Erzengel Michael sprach: Höret zu! Amen.

Chronologie eines Volksfestes


11:55 Der Vorsitzende erklärt die Verhandlung für eröffnet. Im großen Kreis sind tausende Menschen versammelt. In der Mitte steht ein großes rechteckiges Podium, darauf haben Kläger und Angeklagter jeweils an den Seiten Platz genommen. Die Richter, drei Vertreter der Weltgemeinde, wachen in der Mitte über den Ablauf. Man sitzt zu Gericht. Es klagt an: Die Esoterik. Beklagter: Mistral.
Außer den üblichen Verteidigern der Parteien findet sich ein Kleinorchester, die Big Band vom magnetischen Dienst, ein. Sie soll mit sphärischen Klängen die Massen im Zaum halten. Schon in den frühen Morgenstunden haben sich Würstelverkäufer um die besten Plätze geprügelt. Ihr Geschäft brummt, und die Mittagssonne kurbelt den Sodaabsatz an. Die Kerzenverkäufer liegen noch im Schatten, auch sie rechnen mit einem langen Prozess.


12:30 Mit großen Mühen haben die Vorsitzenden die Menge beruhigt und konnten damit beginnen, das Programm vorzulesen. Die erste Rede geht an die Kläger. Mit lauter Stimme trägt liest ihr Abgesandter vom Blatt:
"Wir werfen vor: Anzweifelung der Vorherrschaft des Herzen. Verführung der Novizen. Missbrauch der Gedanken. Missachtung der Erleuchteten."
Das Volk lauscht gebannt den Worten. Die weiteren Ausführungen des Chefanklägers ziehen sich in die Länge, minutiös bereitet er das Thema auf. In der Ecke lehnt Mistral, den Kopf zu Boden gesenkt.Tiefe Basstöne untermalen besonders heikle Stellen.


14:35 Von kurzen, aber scharfen prozeduralen Scharmützeln immer wieder unterbrochen, wendet der Ankläger sich schließlich an Mistral:
"Im Namen der Esoterik, gestehst du?"
Totenstille im Publikum, das Orchester spielt den Trauermarsch Chopins an. Die ersten dunklen Takte liegen bedeutungsschwanger in der Luft. Ein Kopfschütteln. Der Richterrat nimmt die Eingaben entgegen und prüft die Klagepunkte auf Rechtschreibfehler.


16:00 Nach einer kurzen Unterbrechung - die Lautsprecheranlage funktionierte nicht richtig; und der Versuch, mit Telekinese zu arbeiten endete babylonisch - erteilt man das Wort an Mistral. Der Angeklagte erhebt sich und greift das Mikrofon, spricht mit klarer Stimme auf die Menge ein.
Es fallen Wortfolgen wie: "wider besserem Wissen", "Wahrscheinlichkeit", "Unsinn", "Tollhaus".
Vereinzelt gellen Zwischenrufe aus dem Publikum. Es scheint verwirrt zu sein. Die Stimmung ist angespannt, das Wetter heiter. Ein Helfershelfer verliest nacheinander Textstellen, die dem Verständnis dienen sollen. Als das Volk dann mehrmals die Worte "Tatsachen" und "Realität" vernommen haben will, schwillt die Erregung rasch an; erste angebissene Würstel fliegen Richtung Podium.
Ein Richter lässt daraufhin vorsorglich in die Menge schießen. Er war sich nicht sicher, ob die Wurst ihm oder dem Angeklagten gegolten habe, wird er später zu Protokoll geben.


18:15 Eine erste Pause wird anberaumt. Der Angeklagte hat eine Gegenklage angekündigt. Man sieht in missmutige Gesichter. Aber die Musik ist gut.

20:10 Da es Probleme mit der Zeitbestimmung gegeben hat (man konnte sich lange nicht einigen, welche Uhr mit dem Raum in Einklang stünde) fährt die Verhandlung erst hier wieder fort. Inzwischen brennen einzelne Kerzen in den Händen des Publikums, es ist windstill.
"Man sollte euch anklagen, die ihr mir die Augen geöffnet habt!", schreit Mistral in das Mikrofon. "Denn ihr habt mich begreifen lassen, was es heißt, von einem anderen Stern zu sein!"
Kurze Räusperer im Publikum. Nach der Kunstpause, stimmig untermalt von "Knight of Cydonia", treibt der Angeklagte in flotter Gangart die Vorwürfe vor sich her.

21:45 Die Ereignisse überschlagen sich. Der Angeklagte fragt um Toilettenpause an. Er stolpert in die Toilette hinunter, verlässt sie nach einigen Minuten und starrt kurz in die Luft.
Plötzlich tönt ein Zwischenruf zum Podium: "Vada a bordo, CAZZO!!!" Unmittelbar darauf stimmt die Dienstband "My heart will go on" an. Offenbar hat man sich damit verkalkuliert, außer ein paar Anhängern aus Sorrento, die in der ersten Reihe bisher unscheinbar geblieben sind, zeigt sich niemand von der Deeskalationsmaßnahme beeindruckt.
Die Stimmung wirkt aufgepeitscht, es riecht geradezu nach Turbulenzen. Man munkelt, der Angeklagte habe das Klosett mit Sprengstoff versehen. Andere Zeugen wiederum gaben an, Schwefel gerochen zu haben, als der Angeklagte abtrat.

