Liebe Begone,
warum soll ich die Verletzung meiner Seele verarbeiten, nur um damit dem Schuldigen verzeihen zu können? Erfahrungsgemäß sind die Schuldigen nicht einmal bereit ihre Verfehlung einzugestehen und selbst um Versöhnung zu bitten. Grauer Wolf hatte das ja schon sehr schön beschrieben.
Eine Schuld kann man nicht tilgen, es bleibt lediglich der Wille zur Umkehr, um neue Wege der Versöhnung gehen zu können. Das kann aber nicht der Verletzte, der am Boden liegt, sondern nur der Schuldige selbst. Der Mensch in der Geschichte bei Lukas, der in die Hände der Räuber fiel und verletzt am Boden lag, konnte sich auch nicht selbst retten, sondern bedurfte eines Samariters.
Ich halte nichts von Selbstkasteiungen, um die Schuld eines anderen in mir selbst zu finden. Wo ist die Mutter von Asmodi, die reumütig ihren Sohn in die Arme nimmt und ihm ihre Liebe schenkt? Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, den Fluch gegen ihren Sohn wieder aufzulösen. Die Geschichten von Asmodi oder Grauer Wolf sind leider kein Einzelfall.
Nein, Flüche warten nicht darauf aufgelöst zu werden – dafür werden sie nicht ausgesät. Sie legen sich wie ein Schatten auf die Seele eines Menschen, um sie aufzufressen. Ich weiß jetzt nicht, ob es noch etwas Spektakuläreres für einen Menschen gibt, als wenn das Innerstes seiner Persönlichkeit angegriffen wird.
Der Liebe liegt der Anspruch inne angenommen zu werden, wird sie abgelehnt, schadet dies dem Seelenheil. Um mich mit jemandem Versöhnen zu können, muss ich diesen nicht zwangsweise gleich lieben müssen.
Merlin