Gedichtvertonungen

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Wislawa Szymborska

Nichts geschieht ein zweites Mal



Nichts geschieht ein zweites Mal,
auch wenn es uns anders schiene.
Wir kommen untrainiert zur Welt
und sterben ohne Routine.

Und wären wir die dümmsten
Schüler auf ihren Pennen,
wir werden keinen Winter
und Sommer nachsitzen können.

Kein Tag wird sich wiederholen,
keine Nacht, denn sie entrücken,
es gibt nicht zwei gleiche Küsse,
zwei wiederholbare Blicke.

Als jemand deinen Namen
laut nannte bei mir gestern,
war`s mir, als fiel eine Rose
herein durchs offene Fenster.

Heute sind wir zusammen,
ich dreh mich zur Wand. Oh, nein!
Rose? Was ist eine Rose?
Ist`s eine Blume? Ein Stein?

Was mischt du dich, böse Stunde,
mit unnützem Angstgestöhn?
Du bist - also gehst du vorüber.
Du vergehst - also ist es schön.

Lächelnd wollen wir eins sein,
wenn wir uns halbwegs umfassen,
obwohl wir uns unterscheiden
wie zwei Tropfen reinen Wassers.


Übersetzung: Karl Dedecius,
aus Wislawa Szymborska
Hundert Gedichte. Hundert Freuden.
 
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