22:00 Der Belastungszeuge Schlomo aus Schlumpfhausen brüllt in die Menge: "Wir wollen Karmahaft!"
Die Volksseele explodiert augenblicklich, rhythmisch stampfend trägt die Meute das Motto vor sich, hin zum Podium. Begleitet wird das Wogen von "We will rock you" - Klängen der Big Band. Die Holzbalken zittern, dem vorsitzenden Richter entgleitet in seinem Eifer das Hämmerchen. Ein Telekinetiker greift ungefragt danach und reicht es nach oben. Verschwitzt bedankt sich der Robenträger für die Mühe. Von der Beklagtenbank kommt ein Einspruch, er wird förmlich in der Luft zerrissen.

22:33 Das angeforderte Licht und Liebe Kommando (LUL9) konnte ein Massaker gerade so noch verhindern. Das Orchester spielt, als ginge es um ihre Krafttierchen; um 3 Hertz versetzte Klangbilder werden auf die Menge losgelassen. Genau drei Minuten lang dauert die Stimulierung der Delta-Wellen.


22:38 Die Reinkarnation von Jim Jones fordert lautstark Zynakali und Traubensaft für alle. Man zeigt sich erst verblüfft, aber von hinten startet die erste Peoples-Tempel-La Ola -Welle. Kaum begonnen, swingen die Lichthelfer mit.
Um das Podium herum wurde in der Zwischenzeit ein Riegel Reikianer positioniert, die von Wünschelrutengängern aufgeladen, verschränktes Wasser in die Seelen der Übergriffigen strömen lassen sollen. Am Podium selbst herrscht Stille, entgeistert schauen die Parteien auf die Massen. Augenzeugen berichten später, sie hätten Tränen der Rührung in den Augen der Ankläger gesehen.

23:00 Endlich ist wieder Ruhe eingekehrt. Ein Schamane hatte gedroht das allgemeine Wertungsverbot aufzuheben. Viele standen daraufhin regungslos umher, manche lagen sich in den Armen und schluchzten hemmungslos. Zumindest kurzzeitig scheint die Situation unter Kontrolle zu sein.


23:15 Die Richter haben ihr Urteil auf die Tonscherben geschrieben, es soll, der Ruhe willen, später durchgechannelt werden.
Aufgrund vielseitigster Ergebnisse wird das Presseamt später ein deutendes Schreiben herausgeben, auf dem folgendes steht: Mistral ist schuldig


04:30 Auf dem Weg zum Schirlingsbecher erscheint Erzengel Michael, natürlich ex machina, und trägt Mistral fort.


2 Tage später: Ein Brief erreicht die Erde. Wir drucken exklusiv den Volltext:

Liebe Esoteriker.
Danke, dass ihr mir gezeigt habt, dass Menschen nicht gleich sind.
Bin ich vorher davon ausgegangen, dass Menschen, wenn sie denn die gleiche Bildung hätten, auch zu gleichen Denkergebnissen kommen würden, so sehe ich nun, dass diese Prämisse sinnlos ist.
Man denkt nur, was man glaubt. Manchmal nur was einem hilft und manchmal was einem schadet, wenn man weiter denkt. Oft denkt und glaubt man aus Angst, nicht offen zu sein, alles; und im Zweifel lieber mehr.

Aber darüber ist es ein Kampf, und ein Trauerspiel endet erst dann, wenn ein nächstes Trauerspiel begonnen hat.
Den Urlink zwischen mir und euch habe ich nicht gefunden ich kann nur akzeptieren,dass wir verschieden sind.
Ob mich das freut, weiß ich jetzt noch nicht.
Mitgenommen habe ich vieles.
Goodbye
 
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Ich glaube dir sofort, dass du bei einer Heilerin warst. Auch, dass die Warzen danach verschwunden waren. Denn ich sehe keinen Grund, warum du lügen solltest.
Daher glaube ich auch, dass du keinen Körperkontakt verspürt hast - was nicht heißen soll, dass ich annehme, du wärst in Wirklichkeit berührt worden.

Was ich nicht mehr glaube, sind deine Schlussfolgerungen daraus. Ich wette du hast keine Theorie, wie es zum Verschwinden der Warzen durch Zauber kam. Und wenn du eine hast und sie hier rein schreibst, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich oder andere sie dir widerlegen werden - zumindest würde ich darauf wetten.
Du auch? Wie hoch setzt du?

es gibt verschiedene methoden und ebenso viele konzepte
ich hab die ganze prana-heiler-ausbildung durch und auch selbst in paar nette erfahrungen diesbezüglich und auch anderweitig - zb.: grippeheilung in 20 minuten durch besprechen und imagination/glaube sowie mithilfe pflanzlicher ritualgegeänstände fand ich auch sehr erfolgreich ;)

aber wiederleg ruhig wenn du willst

der rest ist mir zuviel zu lesen ... kannst dich auch kurz fassen?
 
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Du hast wirklich eine kreative Ader, Mistral, aber bitte sag uns doch: Was willst du mit diesem Thread sagen bzw. bezwecken?

Musste ja wirklich bei deiner Gerichtsverhandlung des Öfteren schmunzeln. In jedem Menschen steckt halt wirklich ein großes Maß an Fantasie. :)
 
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