Ethereal trails -:-:-:- meditations

Tide

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Der Kraftplatz auf der Insel


Es ist kalt, das feucht geplättete, liegende Gras ist dünn mit liegen bleibendem Schnee bedeckt. Unter den nacktastigen Bäumen liegt noch altes, dunkelbraunes Laub vom Herbst, matschige, platte Blätter, im Grün. Stengel von wilden Hafer, hellbraun, wehen sanft im eisigen Wind. Meisen tschicken in den Büschen, Krähen rufen dunkel durch die weite, stille Landschaft. Kraaa. Kra.


In der Ferne, am Rand des weiten Graslandes, sind die Bäume alle winterlich entlaubt, in einigen sehe ich grüne Mistelballen. Ein Silberreiher senkt sich hinter die Lichtung zu meiner Rechten majestätisch zum Fluß hinunter. Ich betrachte die Weiden am Wegesrand, wo die hellgrünen kleinen Zapfen dicht an dicht hängen, ohne Blätter. Die Krähen suchen Beeren, stakseln vornehm auf dem schneeverwehten Pfad herum, sammeln sich dann wieder in einer kahlen Krone.


Dahinter geht es die Böschung hoch, von da sehe ich den Fluß, da unten fließt es, dunkelgrün, quirlend, rauschend, die sichtbaren Steine am Rand dunkelbraun vermoost. Ich folge dem schmalen Pfad, nun kommen die Stromschnellen, das Wasser geht rascher, ist klarer geworden, weiß quirlend, wenn es herab stürzt.


Wenn man den Weg nicht kennt, macht man sich hier naß und verliert die Lust daran, doch ich weiß, wo ich auf den nächsten Absatz komme, ohne die eisige Gischt an die Hosenbeine zu bekommen. Die kleinen Wasserfälle rauschen, und es hat hier richtig Tempo, weitstrahlig schießt es nach unten. Es duftet sogar bei der Kälte nach Algen und Moder.


Nun kommt die Stelle, die man ebenfalls kennen muß, sonst kommt man nicht auf die Insel. Ich steige hoch und stelle mich auf den platten, braunen Felsen, ziehe dann den Ast mit dem Seil hinunter, so hangele ich mich hinüber. Das kann man von unten weder sehen noch kommt man anders hinüber, ohne naß zu werden. Ich kenne diesen geheimen Pfad noch aus rebellischen Zeiten. Hier saßen wir auf den Felsen, über dem See, und rauchten unsere ersten Zigaretten.


In dem Hain, mitten auf der Insel, inmitten des Baumkreises, liegt mittig und platt ein großer Findling, ein natürlicher Altar. Dort hat jemand vor langer Zeit den Spruch "Alles was Odem hat, lobet den Herrn" hinein gemeißelt. Ich lege mit ein paar Ästchen eine Binderune, und lege den weißen, eiförmigen Stein dort hin. Ich höre den Fluß rauschen, ansonsten ist es still, und der aquamarinblaue Himmel sehr, sehr hoch. Alles ist an seinem Platz. Möwen kreischen weit entfernt. Getan, erledigt, weiß ich in mir. Ich gehe wieder zurück.
 
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Drei Brücken und das Haus am See


Es ist nebelig, ich kann nicht sehr weit sehen. Ich muß warten. Das ist meinen gegenwärtige Aufgabe. Mitten im Grünen, alles ist grün, dicht stehen die hohen Bäume, die Buchen, man sieht keine drei Meter weit. Ich muß im Nirgendwo der Fülle des unbekannten Waldes warten.


