Lieber lazpel,
Ich muss erst noch ein paar gedankenschleifen klaeren, bevor ich mein votum abgeben kann. Die frage nach freiheit oder religion sehe ich als abwaegen zwischen einem deterministischen bzw liberalen weltbild; bei dieser diskussion kommt die frage auf, ob unsere handlungen etwa determiniert und z.b. rein reaktiv innerhalb eines systems (eventuell auch innerhalb eines von gott geschaffenen systems) sind, oder ob wir freiverantwortliche wesen sind, die durch wirkliches handeln auch veraendern koennen. Trifft das deinen gedankengang? Dummerweise gibt es im determinismus so viele varianten, dass ich mich erst mal fuer eine haltung entscheiden muss, bevor ich mich hier festlegen kann.
Du hast ausserdem das stichwort konsum gegeben. Prinzipiell sehe ich in unserer gesellschaft, dass menschen geboren werden, um zu konsumieren. Selbst wer produziert laeuft gefahr, dass er erst einmal das produkt eines anderen kaufen muss, sei es auch fuer eine bestimmte ausbildung zu bezahlen, bevor er sein gut an den mann bringen kann. Menschen konsumieren und das ausgiebig und gerne. Daher stellen auch menschen kein wirtschaftliches risiko fuer einen staat dar, die sich nicht selbst ernaehren koennen. Solange die stuetze wieder auf dem markt landet, ist alles in ordnung. In einer konsumorientierten gesellschaft gibt es konsumenten, vermarkter und daneben noch ein paar kreierende, die sich erst einmal durchkaempfen muessen, bis man ihnen das ueberleben gestattet. Dieses anhaltende konsumsystem wird sowohl durch den markt als auch durch zahlreiche religionen genaehrt, so leiten viele religionen menschen dazu, noch mehr zu leisten und sich ihren segen erst einmal zu verdienen. Moeglicherweise schwimmen diese religionen nur auf der vogue der leistungsgesellschaft mit, um dort keine macht einbuessen zu muessen. Vielleicht auch, um sich nicht unnoetig damit aufzuhalten, menschen von etwas voellig neuem zu ueberzeugen? Die wissenschaft hat dies auch erkannt und bildet werbestrategen, coaches und advokaten aus, die den bestehenden markt regeln und den einzelnen anhalten, nicht quer zu schiessen. Denn konsum macht gluecklich. So suggeriert man dem anderen beduerfnisse zu haben und hat schon gleich ein produkt in der hand, mit welchem man diese beduerfnisse stillen kann. Man kann die tage im jahr nach schulanfang, muttertag, weihnachten, badeurlaub, fasching usw aufteilen, zu jedem kuenstlich benoetigtem product, gibt es das passende sonderangebot. In diesem sinn wurde allerheiligen auch durch Halloween ersetzt, da sich orangene kuerbisse besser zum dekorieren eignen als grabkerzen.
Du legst wissenschaft und freiheit zusammen in eine waagschale neben religion und konsum in der anderen Ich leite davon ab, dass du denkende wesen als frei bezeichnen wuerdest. Hier haben wir das alte problem, dass nicht jeder denken kann auch nicht dazu erzogen werden kann. Leider folgere ich daraus, dass die dummheit unsere gesellschaft regiert und die wissenschaft damit unfrei wird. Was nutzt der gelehrte im elfenbeinturm, wenn ihn keiner versteht? So implodiert der freie gedanke im vakuum.
In der anderen waagschale haben wir religion und konsum. Einer lenkt, die anderen folgen. Das lehren von kulturellen riten passt hier hinein, menschen nehmen gesagtes auf und handeln entsprechend. Ist die wissenschaft hier so anders als religionen? Welche auswirkungen hat das schulsystem fuer einen jungen menschen? Man lernt frueh aufzustehen und sich schon einmal an einen langen arbeitstag zu gewoehnen, oder hat man dich etwas anderes gelehrt? jede art von erziehung, jede lehre will ueberzeugen, ob man empirisch, hermeneutisch, oder wie auch immer forscht und evaluiert, das system orientiert sich am anfuehrer, manchmal heisst dieser Lehrer, manchmal auch marktfuehrer. nur die gesichter aendern sich im laufe der geschichte.
Falls ich nicht wieder aus dem netz fliege, schreibe ich gleich noch was zur religion.
Bis dann,
Lg
leeloo