Eltern - und andere Lebensgefahren

Hi Micha,:)

ja, jetzt verstehe ichs besser: Also deine Tochter erzieht ihr Kind autoritär, eben so, wie deine Mutter dies einst mit ihrem Bestrafungssystem auch getan hatte.....:rolleyes:

Ja, ist schon komisch, dass deine Tochter, die vielleicht so ganz anders erzogen wurde, jetzt den anderen Weg einschlägt.....

Bei mir ist es so, dass ich nun nicht wie meine Großmutter agiere, denn sie arbeitete ihre "Angriffe" sehr subtil und mehr vom Untergrund aus, oft unter der Gürtellinie, wenn du verstehst, was ich meine..;) Außerdem konnte sie schwer verzeihen.......
Hmmmm, ich hatte Glück: Sie mochte mich, daher hatte ich es leicht.....Sie war einer dieser Menschen: wenn sie dich mögen, beten sie dich an, wenn nicht, dann....:wut1:

Ich hingegen kämpfe mit offenem Visier, bin sehr spontan, spreche alles aus, was ich denke, ecke auch gern mal an, kämpfe gerne etwas aus, besonders wenn ich meine, daß jemand total ungerecht behandelt wird, bin aber nie lange bös......Also nein, meine Großmutter und ich sind schon sehr verschieden......

Nach langem Nachdenken komme ich immer mehr zu der Ansicht, daß ich meinem Vater ähnlicher bin, als ich zugeben möchte, denn er war einer dieser Menschen, die meine Mutti (in meinen Augen) nicht gut genug behandelt hatten, von daher habe ich die sonstige charakterliche Ähnlichkeit lange Zeit verdrängt.....:rolleyes:

Ach ja, Familie....welche Schlachtfelder tun sich da auf....Wenn ich hier manchmal all die Sachen lese, dann kann ich noch froh und dankbar über meine behütete und schöne Kindheit sein.......


LG
Silke
 
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mütter, die so wie kinnys mutter mit ihren kindern umgehen haben es auch nicht besser erfahren. mütter wie kinny setzen sich mit fehlverhaltensformen auseinander, verändern sich dadurch selbst und können ihren kindern dadurch bessere mütter werden.
dadurch verändert sich die welt.

Liebe Magdalena,

das ist wichtig, was du da schreibst! Eben die Wende, heraus aus der unseligen "Tradition", das selbst erlittene Elend an die eigenen Kinder weiter zu reichen, ist heilsam - für die Individuen, für die Familien und damit, da hast du einfach recht, für die Welt.

Beste Grüße,
Eva
 
Liebe Kinny,

Allerdings muß ich dir schon wieder widersprechen: du bist kein Einzelfall. leider. Mein Eindruck - nach Monaten in virtuellen Selbsthilfegruppen - ist immer mehr, daß das die Regel ist - es ist kein Einzelfall, daß Frau nach so einer "Erziehung" gefühlskalte Täter als Partner hat und dort durchhält, bis zum Zerreißen. Dazu sind wir ja in Wirklichkeit erzogen: durchhalten. Über-leben anstatt leben.

Das ist leider so. Und es hat fatale Folgen, wenn man sich das schönredet. Das Gute, das gerade giftige Eltern ja in völlig unberechenbarer Weise auch zeigten, machte das Ganze so verrückt, so zerreissend im wahrsten Sinne des Wortes. Und es wiegt das Schlimme einfach nicht auf. Es geht schließlich um die Prägungen, um die Spuren, die elterliche Gewalt hinterlassen hat und die werden durch Gutes nicht gelöscht!
Vielmehr lernen Kinder unter diesen spezifischen Einflüssen, sich ungeachtet all der Schrecken und Schmerzen AM GUTEN FESTZUHALTEN UND DAS SCHLIMME ABZUSPALTEN. Eine Überlebensstrategie, die dann Frauen in Gewaltbeziehungen tatsächlich durchhalten hilft....
Nie wieder will ich durchhalten. Ich will leben lernen. Zu dem, was du sagst, vom "Positiven im Negativen finden", überlegt es noch in mir. Irgendwie komm ich mit dieser Formulierung nicht ganz hin.

siehe oben...

Das Gute aus einer schlechten Kindheit macht das ehemalige Opfer durch seine Heilung - einem schmerzhaften, dornenreichen und schweren Weg - aktiv selbst. Das ist da nicht drin, das ensteht erst durch eine bewundernswerte, sehr mutige Leistung.

Beste Grüße,
Eva
 
.....Und so kam es, dass sie letztendlich mein Kind wurde und ich ihre Mutter...:rolleyes:

Hall Urajup,

wenn das so war, wie hast du dann als Kind Mutterliebe bekommen können?
Das müsste doch, falls es in der Tiefe wirklich so war, ein Bindungsmuster geprägt haben, das eben mehr auf Geben und Nützlichkeit basiert, als auf der Erfahrung, dass man um seiner selbst willen bedingungslos geliebt ist?
War das so, und falls ja - hast du das später erkannt und verändert?