Eine menschliche Figur verdichtet sich aus dem Diffusen heraus, ein grün gekleideter Mann, altertümlich mit einer Kapuze über dem Kopf, erscheint aus dem Wald, er macht die richtige Kennung. Endlich. Es geht los. Wir gehen rasch, auf verschlungenen Pfaden, Tierpfaden, über Felsen, durch Täler, dann höre ich Wasser, einen rauschenden Fluß. Da überqueren wir dann die erste Brücke, eine schmale, mir wackelig erscheinende Holzbrücke, doch eigentlich war sie dann sehr fest. Tief unter mir quirlt und klatscht wildes, kaltes Wasser gegen übermooste Felsen, tost über Klippen.


Dann kommt hoher Wald, es ist immer noch alles wie in einem Grünfilter getaucht, doch nun kommt ein Goldton dazu. Der Nebel wird weniger dicht, schöne Vogelstimmen erklingen, versetzt, kakophon. Es wird deutlich wärmer, die Sonne kann sich durchsetzen. Dann kommen noch zwei weitere, schmale Holzbrücken, auch über die tosenden Wasser. Dahinter ist eine Lichtung, wo sich mein Führer verabschiedet, er verschmilzt einfach mit dem Wald, und schon ist er verschwunden.


Ein Pferd wiehert. Ein großer, dunkelbrauner Hengst, mit noch dunklerer, geflochtener Mähne. Er trägt keinen Sattel, nur eine grobe, wollende Decke liegt auf seinem hohen, edlen Rücken. Ich nehme die Zügel, und schon sitze ich auf. Wir reiten schnell, ich habe Angst, ich sehe hinter mir die Fluten steigen, die Brücken brechen, o weh, und werden weggeschwemmt. Das Pferd sagt: Schau nach vorne, schau nicht zurück, rüttele nicht an dem, was nicht in deinen Händen liegt.


Dann erreichen wir ein Holzhaus an einem stillen, regungslos glatten See. Das braune Haus mit den Bergen dahinter spiegelt sich darin. Der Himmel auch, so hoch, die grünen Bäume, der luftig und lässig daher zockelnde Silberreiher, die blasse Mondsichel, im Tagesblau.


Vor dem Haus sitzt ein Mann, groß und kräftig, mit einem geflochtenen Zopf. Er schaut konzentriert auf einen Tisch, auf dem kleine, bunte Figuren stehen. Dann schaut er auf, weil er etwas gehört hat. Er sieht mich aus seinen blauen Augen in der Ferne, lächelt, und dann erkenne ich erschreckt, zuerst zumindest, ich bin es, der mich auf dem Pferd ankommen sieht beim Haus.
 
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Trauerarbeit


Der Weg führt durch einen Buchenwald, der sich weit hinein und tief hinunter in ein Tal staffelt, die hohen, silbernen Algize sind winterlich entlaubt. Auf dem Boden liegen die Blätter des vergangenen Jahres, braun, rot. Sie bilden einen schönen Kontrast zu den mächtigen Wurzeln, die mit smaragdgrünem Moos überwachsen sind. Dann kommt Wind auf, während ich dort entlang spaziere. Die Blätter rauschen aus dem Hintergrund an, bewegen sich auf mich zu, so scheint es mir, rascheln die Hänge hinunter. Ich weiß genau, was zu tun ist.


In der Landschaft stehen die Reste von mehreren Vogelscheuchen herum, die aus irgendeinem Grund aus schwarzen Korbgeflecht sind, mit Stofffetzen behangen. Ziemlich gruselig. Die nehme ich nun, drei an der Zahl,und fülle das alte, tote Laub hinein, seltsamerweise passen all die Blätter dort hinein. Aber auch alle. Zwei Kolkraben krächzen hoch in den Kronen, darüber eisblauer Himmel, kalt. Ein Reh huscht vorbei, schaut, Ohren hoch, friedlich, scheu, ist wieder fort.


Ich stapele die drei Behälter pyramidisch auf einem weiten, ebenen Platz, in der Mitte eines Steinkreises, und entzünde sie. Bald brennen sie lohend hoch, steigen hoch, ja, die Körbe werden hochgehoben, bilden dann eine schwebende, feurige Triskele, die herumwirbelnd Funken sprüht und ihre Farbe wechselt. Sie wird erst weiß, dann durchsichtig, und dann am Ende ist der Zauber fort.


