Empirie

Lieber Jake,

ich hatte von Dir irgendwann den Aufsatz über Chaostheorie und Astrologie gelesen/angefangen. Deine Sichtweise Astrologie und Chaostheorie zu verknüpfen gefällt mir sehr gut. Wenn sich hier in einem Beitrag von Dir diese Theorie aus einem bestimmten Blickwinkel wiederholt, ziehe ich keine neuen Erkenntnisse daraus, wie beim lesen Deines Aufsatzes. Aber das lesen Deines Posts bereitet mir Freude. :) Und für einige ist dies bestimmt auch neu.

Liebe Grüße
Ereschkigal
 
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Ich bin momentan noch dran, mich in die von dir genannte Einführung (von Niehenke) in Astrologie einzulesen. Ich bin noch weit entfernt, ein endgültiges Urteil fällen zu können, aber was ich schon mal sagen kann, ist:

1. Es ist faszinierend zu sehen, welchen Detaillierungsgrad das ganze System aufweist. Die praktisch unbeschränkte Anzahl von Kombinationen der verschiedenen beteiligten Parametern erzeugt sowas wie einen "Fingerabdruck" des Menschen, der so einzigartig ist, wie der Mensch selbst, und sich daher wohl kaum jemals in der Menschheitsgeschichte wiederholen wird (u.a. auch, weil ja die Zeit weiterläuft und sich das Umfeld, die Gesellschaft ändert - selbst bei exakt gleicher Sternenkonstellation wäre der Mensch ein anderer). Astrologie scheint das mit Abstand komplexeste "Persönlichkeitsdeutungstool" (wenn man mal Zukunftsprognosen u.ä. aus dem Spiel lässt) zu sein, das ich kenne. Da kann das Enneagramm bei weitem nicht mithalten.

2. Astrologie bedarf offenbar einer grossen Geübtheit zur Deutung von Kombinationen. Das ist auch gleichzeitig ein Problem: Die ganze Sache wird sehr schwammig und dehnbar - zumindest für den Laien. Was heisst denn "Saturn im Widder"? Entweder benötigt man hier eine tiefe Kenntnis der Materie, oder aber das ganze wird mehr oder minder zum Akt einer Zufallsdeutung. Die (im Internet auffindbaren) Beschreibungen solcher Kombinationen sind meist so allgemein, dass fast alles hineininterpretiert werden kann.
Gleichzeitig bietet Astrologie eine gute Hilfe zur Selbsterkenntnis. Indem die eigenen Konstellationen einem Deutungsversuch unterzogen werden, setzt man sich unweigerlich mit den eigenen Charakterzügen und Verhaltensmustern auseinander und gewinnt so vertiefte Kenntnisse über sich selbst - einmal mehr unabhängig davon, inwiefern nun Astrologie als solches tatsächlich einen weitergehende Aussagekraft besitzt oder nicht. Das scheint mir ein sehr wertvoller Beitrag der Astrologie zu sein.

3. Bisher erschliesst sich für mich nach wie vor kein logisch nachvollziehbarer Kausalzusammenhang, der mehr ist als reine Spekulation. In diesem Sinne befriedigt mich auch die von Namo gemachte Aussage "Zeit sei physikalisch nicht auffindbar" nicht weiter, genauso wenig wie die magere Erklärung, man würde bloss "Symbole deuten". Am ehesten zufriedenstellen kann mich noch Jake's Erklärungsansatz durch Chaostheorie und Fraktaltheorie, wobei ich mich mit beiden leider kaum auskenne. Aus der Tatsache, dass kein solcher Zusammenhang ersichtlich ist, kann aber wie erwähnt nicht geschlossen werden, dass kein solcher existiert.

4. Astrologie ist schön. Ganz egal, ob das alles nun völliger Käse ist oder eine tiefe Kenntnis des Menschen und der Gestirne dahintersteckt, Astrologie ist eine Kunstdisziplin, die Spass machen kann. Wie die Betrachtung eines schönen Gemäldes, deren Sinn sich erst nach und nach erschliesst, oder das Ableiten eines physikalischen Gesetzes aus diversen Formeln, oder das Fertigstellen eines Computerprogrammes, oder ein Musikstück für ein Orchester - was auch immer, Astrologie zu betreiben, heisst auch einen Einblick zu gewinnen in eine Denkweise, welche eine grössere Ordnung der Welt voraussetzt. Diese Denkweise zu erkennen, das macht ganz einfach Spass.
 
fckw schrieb:
Ich bin momentan noch dran, mich in die von dir genannte Einführung (von Niehenke) in Astrologie einzulesen. Ich bin noch weit entfernt, ein endgültiges Urteil fällen zu können, aber ...
Ändert sich etwas an der Astrologie, wenn Du ein Urteil fällst?
... was ich schon mal sagen kann, ist:

