Christoph
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Da stimme ich völlig überein. Und genau deshalb sind stundenlange Aufstellungen mit dem Anspruch des "Durcharbeitens" meistens ganz und gar nicht sinnvoll. Dies Seele braucht nur einen Anstoß und den Rest macht sie ganz allein. Und das ist tatsächlich besser als es jeder Psychotherapeut je leisten kann!safir schrieb:Den Grossteil der Arbeit muss der Klient selber leisten.
Wenn das aber stimmt, dass der Betroffene "die Arbeit selber leisten muss", dann verbietet sich eine aufgedrängt "Nacharbeit". Allein das Angebot signalisiert dem Unbewussten des Aufstellenden: Du kannst das nicht allein. Un ddas nimmt ihm nicht nur die Würde sondern macht ihn zudem schwach und abhängig. Selbstverständlich können mich allerdings z.B. meine Aufstellungsteilnehmer nach einer Aufstellung anrufen und Fragen stellen usw. ich vermeide aber die Induktion im Seminar aus den o.g. Gründen. Jeder hat einfach meine Telefonnummer und wenn es dringend ist, wrid derjeneige sie auch wählen. Bisher habe ich übrigens i.d.R. nur Anrufe gehabt, wo Aufstellende die überraschenden positiven Wirkungen mitteilen wollten.
Die Qualität einer Aufstellung bemisst sich allerdings nicht nach ihrer Länge (da sind die langen Aufstellungen eher die kraftloseren) oder Intensität/Dramatik (ist manchmal ein werk exaltierter Stellvertreter - die "leisen" Aufstellungen sind oft die mit der tiefsten Wirkung). Die Qualität bemisst sich einzig an der (langfristigen) Wirkung.
Und genau diese langen Vorgespärche führen den Aufsteller in die Irre. Er kann nicht mehr wahrnehmen, was sich im Moment zeigt, sondern ist von den vom Aufstellenden gegebenen (zumeist Fehl-) Informationen beeinflusst.Die Aufstellung, von der Du berichtest, unterscheidet sich aber in ganz wesentlichen Elementen von den Aufstellungen Hellingers. Erstens gibt es mindestens ein Vorgespräch und eine Nachbetreuung.
Eine brauchbare Aufstellung geschieht aber nicht "aus dem Kopf heraus".
Ich habe persönlich die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoller ist, sich nahezu ohne verbale Informationen jenseits des Anliegens dem Aufstellenden im Vorgespräch (das vor einer Aufstellung geschieht) und seiner Aufstellung aus der leeren Mitte heraus auszusetzen. Dann kommt meist der richtige Impuls. Oft ist es das, was als "unmöglich" oder "das macht man doch nicht" gilt, was dann die Lösung bringt.
Zudem werden die Stellvertreter zumeist zu sehr von evtl. zuvor verbal abgegebenen Wertungen des Aufstellenden beeinflusst und können nicht mehr offen wahrnehmen. Und der Forderung nach Wahrung der Diskretion kommt ein Minimum an verbalen Vorinformationen ebenfalls nahe. Oft mache ich es so, dass eine Aufstellung sogar "verdeckt" geschieht - d.h. die Stellvertreter wissen nicht, wen sie repräsentieren.
Das hier kritisierte und unverstanden "autoritäre Gehabe" ist oft genau das, was bestimmten Aufstellenden bzw. Teilnehmern gegenüber angemessen ist, wenn man genau hinschaut. Will ein Aufsteller sinnvoll und mit Wirkung arbeiten, so muss er sich bei einigen Teilnehmern erst einmal Achtung verschaffen. Wer mir dreinredet, kriegt mitunter aus gutem Grund erst mal eins übergebraten. Oft haben die Aufmüpfigen sich ihren missachteten Eltern gegenüber genau so verhalten. Wen man das zulässt, ergibt sich sofort eine Übertragungs-Situation, die dem Stellen entgegen steht. Meine konkrete Erfahrung ist: wer mich als Leiter nicht achtet, der kann mit jedwedem Ergebnis - was immer bei der Aufstellung herauskommt - nichts anfangen. Er wird mich und das, was er davon haben könnte, genauso verächtlich behandeln, wie er seine Eltern behandelt hat. Und dann gelingt die Achtung vor den Eltern ebenfalls nicht und der beliebt in der Anmaßung (aus Liebe).Und wenn sie sich genügend Zeit für den Klienten nimmt, und dabei nicht so ein autoritäres Gehabe an den Tag legt, wie es bei Hellinger und einigen seiner Anhänger der Fall ist, dann ist das schon mal grundsätzlich positiv.
Ich sehe sehr wohl die Brisanz in diesem Sachverhalt: er öffnet natürlich auch das Tor für jene persönlich unreifen Aufsteller, die lediglich gern ihre Macht erleben wollen und nicht dem Teilnehmer zugewandt sind und sich in seinen Dienst stellen wollen und können. Das ist elementare Voraussetzung. Und genau dieses Dilemma ist der Grund,wieso Bert Hellinger davon abrät, dass bereits unter 30jährige Aufstellungen leiten. Eine gewisse Lebenserfahrung ist notwendig.
Auch ist ein solches autoritäres (und oftmals enttäuschendes) Verhalten jenen gegenüber angebracht, die mit großen "Heilserwartungen" kommen und den Leiter gern in eine Art "Guruposition" bringen. Dem muss man widerstehen und diese Erwartungen sofort enttäuschen. Dann ist der Teilnehmer frei und erwachsen. Allerdings um den Preis, dass man sich nicht bei ihm beliebt macht. Wer also seine Teilnehmer und das Gebrauchtwerden "braucht", der ist als Aufsteller fehl am Platz. Zu dem Sinn des "autoritären Verhaltens" und der gezielten Enttäuschung gibt es im Buch "Ordnungen des Helfens" wichtige Hinweise.
Christoph