Gesellschaft und Alkoholkonsum

PsiSnake

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Ich bin ja nicht wirklich Teil der Gesellschaft aber frage mich gerade wieder wie schlimm es damit wirklich ist. Inwieweit man zumindest gelegentlich Alkohol trinken muss um nicht seltsam zu erscheinen?

Grund dafür ist nun konkret der Tod des DJs Avicii. Auch wenn ich nicht auf Partys gehe, oder tanze usw. mochte ich viele seiner optimistisch melancholischen Songs sehr gerne (im Vergleich zumindest, bin nicht musikalisch) und es ist schon extrem tragisch, dass jemand mit nur 28 Jahren direkt oder indirekt mit größter Wahrscheinlichkeit aufgrund von Alkoholismus zu Tode kommt. Leider hat er es anscheinend nicht geschafft sich davon zu befreien, oder es war einfach schon zu spät.

https://www.ok-magazin.de/people/news/avicii-also-doch-trank-er-sich-in-den-tod-52022.html

Er nannte da ja selbst auch Gründe, wie es dazu kommen konnte:

"Du reist herum, lebst aus dem Koffer, und egal, wohin du kommst, überall gibt es gratis Alkohol. Es ist irgendwie seltsam, wenn du nicht trinkst. Also habe ich getrunken."

Also praktisch Gruppenzwang. Ich erinnere mich selbst noch, dass ich vor einem halben Leben als Jugendlicher dem quasi ausgesetzt war, als ich noch mehr integriert war als jetzt und meine Freunde, die ich damals hatte, dann auch schließlich immer öfter Alkohol in Gaststätten usw. getrunken haben. Ich fand das damals schon ziemlich unsinnig, bzw. konnte mit Leuten unter Alkoholeinfluss nun gar nichts anfangen, und habe da dann nicht mitgemacht. Im Endeffekt lösten sich die Freundschaften auch deshalb auf und danach war ich nie mehr so gut (auch wenn es auch davor nicht perfekt war) in die Gesellschaft integriert (letzteres hat aber nichts mit Alkohol zu tun, zumindest nicht direkt). Keine Ahnung, wie sich das generell darstellt mit dem Gruppenzwang? In der Musikszene ist es bestimmt noch schlimmer, inklusive Drogen zusätzlich.

"„Ich war immer so nervös. Ich habe mir das angewöhnt, weil ich mich auf das Selbstbewusstsein, das mir der Alkohol gab, verlassen habe. Und dann wird man irgendwann davon abhängig.

Anders war es für ihn nicht (mehr) möglich auf der Bühne zu stehen. Er war sicherlich lange nicht so introvertiert wie ich, aber trotzdem empfand er es so, dass der Alkohol notwendig war um mit dem Druck, Stress und Ängsten fertig zu werden. Ich habe mich das selber auch manchmal gefragt, ob es vielleicht einfacher gewesen wäre, bestimmte Dinge, die ich mich nie getraut habe (wie Mädchen/Frauen anzusprechen), zu tun, wenn ich vorher Alkohol getrunken hätte. Und wie viele (introvertierte) Leute tun das, weil sie anders nicht weiter kommen, in Bezug auf das was die Gesellschaft (und auch sie selber) von ihnen erwartet?

Dazu kommt wohl noch, dass sich Leute betrinken, weil sie mit Depressionen oder zumindest schlechten Stimmungen konfrontiert sind. Wenn man sich seine Songs anschaut, dürfte das wohl auch eine Rolle gespielt haben. Und wenn man sowieso schon Alkohol trinkt, ist das dann offenbar bei vielen nahe liegend das auch zu diesem Zweck zu tun. Die Gefahr hätte bei mir sicherlich auch bestanden.

De facto habe ich praktisch nie Alkohol getrunken und angetrunken oder betrunken war ich schon gar nie.
Was wäre passiert, wenn ich es probiert hätte? Hätte ich es weiter bescheuert gefunden? Hätten die Freundschaften gehalten? Hätte ich mich mehr getraut und wäre ich weniger verschlossen gewesen? Aber wenn ich auf den Geschmack (im doppelten Sinne) gekommen wäre, wären die Gefahren auch offensichtlich gewesen. Ich neige zu Depressionen, und wenn der Alkohol tatsächlich geholfen hätte mich sozial kompatibler zu machen, dann würde man schon auf psychologischer Ebene süchtig danach. Aber er macht ja auch noch physiologisch süchtig dazu. Und wenn man sich anschaut, was mit Avicii traurigerweise passiert ist (und gibt nun auch genügend andere Beispiele)...