Nur ein wenig Asche bleibt übrig, verweht. Der Himmel bleibt blau, die Baumstämme silbergrau, Kinder spielen weiter hinten laut rufend am Hang. Hunde bellen. Alles ist, wie es immer war.
 
Die Quelle im Wald


Irgendwann werden die Häuser weniger, dann geht es nochmal über die Autobahn auf einer schmalen Fußgängerbrücke. Auch hier stehen noch Häuser um einen alten Dorfkern mit Kirche herum, doch das sind nicht die neuen, schönen der Erbengeneration, sondern die ihrer Eltern. Nochmal eine große Kreuzung, der Supermarkt zur Linken, und dann ist Flußaue unten, unter der Straße, die später zum Wald hochgeht. Erstmal kommen die abgemähten Wiesen, die Brücke, der grüne, klare Fluß, dann geht es hoch in den Wald.


Die Forstwirtschaftswege sind großräumig rechteckig, etwas öde, okay, doch die Bäume großartig, ich liebe meinen neu entdeckten Buchenwald. Das Smaragdgrün des Mooses auf den manchmal kleinwagengroßen Wurzeln ist überwältigend, doch ich schaue nicht nur auf den Boden, ich blicke weit ins Land, sehe die floralen Silhouetten der jeweiligen Baumarten, der Tannen und Buchen, der Laubwälder und der Forstwirtschaften mit ihren lotgeraden Fichten sich gräulich ausbleichend in die Tiefe hinein staffeln. Stille ist.


Es geht an schwarzdunkelen Schatten werfenden engen, duftenden Tannenblöcken vorbei, lautlos auf dem Nadelmulch, ein Specht tockert weich aus, ich stelle immer wieder fest, wieviel an Natur, an Namen für Natur, ich als Citymensch nicht kenne und finde das schade.


So erreiche ich die Quelle, einst ein Heilungsort, ein Kraftplatz, immer noch, aber überbaut, in Nazibauweise, mit dicken Blöcken an Industriestein. Trotzdem ist die Energie hier schön, der Platz eignet sich auch gut zum Trommeln, nur kommen oft Hundegeher und Spaziergänger vorbei. In der Gruppe kein Problem, für mich als einzelnen Trommler dann aber eher unangenehm. Danach geht es wieder zurück, das ist dann ein Urlaubstag im Naherholungsgebiet.
 
Im schützenden Dunkelwasser der Wurzellosigkeit



Ich schaue zu mir hin, kann mich sehen: Ich als Traumzeit-Selbst (TZS) gehe irgendwo hindurch, habe die Arme erhoben, und ich kann nicht identifizieren, was das ist, wodurch ich brusthoch schwerfällig wankend vorwärts gehe. Es ist dunkel, das Zeugs, oder was auch immer, nun kann ich erkennen, ich trage einen alten Trenchcoat, also ist es kein Öl, oder ähnliches. Spannend ist auch, das in dem normalen Gesicht sich immer mein Kindgesicht von ca 10 oder 12 höchsten hinein spiegelt. Ich sehe mich, wie ich mich umdrehe und erkenne, das da jemand schaut. Ich bin erstaunlich ruhig, nur halte ich manchmal ruckartig meinen Kopf bzw das Kinn hoch, so wie früher im Schwimmbad, oder im Meer, wenn eine etwas höhere Welle anrollte.