1. Es ist faszinierend zu sehen, welchen Detaillierungsgrad das ganze System aufweist. Die praktisch unbeschränkte Anzahl von Kombinationen der verschiedenen beteiligten Parametern erzeugt sowas wie einen "Fingerabdruck" des Menschen, der so einzigartig ist, wie der Mensch selbst, und sich daher wohl kaum jemals in der Menschheitsgeschichte wiederholen wird (u.a. auch, weil ja die Zeit weiterläuft und sich das Umfeld, die Gesellschaft ändert - selbst bei exakt gleicher Sternenkonstellation wäre der Mensch ein anderer). Astrologie scheint das mit Abstand komplexeste "Persönlichkeitsdeutungstool" (wenn man mal Zukunftsprognosen u.ä. aus dem Spiel lässt) zu sein, das ich kenne. Da kann das Enneagramm bei weitem nicht mithalten.
agree
2. Astrologie bedarf offenbar einer grossen Geübtheit zur Deutung von Kombinationen.
Richtig. Es ist ja nicht nur die Vielzahl der Parameter, sondern auch die Notwendigkeit sie in lebenden Menschen (oder zur Not Biographien) zu erkennen und wiederzuerkennnen und sie in einem akuten Horoskop im Bewußtsein oder in einem Expertensystem klar parat zu haben. Das erfordert ein langes Studium in der Größenordnung von Jahrzehnten.
Das ist auch gleichzeitig ein Problem: Die ganze Sache wird sehr schwammig und dehnbar - zumindest für den Laien. Was heisst denn "Saturn im Widder"?
Daß der Laie etwas als schwammig und dehnbar empfindet, muß nicht bedeuten, daß ein erfahrener Astrologe das auch so empfindet. Der Laie fragt nach der Bedeutung des Symbols und der erfahrene Astrologe weiss um die Bedeutung der beiden Symbole.
Entweder benötigt man hier eine tiefe Kenntnis der Materie, ...
Ja.
... oder aber das ganze wird mehr oder minder zum Akt einer Zufallsdeutung.
Was ist 'das'? Der nicht erfahrene Astrologe oder die Astrologie?
Die (im Internet auffindbaren) Beschreibungen solcher Kombinationen sind meist so allgemein, dass fast alles hineininterpretiert werden kann.
Das ist ein Urteil und eine Meinung, aber kein Argument. Gegenfrage: Studiert ein Arzt Medizin im Internet?
Indem die eigenen Konstellationen einem Deutungsversuch unterzogen werden, setzt man sich unweigerlich mit den eigenen Charakterzügen und Verhaltensmustern auseinander und gewinnt so vertiefte Kenntnisse über sich selbst - einmal mehr unabhängig davon, inwiefern nun Astrologie als solches tatsächlich einen weitergehende Aussagekraft besitzt oder nicht. Das scheint mir ein sehr wertvoller Beitrag der Astrologie zu sein.
Ja, das zeigt aber auch, daß Du Strukturen erkannt hast, die sind und die von der Astrologie beschrieben werden.
3. Bisher erschliesst sich für mich nach wie vor kein logisch nachvollziehbarer Kausalzusammenhang, der mehr ist als reine Spekulation.
Den gibt es auch nicht. Eine 7 und eine -5 haben auch keinen kausalen Zusammenhang und trotzdem sind mit ihnen Operationen möglich die keine Spekulation sind (Algebra). BTW. Was ist reine Spekulation? Wer spekuliert? Wenn Du davon ausgehst, dass die Ordnungsstruktur der Astrologie nur einen kausalen Zusammenhang haben kann , dann muß das nicht stimmen. Es ist nur eine Spekulation.
4. Astrologie ist schön. Ganz egal, ob das alles nun völliger Käse ist oder eine tiefe Kenntnis des Menschen und der Gestirne dahintersteckt, Astrologie ist eine Kunstdisziplin, die Spass machen kann. Wie die Betrachtung eines schönen Gemäldes, deren Sinn sich erst nach und nach erschliesst, oder das Ableiten eines physikalischen Gesetzes aus diversen Formeln, oder das Fertigstellen eines Computerprogrammes, oder ein Musikstück für ein Orchester - was auch immer, Astrologie zu betreiben, heisst auch einen Einblick zu gewinnen in eine Denkweise, welche eine grössere Ordnung der Welt voraussetzt. Diese Denkweise zu erkennen, das macht ganz einfach Spass.
:)

Namo
 
lieber fckw!