Letztlich empfand ich Alkohol immer als idiotisch und gefährlich, aber es ist mir schon klar wie Leute nach und nach dem Alkohol verfallen, mit teilweise tödlichen Folgen. Andererseits wird wohl immer die Frage im Raum stehen, ob es meiner Integration zuträglich gewesen wäre, weil Alkohol einfach so normal (zumindest gelegentlicher Konsum) in der Gesellschaft ist, dass ich durch meine Abstinenz noch mehr "anders" wurde als es sowieso schon der Fall ist. Aber wie gesagt, es fühlte sich nie so an, als würde es zu mir passen, und das Risiko wäre auch sehr groß gewesen. Würde und werde es heute nicht anders machen.

LG PsiSnake
 
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Er war zum Schluss lange Zeit trocken, lebte gesund und machte Sport.
Er hatte zu spät damit angefangen.

Dazu kam ja auch noch der Stress
 
Hallo, @PsiSnake. Es gefällt mir, dass du dich so gründlich mit dem Thema Alkohol auseinander setzt . Ich früher auch, wenn auch aus anderen Gründen. Mein Vater war in späteren Jahren Quartaltrinker. Nach neuerem Stand der Medizin gibt es grob gesagt 2 Typen. Solche, die zu Süchten neigen und die anderen eben nicht. (Find ich unfair. ) Ich habe das Glück, dass mir vorm Alkohol meist graust, daher lasse ich mich höchst selten auf ein Glas ein. Leider ist es bei uns in Ö und vermutlich auch im Rest der Welt üblich, aus allen möglichen Gründen anzustoßen . Für Suchtgefährdete ein Problem . Ich bin leider seit meiner Jugend Raucherin, also geht's mir nicht besser .
 
Er war zum Schluss lange Zeit trocken, lebte gesund und machte Sport.
Er hatte zu spät damit angefangen.

Dazu kam ja auch noch der Stress

Ja, mag sein, habe es auch offen gelassen, ob es tatsächlich direkt Alkohol war (also ob er zuletzt getrunken hat, was nicht klar ist), oder ob es sich um Folgeschäden gehandelt hat (oder eventuell auch Medikamentenüberdosis aufgrund der Folgeschäden).
 
Hallo, @PsiSnake. Es gefällt mir, dass du dich so gründlich mit dem Thema Alkohol auseinander setzt . Ich früher auch, wenn auch aus anderen Gründen. Mein Vater war in späteren Jahren Quartaltrinker. Nach neuerem Stand der Medizin gibt es grob gesagt 2 Typen. Solche, die zu Süchten neigen und die anderen eben nicht. (Find ich unfair. ) Ich habe das Glück, dass mir vorm Alkohol meist graust, daher lasse ich mich höchst selten auf ein Glas ein. Leider ist es bei uns in Ö und vermutlich auch im Rest der Welt üblich, aus allen möglichen Gründen anzustoßen . Für Suchtgefährdete ein Problem . Ich bin leider seit meiner Jugend Raucherin, also geht's mir nicht besser .

Gewöhnlich ist das Thema nicht aktuell für mich, aber habe aus dem Anlass hier nun wieder darüber nachgedacht.

Ja, denke es hängt auch vom "Typ" ab, ob man gefährliches Suchtverhalten dann später entwickelt, aber denke, dass es meistens mit äußeren Umständen zu tun hat, dass man überhaupt erst damit anfängt (egal ob Alkohol oder Zigaretten, oder eventuell andere Drogen). Es ist wohl meistens Gruppenzwang in der Jugend und/oder die Idee lockerer zu werden in Bezug auf bestimmte gesellschaftliche Situationen. Und klar, wer dann ein Problem hat, müsste eigentlich den Alkohol überhaupt nicht mehr anfassen, wird aber dazu schon genötigt in unserer Gesellschaft. Als Musiker (außer Klassik vielleicht) hat man es vermutlich noch schwerer, weil schon der Job damit in Verbindung steht, dass da getrunken wird.
 
Alkohol wird allgemein zu sehr unterschätzt. Es gibt jeden Tag Tote auf den Notaufnahmen der Krankenhäuser, das Alter spielt dabei kaum eine Rolle. Es sind oft sogar Jugendliche, die den Alk nicht richtig einschätzen können.