Ich gehe nun mit mir in Verbindung, sehe dieses dunkle Wasser, doch es macht nicht naß, während ich mich hinfühle, wird mir schon mehr klar, worum es geht. Ich habe als Traumzeit-Ich keine Wurzeln, und was ich als feindliche Masse ansah, die ich bewältigen muss, hält mich anscheinend unten, hindert mich am Wegfliegen. Sehr spannend. Nun sehe ich so röntgentechnisch, wie mein TZS quasi über Meeresgrund am Strand hüpft, und ich merke, ich fühle, da ist eine gewisse Verzweifelung, er kann das anscheinend nicht stoppen, nicht irgendwo mal eine Pause machen, oder einen Hügel suchen. Ich sage mental: Kann ich was für dich tun?


Ich switsche statt einer Antwort da hinein, bin nun mein Traumzeitselbst, mein Schwebe-Lufthol-Gang durch nicht naßes Haltewasser, da Seltsame ist, es ist von innen gesehen alles völlig normal. Voll irre, von außen, aber von innerhalb komplett und in sich geschlossen, selbsterklärend. Wenn man da ist, wo ich nun bin, ist das richtig, was von außen völlig bescheuert aussieht. Ich gehe nun einfach mit, und nehme den Jungen in den Arm, der sich so anstrengt. Ja, das wird emotional, doch ich bemerke, desto mehr ich diese Emotionen zulassen kann, sinke ich, werde ich schwerer. Auch dieses dunkle Nichtwasser verschwindet.


Mein Traumzeit-Ich ( nun erwachsen) schaut mir dankbar in die Augen. Dann fordert er mich auf, den Gang, die Arme erhoben, und den federnden Stakselschritt mit den erhobenen Knien, auf den Fußballen balancierend, in real zu üben. Gehe wie durch ein Ölfass! lächelt er. Slow Mo! Ich habe dann noch das eine oder andere zu verändern, alles gut, dann frage ich, ob wir zusammen was zu tun haben.


Er nickt und nimmt mich mit zu den Geschichten, wo das her kommt, und ich sehe sehr alte Kinderzimmer, nicht meins, das meiner Mama, und sehe dort Sachen, die beendet werden müssen. Und Geschichten, die wie fremde Pakete nicht wirklich zu mir gehören, die ich getragen habe. Ich gebe sie zurück, ohne Groll. To die and let die. Ich lege dann den Trenchcoat ab, und denke, ja, der war nötig, als Schützengrabenmantel, im schützenden Dunkelwasser der Wurzellosigkeit.
 
Die unterirdische Fabrik



Ich sehe den kleinen Tide, wie er vorsichtig in einem braun geklinkertem offenem Treppenhaus nach unten geht, sich umschauend. Der Ort sieht aus wie ein gigantischer Hohlraum, ein leerer, maroder Gasometer, eine stillgelegte Fabrikhalle, und es ist alles gefärbt wie eine Postkarte aus dem letzten Krieg, staubig, bräunlich, vergilbt. Nun komme ich näher heran, der rötliche Rost an den Metallstufen wird deutlicher, oder, wie diese Treppen an den Ziegelwänden festgeschraubt sind, mit Bolzen, die fast so dick sind wie ein Kinderhandgelenk.


Der Junge hat Jacke, Hemd, kurze Hosen an, Lederschuhe, helle Socken, wie für den Kirchgang. Als er merkt, das ich ihn sehe, hetzt er nicht mehr so, er schaut sich um, doch er hat anscheinend keine optische Wahrnehmung von mir, er fühlt mich nur. Gut so, denke ich, egal wohin du gehst, ich bin bei dir. Dann geht er bedächtiger, aber zielgerichteter weiter, er weiß, wo er hin will. Ich sehe nun Räume, wo Arbeitskleidung an Haken hängt. Ich brauche da gar nichts zu tun, zeige nur, er begreift. Schnell wechselt der Junge nun die Klamotten, trägt nun Overall aus dickem Baumwollstoff, einen hellblauen Helm mit einem Blitz als Logo, fette Stiefel mit Stahlkappe, er legt seine Sonntagsachen ab, und wird männlicher.


