Gedichte

Nächtliche Stille!
Heilige Fülle,
wie von göttlichem Segen schwer,
säuselt aus ewiger Ferne daher.

Was da lebte,
was aus engem Kreise
auf ins Weitste strebte,
sanft und leise
sank es in sich selbst zurück,
und quillt auf in unbewusstem Glück.


Und von allen Sternen nieder
strömt ein wunderbarer Segen,
dass die müden Kräfte wieder
sich in neuer Frische regen,
und aus seinen Finsternissen
tritt der Herr, so weit er kann,
und die Fäden die zerrissen,
knüpft er alle wieder an.

Friedrich Hebbel
 
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Als ich noch lebte, lag mir das Gewand
des Körpers um wie eine Last, nicht schön
genug erschien mein Wandel, jeder Narr
vermaß sich des Gerichts, der Schwächste noch,
scheeläugiger Beziehungen nie gram,
erheuchelte an meinem Tun zuletzt
sich seine Tugend, rettete sein Nichts
vor meinem All mit Hinweis auf mein Herz,
das schwach war und geneigt verstehendem Gift...
Wie zitterte, als ich noch lebte, dies
beklommne Etwas in der Brust, von Furcht
zu Furcht gepeitscht, und tiefer Jahr um Jahr
in Trauer fallend, mitvererbter Schuld
in gleichem Maß anheimgegeben wie
gehäufter Unbill, Menschennot und Krieg,
anheim dem Kummer um die Sprache, die
geschlagen floh, als ich noch lebte, ganz
geschlagen so, daß keine Zuflucht mehr
sich bot, den Schmerz zu messen, keine Wahl
gestattet war und in das Tier hinab,
das röchelnde, der edle Ruf verfiel...


Josef Weinheber
Auch er lebte in Kirchstetten.
 
VII.
Hymne

Wenige wissen
Das Geheimnis der Liebe,
Fühlen Unersättlichkeit
Und ewigen Durst.
Des Abendmahls
Göttliche Bedeutung
Ist den Irdischen Sinnen Rätsel;
Aber wer jemals
Von heißen, geliebten Lippen
Atem des Lebens sog,
Wem heilige Glut
In zitternde Wellen das Herz schmolz,
Wem das Auge aufging,
Daß er des Himmels
Unergründliche Tiefe maß,
Wird essen von seinem Leibe
Und trinken von seinem Blute
Ewiglich.
Wer hat des irdischen Leibes
Hohen Sinn erraten?
Wer kann sagen,
Daß er das Blut versteht?
Einst ist alles Leib,
Ein Leib,
In himmlischem Blute
Schwimmt das selige Paar. –
O! daß das Weltmeer
Schon errötete,
Und in duftiges Fleisch
Aufquölle der Fels!
Nie endet das süße Mahl,
Nie sättigt die Liebe sich.
Nicht innig, nicht eigen genug
Kann sie haben den Geliebten.
Von immer zärteren Lippen
Verwandelt wird das Genossene
Inniglicher und näher.
Heißere Wollust
Durchbebt die Seele,
Durstiger und hungriger
Wird das Herz:
Und so währet der Liebe Genuß
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Hätten die Nüchternen
Einmal gekostet,
Alles verließen sie,
Und setzten sich zu uns
An den Tisch der Sehnsucht,
Der nie leer wird.
Sie erkannten der Liebe
Unendliche Fülle,
Und priesen die Nahrung
Von Leib und Blut.

Geistliche Lieder Novalis 8. Kapitel
 
Ergebenheit

Laß dich nur nichts nicht dauern
Mit Trauern!
Sei stille!
Wie Gott es fügt,
So sei vergnügt,
Mein Wille!

Was willst du heute sorgen
Auf morgen?
Der Eine
Steht allem für;
Der gibt auch dir
Das Deine.

Sei nur in allem Handel
Ohn' Wandel,
Steh feste!
Was Gott beschleußt,
Das ist und heißt
Das Beste.

Paul Fleming
 
Was dem Herzen sich verwehrte,
Laß es schwinden - unbewegt!
Allenthalben das Entbehrte
Wird dir mystisch zugelegt -
Liebt doch Gott die leeren Hände,
Und der Mangel ist Gewinn.
Immerdar enthüllt das Ende
Sich als strahlender Beginn.

Jeder Schmerz entläßt dich reicher,
Preise die geweihte Not!
Und aus nie geleertem Speicher
Nährt dich das geheime Brot.

Werner Bergengruen
 
Selbst die Angst verdirbt.
Nur die Trauer bleibt.
Tiefer tief
Jahr um Jahr.

Einen müden Brief
schreibt die schwarze Hand.
Und sie schreibt:
Unrettbar...


J. Weinheber
 
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Herbstbeginn
(©Anita Menger 2009)


Ein Wispern und Raunen
in Büschen und Bäumen.
Der Wind peitscht die Äste -
jagt Wolken umher.

Schon lassen sich ahnen
die herbstlichen Stürme.
Die Strahlen der Sonne
sie wärmen kaum mehr.

Die Äpfel sie reifen
der Ernte entgegen.
Nicht lange dann sind sie
bereit zum Verzehr.

Ein blattbunter Teppich
liegt uns dann zu Füßen
und Zugvögel rüsten
zum Flug übers Meer.
 
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