Man merkt es ja auch an sich selber. Ich war nur wenige Male in meinem Leben bewusstlos und meist vom Trinken. Zu schnell trinken ohne Grundlage im Magen und die kritische Dosis ist schneller als man denkt überschritten.

Dennoch habe ich keinen Arbeitsplatz oder Situation erlebt wo ich gezwungen gewesen wäre Alkohol zu trinken. Das wäre wohl auch nicht gelungen mich dazu zu zwingen. Ich habe es immer freiwillig getan und dann hat es mir auch geschmeckt. :cool:
 
Er war zum Schluss lange Zeit trocken, lebte gesund und machte Sport.
Er hatte zu spät damit angefangen.

Dazu kam ja auch noch der Stress

viele kuenstler die auf buehnen stehen trinken, rauchen oder nehmen tabletten und anderes,
weil es ist verdammt schwierig sich diesem extremen Stress auszusetzen, druck, zwang und immer fit sein muessen,
sind sicherlich Dinge die das foedern, natuerlich auch kaum mehr irgendwelche Privatssphaere.
Um so sensibler diese kuenstler umso mehr muessen sie was nehmen um das zu ueberstehen,
um auch Aegnste und andere belastende Dinge einfach zu betaeuben.
ich erinnere mich daran auch, das vielle zu beruhigende tabletten greifen um den immer wiederkehrenden Auftrittsstress/lampenfieder/Aengste einfach zu unterdruecken.
 
Es wird wohl kaum jemanden geben, der in seiner Jugend nicht Alkohol getrunken hat, nicht auch mal einen Rausch gehabt hat. Das Problem der heutigen Jugend ist aber, dass sie viel zu viel Geld zur Verfügung haben, und damit die Entscheidung ob öfter weggehen oder weniger trinken in sehr vielen Fällen wegfällt.

Ich kann mich noch gut erinnern ... mir standen auch zur Disco-Zeit mal gerade um die 100-150 Schilling im Monat zur Verfügung. Da waren Getränke um 25, später 35 oder 40 Schilling nicht besonders oft drinnen. Was dann halt von sich aus schon zu einer Beschränkung führt, wenn man 2 Mal in der Woche fortgehen will.

Was ein ganz grosses Problem ist ... durch das Fehlen von Initiierungsritualen in unserer Gesellschaft, und dem damit verbundenen Übergang vom Jungen zu Mann wird das Trinken zu einem Mannbarkeitsritual, und endet dadurch im gegenseitigen Aufschaukeln leider oft tragisch. Nachdem im Zeichen der Emanzipation die Mädels jeden Unsinn nachmachen müssen, sind auch sie - wenn auch nicht unbedingt zu einem so hohen Grad - davon betroffen. Bei den Frauen kommt dann eher das Versteigern an den Meistbietenden, das Verkaufen von Sex oder zumindest das Winken damit, zum Tragen, um an Getränke zu kommen und damit Geld zu sparen.

Leider kommen die meisten Lokale aber auch nicht ihrer Verpflichtung nach, an betrunkene Jugendliche keinen Alkohol mehr auszuschenken. Gleiches gilt für diverse Zeltfeste, obwohl dort die Jugendlichen eigentlich in der Gegend bekannt sein sollten. Aber gerade in Weinbaugegenden entspricht es natürlich dem Vaterbild, Alkohol zu trinken.

Tragisch ist, dass in Deutschland die Alkoholprojekte sträflich vernachlässigt werden. Während in Österreich bereits der Aufbau der notwendigen Infrastruktur für das niederschwellige Auffangen von Alkoholkranken geschaffen werden. Aber natürlich kostet das auch Geld ....
 
Bei den Frauen kommt dann eher das Versteigern an den Meistbietenden, das Verkaufen von Sex oder zumindest das Winken damit, zum Tragen, um an Getränke zu kommen und damit Geld zu sparen.

Immer wenn ich denke blöder gehts nicht mehr, werde ich eines besseren belehrt.:rolleyes:
 
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Immer wenn ich denke blöder gehts nicht mehr, werde ich eines besseren belehrt.:rolleyes:

Ja, garantiert keine signifikante Zahl an Frauen, die sowas tun.

Klar gibt es mit Sicherheit Prostituierte, die suchtkrank sind und Geld dafür brauchen, aber ist bestimmt nicht im Kontext von jungen Erwachsenen zu sehen, die sich auf Partys usw. betrinken
 
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