Erstaunlicherweise werde ich nun vom gestaltlosen Beobachterposten in den Film gesaugt, gezogen, materialisiert. Wir gehen nun zusammen weiter, ich begreife schnell, worum es geht. Überall sind halbfertige Sachen, eingerostet, verstaubt, zugemüllt, die wir anschieben, vorher nicht sichtbare Maschinen setzen sich in Gang, es rumpelt und bollert, und dann beginnt rote Energie aus den wieder angeschmissenen Öfen durch die Bahnen zu fließen. Zeichen leuchten auf, Türen öffnen sich, alles zischt, blubbert, und dann geht dieser merkwürdige Prozess in einen gigantischen Sog hinein, wir beide bleiben lässig im Zentrum des Sturmes.


Doch nun schaue ich mir selber ins Gesicht, Bruder, lachen wir, und umarmen uns. Die unterirdische Fabrikhalle ist verschwunden, wir schauen in eine neue Erde, einen neuen Himmel. Tief blau da, wo die Sonne nicht steht. Kriiii, hoch oben ein Adlerschrei. Das haben wir uns verdient, nicken wir.
 
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Spiegelwelten



Ich sehe mich, direkt vor mir, ich bin ich, nur undeutlich, nicht greifbar. Ich sehe in die Scheibe, Licht von rechts oben, die Stirne mit dem Haar zurück darüber ist zu sehen, Ohr und Wangenknochen, die Halsseite sind am äußersten Rand beleuchtet. Doch das Gesicht bleibt vage, bleibt im Dunkeln. Ich muß mich konzentrieren, genauer hinschauen, um im Schatten die leicht belichteten, erhöhten Gesichtsformen zu erkennen, das vorher dunkle Bild wird insgesamt immer heller und erkennbarer. Die Augen wirken wie Löcher, es ist auch zu diffus, um das Weiße darin zu erkennen, so sieht mich eine Dunkelheit aus meinen Augen an. Der Mund ist ernst.


Mein Spiegelbild verschwindet, der Desktop ist oben, alles ist hell, Bilder, Texte, ich gehe in diese hell erleuchteten Spiegelwelten hinein, die nun im Kopf entstehen, Spiegel im Spiegel, und noch ein Spiegel, darin sich das Gespiegelte in Form von gespiegelten Spiegeln spiegelt. Ich sehe mich als kleines Männlein in meinem Spiegellabyrinth herum laufen, hierhin und dahin gehen, dieses und jenes zu hinterlassen, ich kommentiere das sogar noch. Dann wechselt der Modus, ich sehe nur noch Datenbahnen, Netze, die von oben wie moderne Städte aussehen, wo dann in manchen Dateneinheiten jemand sitzt und ebenfalls in das Netz schaut, in seine Spiegelwelten.
 
Kennst du Cocteus "Blood of a poet", ein wirklich guter Kurzfilm wie ich finde. Musste gerade daran denken, als ich deinen Beitrag las,.
 
Bon voyage



Der Ort ist unübersichtlich, hitzig, muffelnd, wie ein orientalischer Basar, ein Jahrmarkt, überall sind Gänge, Abzweigungen, vollgestellt mit irgendwas, Stoffballen, Kisten, Kästen, Behälter eben, keine Ahnung. Alles voller billigem Kram. Dazwischen huschen dann irgendwelche peoples vorbei, doch ich kann mich erstmal nicht sehen. Nun wird alles wie mit einem Filter älter, erinnert mich an Historienfilme, und jetzt weiß ich, was ich die ganze Zeit aus dem Ort heraus höre: Radio Babylon, hier hören sie das Nichts ( da nothingness) als (as) Chaos. Ein unendlicher Strahl an vielsprachigem Nichts, bedeutungslos, heiße Luft, das Klirren von Glasperlen beim Durchgehen eines Vorhanges. Eine Tristessa des Belanglosen lässt einen immer weitergehen.


