Wer es zu entscheiden hat? Offenbar die falschen Leute.
Wieso sollte überhaupt jemand entscheiden, was gute und was schlechte Kultur ist?
Wenn es aber keine kritischen Stimmen gibt, werden die weiterhin denken, dass sie so weitermachen können. Reich-Ranicki und Frau Heidenreich waren 2 solch kritische Stimmen.
Die kritischen Stimmen sind notwendig, damit auch der Bedarf an "guter Kultur" gezeigt wird. Wenn der nicht da wäre, gäbe es auch keine kritischen Stimmen. Ich sympatisiere in gewissen Punkten sehr mit Frau Heidenreich und Herrn Reich-Ranicki. Aber es ist schon ein Unterschied, ob man sagt: "Ich möchte lieber Mozart als Bohlen hören." und: "Ihr solltet gefälligst lieber Mozart als Bohlen hören." Das eine lässt das Volk mündig, das andere nicht. Und das nervt mich an der ewigen Medienkritik. Es wird immer erwartet, dass das Volk Medien konsumiert, um Marmor zu sch... .
Was die Eltern angeht; Manche Eltern lachen doch mit bei den abfälligen Sprüchen, oder viele interessiert es nicht mal, was die Kinder sich angucken.
In pädagogischer Hinsicht versagen die Eltern als erste Instanz natürlich vor dem Fernsehen, welches sich im Endeffekt nur von den Quoten ernährt, durch Formate welche die niederen Triebe der Zuschauer ansprechen.
Wer entscheidet wieder, was die "niederen Triebe" sind?
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es ein ganzes Gerichtsverfahren, um die Frage zu klären, ob der Roman "Josephine Mutzenbacher" Kunst oder Pornografie ist.
In den 60er Jahren, haben Eltern ihren Kindern verboten, die Beatles zu hören, weil das ja Krach und keine Musik wäre.
Heutzutage würden die Eltern jetzt ihren Kindern am liebsten das Anhören von Techno-Musik verbieten (in meinen Ohren zu Recht
)
Was ist gute Kultur und was schlechte? Solange gewisse Grenzen nicht überschritten werden, hat sich da keiner moralisch über den anderen zu stellen, wenn dieser andere Formate lieber konsumiert. Das geschieht aber oft in der Medienkritik; und das vernt mich tierisch.
Das sagt auch wiederum viel über das Zuschauertum aus. Noch mehr sagt es aber über die Geldgier, kongruent zum gleichzeitigen Mangel an Pflichtbewußtsein, der Sendeanstalten aus.
Welche "Pflichten" haben denn Deiner Meinung nach die Medienanstalten? Die öffentlich-rechtlichen Sender haben den sog. Bildungsauftrag. An sonsten sind das alles wirtschaftlich orientierte Firmen, die eine Nachfrage durch ihr Angebot decken wollen.
Wenn das gros der Zuschauer irgendwelche Casting-Shows sehen will... niemand hat zu entscheiden, dass das schlechte Kultur ist, auch, wenn es mein Geschmack nicht ist.
Bohlens Sprüche überschreiten nicht nur die Grenze des guten Geschmacks, sie sind unterste Schublade.
Yup. Und sie überschreiten auch noch gesetzliche Grenzen. Dafür wurde er auch schon zu Recht gerüffelt (und trotzdem macht er weiter).
Aber bleiben wir im Gesetzlichen Rahmen; z.B. die schönen Gerichtsshows. Sie haben mit der Realität des Gerichtsalltages herzlich wenig zu tun. Um den Fall spannend zu halten kommt am Schluss immer ein Deus-ex-machina-Zeuge, der den fall ganz anders aussehen lässt... richtige Gehirnweichspüler. Aber wer hat das zu entscheiden? Wieso sollten solche Sendungen verboten werden, wenn sie sich solcher Beliebtheit erfreuen? Weil sie die "niederen Triebe" ansprechen? Wer entscheidet, was die "niederen Triebe" sind? Sollte man deswegen auch Kuss-Szenen im Fernsehen verbieten, weil einige Leute Erotik schon als "niederen Trieb" betrachten?
Medienkritik ist gut und wichtig, sie sollte aber nicht den erhobenen Zeigefinger enthalten. Der nervt nur und führt zu beinahe diktatorischen Gesetzen, wenn man ihm folgt.
Wenn das nicht zeigt, wi tief das deutsche Fernsehen gesunken ist, dann weiß ich auch nicht.
Da gebe ich Dir, Frau Heidenreich und Herrn Reich-Ranicki ja Recht.
Aber die Folgen, wenn man jedem erhobenen Zeigefinger folgen würde, weil jemand dieses oder jenes Format nicht mag (aus verschiedenen teilweise wirklich guten Gründen), sehen einer Diktatur ziemlich ähnlich.
Die Medienanstalten sind Wirtschaftsunternehmen, die nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage arbeiten, und keine Erziehungsunternehmen. Das Volk ist als mündig anzunehmen und nicht durch eine intellektuelle Minderheit zu erziehen. Das übersehen Medienkritiker gerne.
Medienkritiker können und sollen gerne ihre Meinung sagen. Aber die Form, mit der das häufig geschieht (sinngemäß: "Euch hat gefälligst Mozart mehr zu gefallen als Bohlen!!!"), nervt mich tierisch.
Um "gute Kultur" zu fördern muss man eine Nachfrage für diese Formate schaffen und nicht die "schlechte Kultur" madig reden.
Verstehst Ihr, was ich kritisiere?
Viele Grüße
Joey