Freu dich des Lebens, es ist später als du denkst

Ritter Omlett

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Wien
Dieses Sprichwort verwendete gerne mein verstorbener Grossvater. Dieser Spruch steht in so einem Büchlein, indem man vertrauten Menschen etwas reinschreiben lässt. Dieser Spruch hat sehr grosse Bedeutung für mich. Es erinnert mich sehr an meine Kindheit und meinem Bezug zu meinen Grosseltern und ich finde die Charaktere meiner Grosseltern so interessant, im speziellen meines Grossvaters, sodass ich euch gerne einladen möchte mir mir ein wenig in die Vergangenheit zu reisen, das würde mich sehr freuen.

Ich sitze gerade in der Strassenbahn und fahre zu meinen Grosseltern. Ich bin inetwa so 12 Jahre alt. Meine Grosseltern wohnten an der Taborstrasse im 2. Wiener Gemeindebezirk. Ich fuhr sehr gerne mit Strassenbahnen, meine Mutter quälte ich dabei mit Geräuschen, die ich von mir gab, als ich so um die 5 oder 6 Jahre alt war, denn ich war der Auffassung, dass der O-Wagen, den gab es da früher, einfach O-Wagen hiess, weil er beim Fahren das Geräusch ooooo machte und jedesmal beim Wegfahren aus einer Station des O-Wagen kommentierte ich es mit dem Geräusch oooooooooooooooo, meiner Mutter war es sehr immer sehr peinlich, fuhr mein Grossvater mit, lachte er Tränen.

Nun gut, ich gehe gerade die Treppen rauf und läute an der Tür, ich hatte es eilig, denn das Abfahrtsrennen begann bald und ich war ja schon so neugierig wegen dem Franz Klammer. Ja,ja, mei Bua, die vertraute Stimme meiner Oma, die hinter der Tür langsam kam um zu öffen, ja,ja mein Bua.

Es gab natürlich dort mein Lieblingsessen, Kartoffelpürre mit Schokopudding. Opa richtete immer schon sein Nimmalles Kreisel her, das war so ein Spiel, da brauchtest du sehr viele Groschen, der Kreisel hatte, Nimm alles, gib eins, gib zwei, gib alles, nimm eines, nimm zwei, nimm alles. Ich war immer glücklich dort.

Ein weiteres Zimmer war das Kinderzimmer für uns Enkerl, mit einer Spielkiste, wo immer Kegeln drinnen waren und weil mir die Kegeln so gut gefiehlen, nannte ich sie auch manchmal "Kegeloma". Ich sagte oft, ich möchte zur Kegeloma.

Es gibt viele Menschen, die im Krieg gewesen sind, es gibt viele Menschen, die darüber redeten. Es gibt auch viele Menschen, die auch Neid hatten, die verkrafteten nicht so richtig, dass es den jungen Menschen besser geht, weil sie keinen Krieg miterleben mussten.

Mein Vater sprach immer dazu, von der verwahrlosten Jugend, die nichts leisten muss und nicht wissen was Krieg ist.

Mein Grossvater war auch im Krieg, er sprach allerdings nie davon, er freute sich, dass er mir gut ging und teilte mit mir viele seiner kleiner Wanderungen und den Inhalt seines Rucksackes.

Ich liebte seine Wanderungen und ich durfte immer dabei sein er hatte es sogerne gehabt. Wir hatten sogar lustige Wanderlieder gesunden, es freute mich. Mein Grossvater hatte immer einen Sack Schokonaps dabei, den wir einander teilten, doch 3 Stücke der Napse blieben immer im Sack, da fütterten wir einen Hund am Beginn der Wanderung, die wir immer machten.

Der Bub braucht Sonne, er braucht Wald, sagte er immer und der Bub, dass wird ein Wiffer, sagte er immer.

Mein Grossvater verstand es sein Jahre zu genießen, er brauchte nur einen Wanderrucksack, seinen Wanderstecken, und sein Fernglas, dass heute noch bei mir im Zimmer steht. Freu dich des Lebens, sagte er immer.
Das steht auch heute in meinem Stammbuch, von ihm niedergeschrieben und daneben steht der Ferngucker.
Freu dich des Leben es ist schon später als du denkst, dass wusste er, so ließ er Sorgen Sorgen sein und genoß seine Unbekümmertheit mit mir sehr oft. Frische Luft ein Rucksack ein paar Lieder, ein Obi gespritz, ein Speckbrot und sein Enkel(ich) fertig war die Lebensfreude, ganz einfach so.

Das mache ich heute auch, ja auch ich, der erwachsene Mann mit 41, braucht auch heute noch seinen Wald, seine frische Luft und eine Jause, ein Bier dazu oder ein gutes Glas Wein, schon ist sie fertig, eine Stück grosser Lebensfreude.

Er hätte ja auch klagen können wie mein Vater, doch dazu war er zu stark und zu schlau, aus seinem Herzen vergönnte er und hoffte seine Enkerl werden glücklich und ich denke oft, wenn ich zufrieden sein kann, an seine Worte, Freu dich des Lebens, es ist schon später als du denkst und vielleicht bin ich für ihm ja auch ein richtiger Wiffer, wenn ich zufrieden sein kann :)

Freu dich des Lebens, es ist schon später als du denkst und wenn du einen Friedhof besuchst und mit Bedacht an die Zahlen schaust, wann wer Versorben ist, ja es stimmt, du hast vielleicht noch doppelt soviel Zeit hier, aber vielleicht auch gar keine, denn viele sind jünger als du hier verstorben.

Freu dich deines Lebens, es ist schon später als du denkst.

Und ich denke, man sollte vieles aus auch heiter betrachten dürfen, denn auch in den Weiten des Universums, ich bin mir so sicher, ist es weise, einfach heiter zu sein und sich der Lebens zu freuen ;-))

Ganz einfach, so richtig einfach.
 
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ich habe die geschicht mit genuss gelesen,es kommt mir vor, du sprichst von meinem papa.auch er war glüchlich wenn seine enkerl(also meine 2 ) bei ihm waren und er hat sich gut mit ihnen vestanden,auch er ist gern gewandert und ich habe seinen "feldstecher"auch bei mir im schlafzimmer hängen, wo ich ihn immer sehen kann( auch ein altes stockerl, dass er gemacht hat und eine kiste,denn er konnte alles ,er hatte sozusagen" goldene" hände). er war ein wunderbarer opa sagen meine kinder und ich sage, ein wunderbarer, liebevoller papa und mein grosser sohn sagt oft,es ist schade, dass sein jüngerer bruder diesen wunderbaren menschen nicht mehr gekannt hat.danke für dein reise in die vergangenheit.
 
Feu mich, Zauberhexerl, dass du auch berichtest hast von früher, ich glaube, es prädigt einfach mit, die Zeit mit den Grosseltern und dass du auch noch den Ferngucker hast, finde ich grossartig, dass sind gute lebendige Erinnerungen.
 
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Ritter Omlett schrieb:
Ganz einfach, so richtig einfach.
Mein lieber Ritter - deine Geschichten sind EINFACH GUT. In allen möglichen Bedeutungen dieser beiden Wörter. :liebe1:
Übrigens mein Opa ist auch gern wandern gegangen, mit der Oma durch den Wienerwald - und mit mir Fußballspielen auf die Donauwiesen. Und im Krieg war er auch und hat nicht viel geredet davon - ich bin erst viel später draufgekommen, warum nicht.
 
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