Und dann, dann hab ich mich, endlich, ich finde das komisch, wir bleiben im Basarbild, ich sehe aus wie ein Engländer aus dem 19 Jahrhundert in Kalkutta, mit wüstentauglichen Schuhen, desert boots, die lederne Manschetten gegen Schlangenbisse haben. Ich trage Khakisachen, Chinos, verschwitztes Hemd, aber lässig, und leichten Expeditionshut, habe den Arm voll mit Karten, alten Landkarten, wie witzig. Ich sehe aus wie T.E. Lawrence oder Rudyard Kipling, der endlich die Karte nach Aggarthi, oder zum Shintamani-Stein, oder zu den geheimen Eingängen der D'nis gefunden hat. Und nun muß ich mich durch einen indischen Basar kämpfen, wo aggressive Bettler attacken, ein schönes Bild.


Und dann ein Cut, STILLE. Nur ein Lüfter summt leise, unregelmässig, nicht richtig gewichtet. Wir sind nun in einem abgedunkelten Büro, es sieht alles edel aus, vielleicht einem englischen Club. Mit dem leicht eirig rotierenden Deckenpropeller, es ist heiß, und die Karten liegen auf dem Tisch. Es ist der Moment, wo ich mit dem Zeigefinger auf einen Punkt der Karte tippe, hier also?


Und dann schmunzeln mich blaue Augen hin, in brauner Haut, über Dreitagebart, ein dunkles Männergesicht. Nein, sagt er, wir sind hier, zeigt er auf einen Punkt, doch da ist kein Pfad zu sehen, wir sind schon unterwegs, wir sind hier. Schweigen, in dem man von draußen Affenschreie, Singvögel und eine Maschine hört, wir sind auf einem Schiff, stelle ich erstaunt fest. Deswegen kein Pfad, hier ist ein Fluß breit wie der Mekong, wieder Affenschreie in der Hitze. Ich ziehe einen Fenstervorhang leicht zur Seite, draußen zieht ein Dschungel am Ufer vorbei. Gut so. Es hat geklappt. Bon voyage, stoßen wir an.
 
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No 5 schießt wieder Tore



Ich sehe mich als kleinen Jungen, und ich gehe durch ein Wolkenfeld? Aber nur bis zur Hüfte? Dabei mache ich ein mißmutiges Gesicht. Gar nicht glücklich, der kleine Tide. Mir scheint, das ist unsere Wohngegend aus der Kindheit unter den Wolken, aber ich kann nichts sehen, alles eingepackt wie mit einem Megazuckerwattenstrahl. Mittlerweile habe ich gelernt, einfach dabei zu bleiben, mal sehen, wohin sich das entwickelt. Der Junge macht nun so Armbewegungen, als würde er stehend durch ein Wasser kraulen, oder in einem Kornfeld mit den Armen paddeln, nun schaut er nach unten. Der bemerkt mich gar nicht. Ich bin etwas bestürzt.


Siehe da, diesmal ohne etwas zu tun geht alleine durch mein Erschrecken, das wir gar keine Verbindung haben, in fast alberner Bildhaftigkeit eine Treppe auf, nicht eine Stairway to Heaven, nein, eine profane Treppe nach unten. Und unten, da ist nun die Landschaft meiner Kindheit, in sehr fetten Gelb- und Grüntönen, ich sehe die Wiesen, weiße Pfosten, Netze, und Felder, den Berg, den blauen Himmel.


Nun verdreht sich das alles, ich bin der unglückliche Junge, und jetzt, wo ich das fühle, endlich wieder fühle, da komme ich auf dem Boden an. Ha! Da landet der Ball vor meinem Fuß, 1972, ich bin jetzt der Kaiser Franz, die No 5, Solo über links, zwei Gegner aussteigen lassen, dann donnere ich einen harten Schuß mit Aufsetzer ins lange Ecke, Toooooor! Die No 5 hat nach der langen Verletzungspause endlich wieder zugeschlagen.
 
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