Babylonische Tontafel
Eine der Tontafeln des britischen Museums,
das genau die Dreierbegegnung am Himmel
zur Zeit Jesu verzeichnet (Nachbildung)
Johannes Kepler vermutete eine spektakuläre Planetenkonstellation am Himmel, eine Konstellation, so außergewöhnlich und selten, dass sie von babylonischen Astronomen sicher beobachtet und gedeutet werden könnte. Er tippte auf ganz nahe Vorübergänge der beiden Planeten Jupiter und Saturn am Himmel -so nahe, dass die beiden hellen Sterne fast zu einem Lichtpunkt verschmelzen. Solche "Konjunktionen" sind äußert selten; aber sie wurden tatsächlich -und hier kommen die Tontafeln ins Spiel- von babylonischen Astronomen vorausberechnet und beobachtet. Ganz besonders selten sind solche Konjunktionen, die dreimal kurz hintereinander stattfinden - die letzte "Dreierbegegnung" zu unseren Lebzeiten fand 1980/1981 statt; die nächste wird sich erst 2238 am Himmel wiederholen.
Was schon Kepler berechnet hatte, nämlich das Jahr 7 vor Christus, genau dieses Datum und noch viele andere Details sind auf der Tontafel des Britischen Museums vermerkt.Was wir heute mit unserer Hochleistungs-Astronomie im Nachhinein berechnen können, steht dort in Keilschrift fein säuberlich aufgelistet: die drei Konjunktionen am 15. März, 20. Juli und 12. November im Jahre 7 vor Christus, und zwar jeweils im Sternbild Fische. Aus der Dreierbegegnung könnten unsere drei Weisen geworden sein.
Wichtig für Astronomen damals war aber nicht die Beobachtung, sondern die Deutung des Himmelsschauspiels. Für sie waren Planeten keine Himmelskörper, sondern Götter selbst, und der Himmel die direkte Entsprechung der Geschichte hier auf der Erde. Jupiter, dieser hellglänzende Stern am Himmel (jetzt in diesen Tagen wieder am Abendhimmel in südwestlicher Richtung eindrucksvoll zu sehen), stand für den höchsten babylonischen Gott Marduk - er war "Der Stern" schlechthin. Saturn entsprach dem babylonischen Kajmanu, einem Wandelstern, der immer nur mit dem König von Israel in Verbindung gebracht wurde. Dieser Kajmanu taucht sogar in der Bibel auf, nämlich in seinem aramäischen Namen Kewan im Buch Amos (Am 5,26) und (griechisch fehlübersetzt) im Neuen Testament als Romfa in der Apostelgeschichte (Apg 7,43). Und eben dieser Saturn stand auch noch im Sternbild Fische, dem himmlischen Ort des Landes Israel. Für die babylonischen Astronomen war also klar: Jetzt ist in Israel ein neuer König geboren und der König von Babylon soll hingehen, um ihm zu huldigen.