Also ich muß mich hier Waldweg anschließen. Es ist ja tatsächlich keineswegs so, dass die Methoden die Ärzte anwenden evidenzbasiert sind. Ärzte wenden Medikamente an, die nach wissenschaftlichen Kriterien (lassen wir mal außen vor ob richtig oder falsch) verifiziert sind. Aber schon bei der Verschreibung der Medikamente wird weder evidenzbasiert das beste Medikament verschrieben (erlaubt in vielen Fällen schon das Sozialsystem aus Kostengründen nicht), noch erfolgt eine evidenzbasierte Behandlung (da diese im Einzelfall gar nicht evidenzbasiert sein kann, sondern maximal eine "best practice") und auch keine evidenzbasierte Verschreibung, da es weder bei der Medikamentendosierung (Einheitsgrößen) bzw. bei Querwirkungen des Medikaments im Körper logischerweise für das Individuum keinerlei Evidenz geben kann. Letztendlich ist also eine individuelle Behandlung - gerade in komplexeren Fällen - für einen Arzt genauso wenig irgendwie evidenzbasiert wie für einen Esoteriker.
Hier ist also eine sehr gute Vergleichbarkeit mit der Esoterik gegeben.
Auch in der Esoterik bzw. Energetik werden nur Methoden angewendet, die bereits z.T. über Jahrhunderte hinweg empirisch erforscht sind. Und wo sich jeder Kunde ganz einfach davon überzeugen kann, dass sie wirken. Und zwar in vielen Fällen sogar besser als bei medizinischer Behandlung, da die Medizin in den meisten Fällen nur aktuelle Symptome behandelt werden um Menschen "funktionsfähig" zu erhalten, nicht jedoch die tatsächlichen psychischen/energetischen Ursachen von Krankheiten.
In der Medizin haben wir dagegen oft den Fall, dass eine (ggf. sogar nur vordergründige) Besserung an einer Stelle oft auch neue Probleme nach sich zieht, d.h. den Gesamtzustand ggf. sogar verschlechtert.
Letztendlich interessiert keinen Menschen (außer ein paar speziellen Exemplaren) - weder beim Arzt noch beim Esoteriker - ob eine Methode evidenzbasiert ist. Sondern lediglich, dass sich das Problem verbessert, vielleicht mit viel Glück vielleicht nie wieder auftritt. Oder verlangst Du jedes Mal bei deinem Arzt die entsprechenden Studien für seine Behandlungsmethoden?
Ich finde es unheimlich spannend ... denn je öfter man dieses Thema diskutiert, desto mehr zerfällt das "wissenschaftliche" Bild, das so gerne vertreten wird, und es zeigt sich, dass dieses Bild ziemlich inhaltslos ist, und tatsächlich nur eine ängstliche Abgrenzung gegenüber "artfremden" Methodiken die von keinem "Insider" erfunden sind (was sich auch darin zeigt, dass esoterische Methoden ja schon übernommen werden, wenn sie Geld bringen oder "bewiesen" werden - also können sie vorher ja auch nicht so schlecht gewesen sein).
EBM bzw. EBT bedeutet, dass unter wissenschaftlichen Kriterien (und für die verschiedenen Fragestellungen gibt es verschiedene passende Designs) ein nachvollziehbarer Wirknachweis erbracht wurde (dessen Aussagekraft eben auch vom gewählten Design und sauberer Methodik abhängt).
Dein, im Sinne des Eingangsposts völliger OT-Einwurf (es geht bei Thread-Frage nicht zugelassene Medikament, Verfahren oder ÄrztInnen), ist aus mehreren Gründen interessant:
Du monierst, dass es im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit „
für das Individuum keinerlei Evidenzen geben kann“.
Und damit hast Du völlig recht. Als BehandlerIn kann man auf individueller Basis nur beobachten, ob die gewünschte Wirkung eintritt oder nicht und die Behandlung entsprechen adaptieren, aber keine (und schon gar nicht verallgemeinerbare) Evidenzen ableiten.
Dieser Umstand gilt übrigens auch für die ganze Eso-Energetik-Quacksalberei!
Und erklärt, warum methodisch saubere Studien so wichtig sind!
Nochmal: Die Mehrzahl von Anekdote (Einzelfall) ist Anekdoten (Aneinanderreihung von Einzelfällen) und NICHT Daten (Evidenz, Wirknachweis für Behandlungsmethode)!
Eine gute Behandlung stützt sich eben sowohl auf evidenzbasierte Erkenntnisse und Best Practice – also was hat sich von den wissenschaftliche untermauerten Methoden in Kontext X bisher bewährt.
Und hier hakt es bei „Eso-BehandlerInnen“ gewaltig!
Fehlen die zugrunde liegenden Evidenzen, bleibt, sowohl bei Erfolg (gewünschtes Ziel erreicht), als auch bei Misserfolg (gewünschtes Ziel nicht erreicht) den BehandlerInnen nur Raten, Meinen oder Glauben.
Zeigt sich im Rahmen der Behandlung des Individuums eine Zustandsverbesserung kommt es zu ungerechtfertigten Zuschreibungen und daraus erwachsenden Schein-Gewissheiten – von dem Übersteigerten Wirkmächtigkeitsglauben ganz zu schweigen.
Treten die gewünschten Verbesserungen nicht ein kommt es zu selbstimmunisierendem Verhalten, die persönlichen „Anteile“ des Patienten/ Klienten bekommen plötzlich gaaanz viel Gewicht und die fehlenden Evidenzen lassen, zusammen mit Fehl- u. Überinterpretationen zu Krankheitsentstehungen, extrem viel Spielraum zur Selbstrechtfertigung und Externalisierung des negativen Ergebnisses!
„
Wer wirklich richtig glaubt /Heilung möchte, wird geheilt. Wer nicht geheilt wird, hat eben nicht wirklich richtig genug geglaubt /gewollt – oder war eben noch nicht soweit.“
Die Methoden selbst bleiben aber unhinterfragt (und die eigene Einstellung dazu meist auch).
Zeigen strukturierte, methodisch gut gemachte Versuchsreihen keinen Effekt, wird methodische Forschung insgesamt gebasht und für die jeweilige Eso-Methode reklamiert, dass die ja was ganz, ganz Anderes, Besonderes ist und methodisch gar nicht erforscht werden kann! Gibt es allerdings den geringsten wissenschaftlich anmutenden Hinweis auf Wirksamkeit wird selbst die inferiorste, methodisch grottigste Studie in alle Ewigkeit aufs Eso-Banner geschrieben.
Dieses Vorgehen ist zwar menschlich, aber zutiefst unlauter.