Wer nur seine Symptome weg haben will und gerne Medikamente nimmt soll zum Arzt gehen, wer lieber etwas tiefer sieht, der sucht den Heilpraktiker auf.
Fakt ist, Medizin behandelt vorwiegend Symptome.
Wer das glaubt, hat nicht verstanden, wie der menschliche Körper funktioniert. Man kann nicht nur "
Symptome behandeln". Der Körper hat ein ausgetüfteltes System, mit dem er sich selbst heilen und reparieren kann. Das hat die Medizin erkannt. Ein großer Teil aller Krankheiten macht der Körper im Alleingang weg, die Aufgabe der Medizin ist es dann ...
1. bis zum Zeitpunkt, dass die Selbstheilung eintritt, die Symptome zu mildern, damit es den Patienten gut geht und
2. die Patienten davor zu schützen, dass der Körper bis zum Zeitpunkt der Heilung durch die Krankheit dauerhaften Schaden nimmt oder stirbt.
Das wird oft nicht verstanden, wenn abfällig über "Symptombehandlung" geredet wird. Ein gesunder, fähiger Körper mit einem starken Immunsystem
braucht nicht mehr als Symptombehandlung, weil er sich selbst heilen kann, der braucht keine obskuren Mittelchen und Pulverchen oder Handauflegen zur "Ursachenbekämpfung". Wenn man zB eine tiefe Schnittwunde hat, dann kümmert sich der Körper ganz allein drum. Aber im Krankenhaus kann man Schmerzmittel gegen die Schmerzen bekommen, man kann genäht werden damit man bis zur Selbstheilung nicht verblutet (und die Narbe nicht so garstig wird) und man kann Maßnahmen treffen, dass der Patient bis dahin nicht an einer Sepsis verstirbt. Die Wunde heilt trotzdem der Körper selber.
Daneben gibt es natürlich Krankheiten, wo die Medizin ganz und gar nicht nur Symptome behandelt, dazu gehören zB die meisten Operationen, wo direkt an der Ursache eingegriffen wird. Bei Impfungen wird an der Ursache sogar schon angesetzt, bevor diese Ursache überhaupt da ist (Prävention).
Ahja, und zur Aussage bzgl Ärzten und Heilpraktiker ... Ireland hat da schon einiges geschrieben, aber ich wills mir nicht nehmen lassen.
Erstmal: die Heilpraktikerprüfung kann jeder ab 25 mit Hauptschulabschluss abschließen. Es gibt
keine vorgeschriebene Ausbildung.
Es gibt aber natürlich einige kommerzielle Ausbilder, die Kurse anbieten. Solche Kurse dauern – für medizinisch/naturwissenschaftlich völlig Unvorbelastete – so um die 2 Jahre. Man hat im Schnitt 2 Kurstage pro Woche, 8 Stunden pro Woche. Ich ignoriere mal alle Feiertage, die da reinfallen und kursfrei sind, dann kommt man auf
832 Stunden Kurszeit für die komplette Ausbildung, bzw etwas weniger wegen Ferien.
Im Vergleich: im ersten Semester Medizin kannst du damit rechnen, dass du mit allen Veranstaltungen (Vorlesungen, Übungen, Präpkurs, etc) 30 bis zu 40 Stunden die Woche an der Uni verbringst. Das heißt: allein im ersten Semester kannst du rechnen, dass Medizinstudenten (wenn sie alle Veranstaltungen im Lehrplan besucht haben) im ersten Semester allein ungefähr
500 Stunden an der Uni verbracht haben (da hab ich aber Ferien schon eingerechnet). Ich ignoriere hier, dass Studenten natürlich ihre Zeit auch in der Bibliothek verbringen und gerade vor ihren Klausuren richtige Lernmarathons bis spät in die Nacht schieben. Jetzt dauert aber
allein der vorklinische Teil (einer von 3 Teilen des Medizinstudiums) 4 Semester. Zur Klarstellung: in diesen 4 Semestern lernen die Studenten fast nichts Konkretes über die Diagnose oder Behandlung von Patienten, sie lernen vielmehr nur die theoretischen
Grundlagen, die sie benötigen, um die späteren Fächer überhaupt in der gebotenen Tiefe durchdringen zu können (deswegen: „
Vorklinik“). Vom Lernpensum her bist du in dieser Zeit mit der Heilpraktikerausbildung schon 3 mal komplett durch. Und erst jetzt beginnt für den angehenden Arzt überhaupt der klinische Teil (wo man wirklich das Heilen als solches erlernt), der dauert nochmal 6 Semester. Dann noch ein praktisches Jahr mit 2 Semester und dann erst
darfst du überhaupt dein Examen machen. Vom Arbeitspensum her bist du da mit einer Heilpraktikerausbildung ungefähr 8 mal durch.
Und jetzt mal davon abgesehen, dass das Medizinstudium 3 mal so lange dauert wie eine Heilpraktikerausbildung und von der Belastung Tag-für-Tag nochmal etwa drei mal so anspruchsvoll ist, darf man nicht vergessen, was man überhaupt schon gemacht hat, um überhaupt im ersten Semester Medizin zu landen. Als Heilpraktikerschüler brauchst du, wie gesagt, einen Hauptschulabschluss. Als Mediziner musst du an der Uni genommen werden, das heißt du brauchst schonmal eine Hochschulreife, und dann musst du entweder zum besten Quintil deines Jahrgangs gehören und kommst so allein über die Note rein (dh du hast auch in den naturwissenschaftlichen Fächern bereits ausgezeichnete Noten), oder du machst Wartesemester – momentan gibt es Orte, da hast du bis zu 14 (!!!) Wartesemester, das sind 7 Jahre, die du wartest, sodass manche Unglücklichee überhaupt erst mit dem Studium
anfangen können, wenn sie 25 sind. In dieser Zeit machen sehr viele vorbereitende Arbeite – zB FSJ oder ähnliches – in Pflegeinstitutionen oder Krankenhäusern. Das heißt allein das theoretische (naturwissenschaftliche) und praktische Grundniveau der Leute, die da überhaupt anfangen, ist schon zigmal so hoch wie in einer Heilpraktikerschule. Ich selbst hab ja nicht Medizin, sondern Pharmazie studiert, aber gerade in den ersten Semestern lernst du in allen diesen Fächern erstmal die naturwissenschaftlichen Grundlagen. Ich war (mit gutem Abstand) Klassenbester in Chemie und hatte auch Schwerpunkt Chemie. Hab für beides nie lernen müssen, für meine Matura auch nicht gelernt und trotzdem zwei glatte Einsen bekommen. Da hab ich mir natürlich gedacht ich wär
hot shit, als ich mein Studium angefangen hab. Im Grundkurs anorganische Chemie haben wir die gesamte Oberstufenchemie (also 4 Jahre Stoff) in einer (!) Woche durchgeballert und dann gings erst richtig los. Durch meinen Erstantritt in dieser Klausur bin ich erstmal gnadenlos durchgefallen, wie übrigens der absolute Großteil des Jahrgangs – obwohl ich diesmal auch richtig (und viel) gelernt hatte. Nur mal so als Beispiel ausm Leben, wie sehr sich allein die Grundanforderungen jeweils unterscheiden.
Kurzum: wie Loop schon sagte, „nicht einmal im Ansatz“. Selbst im Ansatz schon „nicht einmal im Ansatz“. Wir reden hier quasi von zwei unterschiedlichen Universen.