http://www.logo.at/index.php?id=312[FONT=Arial,sans-serif]
Georg Schmarrnhofer, von allen nur Chakren-Dschorschi genannt, war ein esoterischer Tausendsassa. Keine Lehre, die er nicht kannte, kein Guru, den er nicht getestet hatte, keine Weisheit, von der er nicht behaupten konnte, sie erkannt, durchlebt, erfahren zu haben. Der Chakren-Dschorschi galt in der Esozene als Wissender. Immerhin war er nicht mehr ganz taufrisch, d.h. eigentlich verrieten seine weißen Haare, dass er die Jugendzeit bereits hinter sich hatte.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Dem Chakren-Dschorschi ist es immer gut gegangen. Sein Vater starb früh, was nicht unbedingt als Glücksfall zu bezeichnen ist, aber seine Frau, ihres Zeichen die Mutter des Dschorschi, erbte ein beträchtliches Vermögen, das sie gerne ihrem Georg zukommen ließ. Und so lebte der gute Georg und spätere Chakren-Dschorschi wie ein kleiner Fürst, besuchte esoterische Seminare, ging auf Spiritreisen zu Kraftplätzen in aller Herren und Frauen Länder und kam nie in die Verlegenheit, arbeiten zu müssen. Er sah das als sein gutes Karma an, weil er im letzten und vorletzten und vorvorletzten Leben einfach verdammt gut drauf war, und er scharte voller Begeisterung einen esoterisch interessierten Hofstaat und Fanklub um sich.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Eine Tages, es war ein trüber, nebeliger Tag im November, lernte er den Schamanen Johann Watzlawek kennen. Das war nichts außergewöhnliches, war zu dieser Zeit doch fast jeder zehnte Mensch Schamane, in der Esoszene sogar jeder dritte. Längst hatten die weißen Schamanen die Weisheit der Indianer übernommen, was auch höchste Zeit war, standen die doch kurz vor ihrer endgültigen Ausrottung. Und fast jeder der weißen Schamanen, mit seinen Trommeln und Federn und Medizinrädern, war in der Tiefe seines Herzens davon überzeugt, doch um einiges besser und weiter zu sein als jene Rothäute, auf die er sich berief.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Nun zog der Schamane Johann Watzlawek, der früher Schulwart gewesen war, durch die Lande und predigte den Flug der Forelle. Nun weiß jedes Kind, oder fast jedes Kind, dass eine Forelle nicht fliegen kann. Aber gerade das war der springende Punkt, an dem sich die schamanische Weisheit, der schamanische Geist, das schamanische Know How, um es kurz zu machen, des Watzlawek entzündete. Denn, so lehrte er, wer das Feuer der Schöpfung in sich entzündet, der ist eine Forelle, die sich wie ein Adler zur Sonne erhebt.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Nun wollten sich viele, die meinten, sie seien wie die im Bach schwimmenden Forellen, wie ein Adler zur Sonne erheben. Auch der Kreis um den Chakren-Dschorschi begeisterte sich für die Versprechungen des Schamanen Johann Watzlawek. Klar, dass sich Dschorschi auch dafür zu interessieren begann. Doch der Schamane zierte sich, er sagte immer wieder, noch sei die Zeit nicht reif, dass sich die Forelle wie ein Adler zur Sonne erhebe. Es fehle noch was.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Die Spannung, die Gier, die Sehnsucht, die Besessenheit der wartenden Fangemeinde stieg immer weiter an, von Tag zu Tag, bis es fast keiner mehr aushalten konnte. Als die Ersten verzweifelt sich die Kleider vom Leib rissen und mit toten Forellen in den Händen heulend tanzten und viele voller Verzweiflung den Forellengeist mit Hühneropfern zu beschwören versuchten, dass er sich doch in den Adler verwandle, da trat der Schamane vor die in einer Jurte versammelte esoterische Gemeinde.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Ich hatte eine Vision sprach Watzlawek. Ich sah im Geist ein großes Grundstück mit einem großen Bauernhof. Dort, so sprach eine Stimme zu mir, kann sich die Forelle in einen zur Sonne fliegenden Adler verwandeln. Dort und nur dort ist der Flug der Forelle möglich. Nur dort könnt Ihr alle an diesem Mysterium teilhaben. Der Schamane legte eine Pause ein, während ihn wie vor Fieber glänzende Augen gebannt anstarrten. [/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Ich hatte das Glück sprach der Schamane weiter, diesen Platz gefunden zu haben. Er liegt unweit der Grenze in der Südsteiermark. Aber e s gibt ein Problem. [/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Alle erstarrten. Stille breitete sich aus. Nur eine junge, schwangere Biobäuerin murmelte ein Mantra.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Ich habe das Geld nicht, um das Grundstück mit dem Hof zu kaufen.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Wieder qualvolles Schweigen. Dann schluchzte eine junge Frau, bald waren es viele. Heulen und Wehklagen hob an. Depression machte sich breit.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Kannst Du mir helfen fragte da der Johann Watzlawek laut und deutlich den Chakren-Dschorschi.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Der starrte ihn an. [/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Und alle starrten ihn an.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Hilf, Dschorschi, hilf! fing ein monotoner Gesang an, zu dem sich alle wiegten.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Hilf, Dschorschi, hilf![/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Chakren-Dschorschi hob die Arme zum Himmel. [/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Hilf, Dschorschi, hilf![/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Chakren-Dschorschi ließ die Arme sinken und summte ein OM.