ohne dein herangehen an die astrologie stören zu wollen, einfach ein paar ideen, die mir zu deinem statement gekommen sind...
fckw schrieb:
Astrologie bedarf offenbar einer grossen Geübtheit zur Deutung von Kombinationen. Das ist auch gleichzeitig ein Problem: Die ganze Sache wird sehr schwammig und dehnbar - zumindest für den Laien.
Die Deutung halte ich tatsächlich für das größte Problem bei der Nutzung von Astrologie. Sie als Abbild einer Ordnung herzuleiten, ist vermutlich viel leichter zu begründen als die Plausibilität einer Deutung. Wobei die Medaille für mich zwei Seiten hat, eine philosophisch/erkenntnistheoretische und eine pragmatische. Philosophisch stellt für mich das Horoskop - bzw. ein Horoskop, denn in der Deutung kann ja weit mehr als nur das Geburtshoroskop herangezogen werden - ein in einem abstrakten Code formuliertes Abbild eines Holons innerhalb einer Holarchie dar. Wenn ich nun zu deuten beginne, greife ich Einzelaspekte aus dem Gesamtzusammenhang heraus und isoliere sie, um überhaupt darüber sprechen zu können ... jeder Begriff ist eine solche Vereinzelung, der somit dem Begriffenen gleichzeitig auch den Charakter des von seinem Kontext abgelösten verleiht - LaoTse: "Könnte ich nennen den Namen, es wäre nicht der ewige Name..." - und wir brauchen das, was Wilber als die drei Stränge Injunktion, Erkennen und Bestätigung beschreibt, um über ein "Wissen jenseits der Vereinzelung" kommunizieren zu können.

Einigermaßen eindeutig sind solche Deutungen nur dort, wo sie sich auf eine Erfahrungsbasis beziehen, die kommun ist, also auch kommunizierbar. Und selbst dort ist es immer nur der Blick auf die Spitze des Eisbergs, das Ganze drumherum und unten drunter entzieht sich dem unmittelbaren Betrachten, ist aber keineswegs wirkungslos, wie wir seit der Titanic wissen. Und dergl. mentale Akrobatik mehr...

Pragmatisch kommt die empirische Basis der Astrologie in der Deutungsarbeit zum Tragen. Ich nehme hier mal den Verzicht auf die kausalen Zusammenhänge vorweg - eine Konstellation deuten heißt (für mich): Immer wenn eine bestimmte Konstellation von astrologischen Elementen gegeben ist, entspricht sie mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit einem bestimmten Verhalten ... das ist einfach Beobachtung von sehr Vielen an sehr Vielen, nicht zuletzt auch ein Ausfluss der Meinung, der Mensch sei ein Gewohnheitstier. Wenn wir das, was eine ast. Konstellation bezeichnet, einmal als Beschreibung eines Verwirklichungspotenzials anschauen, dann ergibt sich neben dem Mainstream des Verhaltens aber auch an den Rändern der Verteilungskurve ganz Anderes ... nur eben nichts, was nicht der inneren Ordnung dieses Verwirklichungspotenzials entspräche.

Thorwald Detlefsen, den ich nicht mehr so wirklich gern zitiere, seit er zum Kirchenvater mutiert ist, hat mal das Beispiel des gespannten Mars-Saturn-Aspekts gebracht ... grob vereinfacht Energie gegen Widerstand. Diese Konstellation kann bedeuten, dass du Karate-Weltmeister wirst oder aber mit dem Auto gegen einen Baum knallst. Wenn ich deine Biographie kenne, werde ich das weniger schwammig deuten können ... aber auch wenn du mit den besten Gewinnaussichten als austrainierter Sportler auf dem Weg zur Karate-WM bist, könntest du gegen den Baum knallen...
Soviel zur Eindeutigkeit und erst recht zur Prognose... aber ich meine auch, dass "Schwammigkeit" nicht der Gegensatz von Eindeutigkeit ist. Nicht nur in der Astrologie ist Vieldeutigkeit eine Begleiterscheinung unseres Lebens ... erst durch unser Hinschauen werden die Dinge (für uns und für den Augenblick) eindeutig bzw. bedeutsam. Was sie aus der Sicht einer anderen Wahrnehmungsebene "wirklich" sind oder was sie "tatsächlich" bedeuten oder ob sie überhaupt etwas bedeuten, was über den Horizont des Deuters hinausgeht (und wer deutet dann verbindlich?) ... Fragen ohne Ende. Da ist die pragmatische Unschärfe ein Segen :)
Gleichzeitig bietet Astrologie eine gute Hilfe zur Selbsterkenntnis. Indem die eigenen Konstellationen einem Deutungsversuch unterzogen werden, setzt man sich unweigerlich mit den eigenen Charakterzügen und Verhaltensmustern auseinander und gewinnt so vertiefte Kenntnisse über sich selbst - einmal mehr unabhängig davon, inwiefern nun Astrologie als solches tatsächlich eine weitergehende Aussagekraft besitzt oder nicht. Das scheint mir ein sehr wertvoller Beitrag der Astrologie zu sein.
Das seh ich so ähnlich etwa auch beim Tarot, der ja "rational" noch viel weniger begründbar erscheint als die Astrologie. Tatsächlich kannst du hergehen und die Planeten und Häuser und Aspekte weglassen und nur mal die innere Ordnung des Tierkreises betrachten, der ja nicht willkürlich genau diese Kreisformation und keine andere einnimmt - zum Beispiel die Abfolge seiner Attraktoren als Entwicklungszyklus betrachten. Und dann dich dazu in Beziehung setzen. Schon das kann viel bringen und schult vor allem auch das "Kennenlernen" der Grundcharaktere der Astro-Archetypen.
Bisher erschliesst sich für mich nach wie vor kein logisch nachvollziehbarer Kausalzusammenhang, der mehr ist als reine Spekulation. [...] Aus der Tatsache, dass kein solcher Zusammenhang ersichtlich ist, kann aber wie erwähnt nicht geschlossen werden, dass kein solcher existiert.
Da schließ ich mich gern Namo an. Ich meine auch, dass Kausalität weder für die Begründung von Astrologie notwenig ist noch dass sie in vielen anderen Bereichen tatsächlich jene Rolle spielt, die wir ihr gern geben. Vielleicht ist auch Kausalität nur ein Deutungs-System von Wirklichkeit.

