unvertraut ist, habe ich geschwiegen. Und da kam bei mir auch der Gedanke "was`n Quatsch, da bist Du ja gar nicht mehr Du selbst". Bis ich dann an den Punkt kam, wo mir bewußt wurde, dass es durchaus ich selbst bin, die sich entschieden hat, das Gewaltsame aus meiner Kommunikation herauszunehmen. Das bin nämlich auch ich und es ist durchaus normal, dass man in neuen Dingen anfangs noch ungeübt ist und sich das "holperig" anfühlt.
Ich habe daran gedacht wie ich letztes Jahr einfach damit angefangen habe, meine Körperhaltung zu verändern, Schrittchen für Schrittchen wurde aus mir eine aufrecht gehende Frau. Das war ein Prozess über viele Monate und anfangs war das sehr ungewohnt und ich wurde oft von anderen angesprochen, was mit mir los sei, da ich ganz anders wirke als früher. Meine Kinder lachten auch oftmals über mich und meinen "neuen" Gang. Inzwischen lacht niemand mehr und ich gehe und bewege mich völlig selbstverständlich in einer ganz anderen Haltung als früher, - eine Haltung, die mich zentriert und in die Mitte bringt. Und parallel zu dieser Haltungs- und Bewegungsveränderung haben sich eben auch viele andere Dinge in meinem Leben verändert. Ich bin ein sehr viel freierer Mensch als ich es noch vor einem Jahr war. Veränderst Du etwas auf der einen Ebene, schlägt es auf die andere Ebene durch.
Gewaltfrei zu kommunizieren erfordert enorm viel Konzentration und Bewußtheit und für mich ist das jetzt sehr interessant, auch wenn es noch so holperig ist wie mein körperlicher Bewegungsablauf vor einigen Monaten. Ich gehe aber davon aus, dass diese Art zu sprechen und Gesprochenes aufzunehmen irgendwann völlig selbstverständlich und natürlich wird. Entscheidend ist ja letztlich weniger, was genau man sagt als vielmehr die innere Haltung, die man dabei einnimmt.

@ TrixiMaus: Mich hat interessiert, ob jemand handfeste praktische Erfahrung mit diesem Kommunikationsmodell hat und vielleicht ähnliche "Umstellungsschwierigkeiten" wie ich. Aus diesem Grund habe ich das Thema hier reingestellt. Habe ich richtig verstanden, dass Du meinst, dass man die Gewalt gegen sich selbst richtet, wenn man sie aus seinem verbalen Ausdruck herausnimmt?

Katarina :)
 
Du meinst, mit so einem Kommunikationsmodell im Kopf könntest du Dich nicht mehr spontan und authentisch zum Ausdruck bringen so wie Du bist?

Ich meinte damit, dass ich DORT eigentlich gar nicht hinwollte, auch wenn ich anfangs von dem Buch total begeistert war. Das Buch hat ja recht - aber meine Spontaneität ist mir wichtig, auch wenn sie vielleicht ein Fehler ist.

Weisst Du, ich hatte einen Schwager, der nach dem Studium Verkaufskurse und Schulungen machte, er arbeitete sich hoch und verdiente ne Menge Geld, zuerst als besserer Vertreter, später als Chef.

Er hat mir irgendwann einmal erzählt, dass er so viel darüber gelernt (und entsprechend umgesetzt) hatte, wie man das Gegenüber einschätzt, abcheckt, sprachlich umdreht, hinspürt, was das Gegenüber für Bedürfnisse hat um diese dann für eigene Zwecke zu verwenden, dass er irgendwann einmal bemerkt hatte, dass er im privaten Bereich genau dasselbe praktizierte - sogar gegenüber Menschen, die er liebte. Er konnte gar nicht anders - er war auch privat der Verkäufer.

Es ist meine Authentizität, die ich nicht aufgeben möchte, auch wenns vielleicht ein Fehler ist. Ich mache Fehler in der Kommunikation, ja - aber ich bin und bleibe dabei ich, die unperfekte Reinfriede...

Liebe Grüße:liebe1:
Reinfriede
 
ich denke mir, das bringt neue Handlungschancen. Und es kann schon recht gut sein, automatisch ablaufende Alltagskommunikation mal ganz bewusst von einer anderen Sichtweise her zu betrachten.

Es ist meine Authentizität, die ich nicht aufgeben möchte, auch wenns vielleicht ein Fehler ist. Ich mache Fehler in der Kommunikation, ja - aber ich bin und bleibe dabei ich, die unperfekte Reinfriede...

es geht denke ich nicht darum, keine Kommunikatinsfehler zu machen und perfekt zu sein. So wie du bist, mag ich dich :) Abgesehn davon, dass es (so, wie ich dich kennen glernt habe) sowieso deine Art ist, auch rundum zu schauén. :)

Vielmehr um ...ich vergleiche es mit der Neugier, wie "es" sich anders betrachtet anfühlen und formulieren kann. So werde ich mehr auf mich zurück geworfen, auf das, was mir wichtig ist...mit dem Unterschied, dass ich es auch formulieren kann. Es macht ja auch nicht nur dem Anderen gegenüber mehr Freiheit, sondern auch mir selbst gegenüber.
Darin steckt ja, finde ich, auch das (manchmal schmerzliche) Selbstverständnis, dass der Andere im Grunde zu Vielem in jeder Sekunde Entscheidungfreiheit hat, so wie ich auch.

Will ich einfach spontan meine Gefühle ausdrücken, werde ich das, soweit es mir gerade möglich ist....möchte ich gemeinsam etwas ändern, so macht es Sinn, bei mir nach zu schauen und mich damit aus zu drücken....so, daß der andere damit auch etwas anfangen kann.