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Hilf, Dschorschi, hilf![/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Angesichts seiner Anhänger, die flehentlich die Hände nach ihm streckten, überkam den Chakren-Dschorschi eine tiefe Rührung.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Hilf, Dschorschi, hilf![/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Ich will sehen, was möglich ist rief er in die summende Menge.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Da verstummten alle.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Nach einer Weile zog er sich mit dem Schamanen zu einer geheimen Unterredung zurück.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Zwei Tage und zwei Nächte saßen sie in einem kleinen Tipi und redeten. Dann kamen sie überein, dass der Chakren-Dschorschi dem Schamanen Johann Watzlawek das Geld borgen würde, nachdem dieser hoch und heilig versprochen hatte, es innerhalb von zwei Jahren zurückzuzahlen. Er hätte gute Quellen, die vor Gold und Silber nur so überflossen, beteuerte der Schamane, aber noch war die Zeit nicht ganz reif, sie anzuzapfen. Noch standen die Sterne nicht ganz richtig. Doch der Kessel der Fülle warte auf ihn.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Das ganze vertraglich zu regeln, wie es der Chakren-Dschorschi wollte, lehnte der Schamane entrüstet ab. Denn so etwas Profanes würde den Zauber töten und niemals würde sich der Forellengeist zum Flug des Adlers erheben, wenn derart niedere Ebenen ins Spiel kämen. Und, meinte der Schamane erstaunt, wie kleingläubig der Chakrten-Dschorschi noch in seinem Alter sei. Habe er noch nicht die Erleuchtung erlangt? Wolle er das wirklich seinen nach dem Flug der Forelle schmachtenden Anhängern antun?[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Natürlich konnte er das ihnen nicht antun. Natürlich war er erleuchtet, und wie! Der Chakren-Dschorschi war bei seiner Ehre gepackt. Am übernächsten Tag übergab er dem Schamanen das Geld. 500.000 . Damit war der Chakren-Dschorschi mehr oder weniger pleite. Aber sein Fankreis jubelte ihm zu. Und er hatte sich als wahrhaft Erleuchteter, über den Niederungen der materiellen Dinge Stehender, geoutet.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Nach zwei Jahren, der Schamane Johann Watzlawek hielt bereits auf seinem Hof, den Schüler gehorsam renoviert hatten, Seminare ab, die ihn zu einem reichen Mann machten, sah der Chakren-Dschorschi aber kein Geld. Seine Fans waren inzwischen Fans vom Schamanen Watzlawek geworden. Denn sie versuchten, die Flug der Forelle zu lernen, was, so lehrte es der Schamane, nur wenige in diesem Leben schaffen würden, aber für gehorsame Schüler wäre dies spätestens im nächsten Leben dann eine Selbstverständlichkeit. [/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Chakren-Dschorschi, inzwischen vereinsamt, wartete noch ein wenig und stellte dann den Schamanen telefonisch zur Rede. Doch der wich ihm aus. Immer wieder. Auch Emails halfen nichts. Telepathie schon gar nicht. Das ging Wochen und Monate so. Nach einem Jahr, Chakren-Dschorschi war schon ganz abgemagert, da sein Geld beim Schamanen war und er es unter seiner Würde fand zu arbeiten, immerhin hatte er das sein ganzes Leben nicht gemacht und das würde ja auch seine Überzeugung von seinem superguten Karma untergraben, reichte es dem alten Mann. Er fuhr wild entschlossen an die südsteirische Grenze, um die Schulden vom Schamanen einzutreiben.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Dieser empfing ihn mit einer Horde von grimmig dreinblickenden Schülern. Viele von ihnen waren einst seine Fans gewesen. Nun versuchten sie nicht nur zu lernen, wie sich der Geist der Forelle wie ein Adler zur Sonne erhebt, sondern sie gingen auch den Weg des Kriegers. Und so standen sie nun mit Lanzen, Bogen und Pfeilen bewaffnet rund um den Schamanen Johann Watzlawek.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Trotz dieser schamanisch bewaffneten Armada trat Chakren-Dschorschi mutig vor:[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Johann Watzlawek, ich will jetzt mein Geld zurück haben.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Das bekommst Du nicht. Sagte der Schamane.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Chakren-Dschorschi lief rot an: Du Verräter! Du Schwein! Warum nicht?! Es war so ausgemacht. Mit einem Handschlag.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Aber Dschorschi lächelte der Schamane, ehemaliger Schulwart, den vor Wut Schäumenden an: Ich helfe Dir nur, dein schlechtes Karma ab zu tragen, denn im letzten Leben warst Du, Verblendeter, kein spirituelles Superass sondern ein Mega*********, ein Ausbeuter, ein Abzocker der übelsten Sorte.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Chakren-Dschorschi starrte ihn ungläubig an.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Und darum kannst Du Dir meine Schulden in den Arsch schieben.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Mit diesen Worten drehte sich der Schamane um und ging in seinen feudal eingerichteten Bauerhof. Die Schar der Krieger, die den Schamanen Johann Watzlawek verteidigte, blickte grimmig auf den Chakren-Dschorschi.[/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Dem blieb nur der Rückzug. [/FONT]
[FONT=Arial,sans-serif]Ab sofort nannte er sich wieder Georg Schmarrnhofer[/FONT]