Ich kenn mich da auch nicht wirklich aus, aber ich hab über sehr spannende Experimente in der Quantenphysik gelesen, die unsere Vorstellungen von Kausalität ziemlich auf den Kopf stellen. Und bei den allermeisten komplexen Phänomenen kannst du im Nachhinein Zusammenhänge ausmachen, die kausal erscheinen - aber auch nie die Kausalketten so in die Zukunft weiterknüpfen, dass daraus verlässliche Prognosen entstehen. Wie wird das Wetter morgen? Da gibt es auch jene Meteorologen, die durch immer feinere Erfassungsnetze der Messdaten, immer größere Datenmengen und immer schnellere Computer versuchen, das Wettergeschehen berechnen zu können ... und da gibt es jene Meteorologen, die die Attraktoren der Chaos-Wetterküche betrachten und ... welchen kausalen Zusammenhang hat es, dass der Wirbel eines Tornados aus der Satellitenperspektive wie die Spirale einer Galaxis aussieht? Könnte es sein, dass hier ein "strange attractor" von kosmischer "Gültigkeit" formbildend ist? Und falls ja, was bedeutet das?

Okay, ich hör auf mit dem Verwirrspiel. Ich hab vor vielen, vielen Jahren schon meine Lehrerkarriere an den Nagel gehängt, weil ich fühlte, dass ich viel lieber Fragen stelle als aus der Illusion des Wissenden heraus Antworten zu geben... wobei ich mich schon sehr oft und eigentlich meistens sehr wohl damit fühle, mit 5 und -7 pragmatisch zu operieren und um Pi einen Bogen zu machen :)

Alles Liebe, Jake
 
jake schrieb:
... wobei ich mich schon sehr oft und eigentlich meistens sehr wohl damit fühle, mit 5 und -7 pragmatisch zu operieren und um Pi einen Bogen zu machen :)
Wie O Dies π macht ernstlich so vielen viele Müh lernt immerhin Mägdelein leichte Verselein wie so zum Beispiel dies dürfte zu merken sein
3. 1 4 1 5 9 2 6 5 3 5 8 9 7 9 3 2 3 8 4 6 2 6 4


376.75Ω=√µ/ε=√4π*0.000 001V/A*s/m / 8.853 X 0.000 000 000 001A/V*s/m

Im freien Raum (m) da fießt ein Strom ( A )
Durch einen Widerstand in Ohm ( Ω )
Die Eigenschaft des Permeablen ( µ )
Und die des Di_elektrischen ( ε )
Tragen ( V ) alles durch den Raum (m) und Zeit (s)
Aus der Quelle, in die Ferne weit.

Der Kreis ist π mal Radius ( r ) mal Radius ( r )
Die Kugelfläche 4 mal der Kreis
Das ist dann 4 mal π - ich weiss
Und Radius mal Radius.
So einfach ist der Raum bestückt
Mit 4 mal π er uns beglückt

:)

Namo
 
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danke, namo :)

und das auf meine alten tage... ich glaub, ich geb das meinem junior weiter, der lernt gerade für eine mathe-nachprüfung... :banane:

alles liebe, jake
 
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