Oft ist es ja sowieso so...erst sprudelt spontan etwas raus und wenn die Situation sich etwas beruhigt hat, kommen eben diese Ansätze

Ich kann es mir vorher überlegen, was ich rüberbringen will (Beispiel: Ich warte schon Stunden....) aber nicht im Gespräch - da ist es für mich ehrlicher, wenn es einfach fließt.

eben so, auch....

Entscheidend ist ja letztlich weniger, was genau man sagt als vielmehr die innere Haltung, die man dabei einnimmt.

denk ich mir auch. Wichtig finde ich eben, das diese auch halbwegs "rüber kommt".
Und wenn ich mehr hinterfrage, was mir da so wichtig ist...wenn es das ist..und mich damit so mitteile, tut sich auch viel mehr auf, wie gemeinsam konstruktiv damit umgehen.

Aber eben auch....eine gute Vertrauensbasis hält es schon aus, ab und an mal auch "Gefühl pur" in Form von z.B. Ärger und Vorwürfen "ab zu kriegen".
Wenn mir jemand z.b. täglich verspricht, am nächsten Tag gleich zu kommen...und mich immer wieder wider unser Abkommen "versetzt"....darf er/sie ruhig merken, dass mich das kränkt und wütend macht.

Letztendlich darf er/sie so sein, klar. Ich allerdings auch, wenn ich so keine Beziehung führen möchte.

Passiert es ab und an dass es unabgesprochen später wird und mir geht es damit nicht gut...kann ich ja bitten mich zu informieren, wenn es später wird. Nicht zur Kontrolle, sondern um mich danach ausrichten zu können. Vielleicht beginne ich unter diesen Umständen doch das neue Buch oder lege mich erst mal lange in die Wanne. :)
oder ich sag es einfach, dass ich mich gerne daran orientieren möchte, weil ich im Zweifelsfall ihn dann doch dem Buch vorziehen würde. Vielleicht hat er dann eine gute Idee, wie das besser für beide gestaltet werden kann.

Was ich mit den vielen Zeilen wahrscheinlich sagen möchte *lach*: neue Blickwinkel ergeben auch zusätzliche, neue Lösungsmöglichkeiten.

Darum geht es, denke ich...und nicht darum, perfekt zu sein oder darum, dass manch ! Gewalt in der Sprache gleich so dramatisch wäre. Wird nur ! so (einseitig) kommuniziert, halte ich das allerdings schon für langfristig zerstörerisch....für Geborgenheit, Fairness und Vertrauen zwischen Menschen.

:) Jo
 
Habe ich richtig verstanden, dass Du meinst, dass man die Gewalt gegen sich selbst richtet, wenn man sie aus seinem verbalen Ausdruck herausnimmt?

Katarina :)
Ja, sicher. Ich denke, das wird das sein, was Reinfriede benfalls empfindet und was Du auch empfunden hast: man schränkt sich ein, wenn man nicht einfach alles so herausplappert wie es ja manche Menschen tun und dann ist es unangenehm. So eine Lehre macht ja auch ehe nur für Menschen Sinn, die Kommunikationsprobleme haben.

Ich denke so für mich: wenn meine Worte den Wert des anderen schätzen und nicht abschätzend bewerten, dann liege ich einigermaßen trocken.

LG,
Trixi Maus
 
Ich denke so für mich: wenn meine Worte den Wert des anderen schätzen und nicht abschätzend bewerten, dann liege ich einigermaßen trocken.

LG,
Trixi Maus

Ja, das ist ein Absatz, der gut beschreibt, wie ich das sehe: Jedes Gespräch läuft auch nonverbal und energetisch ab - zusätzlich oder vielleicht sogar hauptsächlich?

Liebe Grüße
Reinfriede
 
ich denke mir, das bringt neue Handlungschancen. Und es kann schon recht gut sein, automatisch ablaufende Alltagskommunikation mal ganz bewusst von einer anderen Sichtweise her zu betrachten.

Das ist sicher ein nicht zu unterschätzender Aspekt, so habe ich es noch nicht betrachtet.

Vielmehr um ...ich vergleiche es mit der Neugier, wie "es" sich anders betrachtet anfühlen und formulieren kann. So werde ich mehr auf mich zurück geworfen, auf das, was mir wichtig ist...mit dem Unterschied, dass ich es auch formulieren kann. Es macht ja auch nicht nur dem Anderen gegenüber mehr Freiheit, sondern auch mir selbst gegenüber.
Darin steckt ja, finde ich, auch das (manchmal schmerzliche) Selbstverständnis, dass der Andere im Grunde zu Vielem in jeder Sekunde Entscheidungfreiheit hat, so wie ich auch.
Ich lese aus Deinen Zeilen heraus, dass es eine gute Möglichkeit ist, sich selbst besser kennenzulernen. Und einmal anders zu reagieren als gewohnt. Klingt auch gut, auch wenn diese Erfahrung nicht direkt erfolgreich für mich war *lächel*

Liebe Grüße
Reinfriede
 
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Guten Morgen ! :)

So eine Lehre macht ja auch eher nur für Menschen Sinn, die Kommunikationsprobleme haben.

Finde ich so nicht. Was ist Kommunikation, was ist ein Problem dabei ?
Das Bewusstsein dafür, wie rasch Fakten gleich mal mit Bewertungen gemischt werden, empfinde ich als ein wichtiges und brauchbares, immer wieder.

Und dieses mal ganz gezielt in die eigene Betrachtungsweise mehr einfliessen zu lassen, eröffnet Chancen, meine ich eben.
Das hat ja nichts zu tun (in meinen Augen) damit, ab nun völlig verkrampft im 4-Regel-Takt zu reden.

:) Jo
 
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