Ich würde den letzten Satz etwas relativieren: Nicht alle Deutschen sind Antisemiten und nicht alle Tibeter mißbrauchen Frauen. So stimmt das schon eher.
So sehe ich das auch...es geht ja nich darum alles in Bausch und Bogen zu verdammen...aber (das alte) Tibet als Paradis auf Erden zu deklarieren ist auch nicht richtig.
Tibet war sicherlich kein Paradies. Das glaubt keiner und muss man auch niemandem in den Mund legen.
Aber der andere Satz, "nicht alle..." trifft es auch gar nicht! Es gibt überall auf der Welt Menschen, die Frauen mißbrauchen. "Nicht alle deutschen sind Antisemiten" ist nach der Gewichtung her völlig überzogen. Das trifft den Kern einer Minderheit nicht.
Die Schlussfolgerung der Threadüberschrift lässt anmuten, daß tib. Buddhismus mit Frauenunterdrückung einher geht. Das ist aber sicherlich nicht der Fall. Ebensowenig wie es eine tibetische "Spezialität" wäre, Frauen zu unterdrücken.
Ausserdem habe ich darauf hingewiesen, daß das alte Tibet nicht mehr existiert und die Diskussion dann eher aus historischer Sicht geführt werden sollte, so wie über die Nazivergangenheit in Deutschland.
Leider wird immer gerne gelesen, was man selbst meint, nicht was geschrieben wurde. Ich denke Frauenunterdrückung und Mißbrauch (übrigens auch von Männern) ist immer ein heikles Thema. MIR ist in 20 Jahren buddhistischer Praxis allerdings noch niemals dieses Thema begegnet, daß Frauen niedriger angesehen werden oder gar mißbraucht werden. Ganz im Gegenteil. Es gibt befreite und erleuchtete Frauen und sie alle tun und lassen, wonach ihnen der Sinn steht. Und meine Mitschülerinnen sind sicherlich alles andere als Duckmäuserisch oder unfrei. Die stehen bei diesen willkürlichen Kausalitäten ziemlich Opfergleich dar. Mir würden diese Mutmaßungen als Frau nicht schmecken.
In unserer Schule ist sogar ein Hauptanliegen, sich für die Freiheit der Frau weltweit einzusetzen, weshalb vielen von uns vor allem der Islam ein Dorn im Auge ist.
Daß es im alten Tibet Fälle von Frauenunterdrückung gegeben hat, will niemand bestreiten, aber das ist
trotz, nicht
wegen des Buddhismus passiert. Und ich finde die These ziemlich polemisch, daß als Normfall deklarieren zu wollen.
Mir sind Fälle bekannt, wo Kinder unter einem extremen Lerndruck standen, nach den alten Tradionen des tibetischen Buddhismus. Ich kenne auch Fälle von marzialischen Strafen an Dieben und Räubern. Tibet hat bis 1959 gelebt wie im Mittelalter. Abgeschieden von der Aussenwelt, haben die ganzen politischen und aufklärerischen Epochen wie in Europa mit der Renaissance Industrialisierung und Medialisierung nicht statt gefunden.
Das ist doch alles kein Geheimnis. Aber sich nun ein einzelnes Thema des Mißbrauchs und Frauenunterdrückung heraus zu nehmen, als wäre das nun was ganz spezielles, was dieses Land ausmacht, oder gar der Buddhismus, ist einfach nur platt.
Dann auch noch tantrische Texte dazu zu bemühen um diese These zu belegen, schaft eine allerfeinste Verschwörungstheorie á la "Trimondi".
Ich praktiziere seit einigen Jahren Vereinigungspraxis und wenn ich die Laienkommentare dazu lese, muss ich schon manchmal staunen, wie seltsam die Einstellung der Leute ist. Da fehlt hinter dem Text das Wissen um die gesamte buddhistische Philosophie, der verschiedenen weiterführenden Belehrungen über Leerheit, Mitgefühl und die Sichtweisen von Mahamudra/Dzog Chen etc. Ohne das, liest man nur Worte und setzt eigene Vorstellung als Hintergundwissen ein. Diese sind dann medial geprägte Sichtweisen, investigativ hinter jedem Pups einen Skandal zu vermuten.
Im Buddhismus geht es immer nur um den
eigenen Geist. Tantrische Texte auf die Aussenwelt zu projezieren, ist völliger Blödsinn. Ich muss fü rmeine Vereinigungspraxis nicht mal eine oder meine Frau bemühen. Auch der Pimmel bleibt in der Hose.
Es geht wie gesagt nur um die inenren Prozesse im Geist. Diese sind nunmal, wenn man ehrlich mit sich ist, oft ganz schön wild.