Beste Grüße,
Eva
 
Liebe Magdalena,

das ist wichtig, was du da schreibst! Eben die Wende, heraus aus der unseligen "Tradition", das selbst erlittene Elend an die eigenen Kinder weiter zu reichen, ist heilsam - für die Individuen, für die Familien und damit, da hast du einfach recht, für die Welt.

Beste Grüße,
Eva

liebe eva,

du sprichst mir mit diesem beitrag und auch mit deinen anderen beiträgen aus der seele. :)

ich würde jetzt gerne noch weiter ausführen - aber ich lasse es jetzt mal bleiben. es fehlt mir momentan die energie dafür und ich habe gelernt - wenn es nicht aus mir heraussprudelt ziehe ich mich besser zurück und lass erst mal in mir arbeiten.....

alles liebe
magdalena
 
...

Krass Kinnih. Meine herzlichste Gratulation zu deinem Ausbruch und alles Gute für die Zukunft.

Hoffe, deine Selbsthilfegruppen helfen wirklich.

:kiss4:
 
Melodie schrieb:
wenn das so war, wie hast du dann als Kind Mutterliebe bekommen können?
Das müsste doch, falls es in der Tiefe wirklich so war, ein Bindungsmuster geprägt haben, das eben mehr auf Geben und Nützlichkeit basiert, als auf der Erfahrung, dass man um seiner selbst willen bedingungslos geliebt ist?

Hi Melodie,

die Umkehrung vom Kind zur Mutter kristallisierte sich erst ab meiner Pupertät heraus, vorher war es natürlich ein normales Kind/Mutter-Verhältnis. :)
Meine Mutti war vorher eine richtige Mutti eben. Mit viel knuddeln, Körperkontakt und Verwöhnprogramm.
Da ich das Nesthäkchen war (mit sehr großem Abstand zu meiner Schwester), wurde ich verwöhnt, wie das eben so ist, bei dem jüngsten Kind.
Dadurch, dass meine Eltern schon ein gewisses Alter erreicht hatten, waren sie in ihrer Erziehung - die eigentlich gar keine war - sehr entspannt, tolerant, drückten beide Augen zu, ließen mich gewähren.....Trotzdem war da immer die schützende Hand....

Später, als ich mich dem Erwachsenenalter annäherte, bemerkte ich, daß meine Mutter anderen gegenüber keine Grenzen setzen konnte. Und so wurde sie immer öfter ausgenutzt. Wenn ich mit ihr darüber gesprochen hatte, nickte sie zwar immer und sagte dann, daß ich zwar Recht hätte, aber sie wolle keinen Streit, also gäbe sie nach...

Manchmal waren das zwar nur Kleinigkeiten, manchmal aber auch Übergriffigkeiten durch einen Nachbarn, der z.B. verlangte, daß sie einen Baum (einen wunderschönen uralten Boskop) auf unserem Grundstück kappen sollte, weil er angeblich zuviel Grundwasser von seinem Grundstück wegnehmen würde. Dann sollte sie das Vorderbeet vor dem Haus genau so gestalten wie er, weil so eine Doppelhaushälfte schließlich "einheitlich gestaltet werden sollte".....u.s.w. u.s.w......

Meine Mutter gab immer nach......:rolleyes: Es kam dann soweit, dass er gar nicht mehr fragte, sondern auf unserem Grundstück das machte, was er für richtig hielt....
Das war dann der Moment, wo ich eingriff (mit 16!) und mir seine Übergriffe auf meine Mutter und ihre Angelegenheiten verbot. Ich muß dazu sagen, daß mein Vater seit meinem 15-ten Lebensjahr verstorben war und wir beiden Frauen alleine wohnten.

Solche Sachen liefen ständig ab! Meine Mutter war immer so gutherzig, daß, wenn jemand bei uns zu Besuch war und bewunderte eine Näharbeit von ihr (an der sie monatelang gesessen hatte), sie es demjenigen sofort schenkte... Na ja, dieses Verhalten hat auch andere Leute irritiert. Eine Patentante meiner Schwester sagte mal zu mir, dass sie zu Hause bei uns nichts mehr laut bewundern täte aus Angst, meine Mutter würde ihr das wieder schenken wollen....:D
Darüber kann man natürlich schmunzeln und ich tat das früher auch, und auch heute noch, aber so war meine Mutsch eben.....Sie gab ihr letztes Hemd weg, hatte keinen Überlebensinstinkt, wirkte oft hilflos, war naiv.....

Einer mußte sie beschützen - dachte ich zumindest damals noch ......Was für ein Wahnsinn, denn jeder macht die Erfahrungen, die er machen muß......
Heute würde ich differenzierter agieren, mich nicht mehr so einmischen, denn es war schließlich ihr Leben....:)

Ach ja, und natürlich habe ich meine Mutter idealisiert, tat es lange Zeit, aber na ja......es gibt Schlimmeres im Leben....;)


LG
U.
 
Au weia, hier gibts so viel zu lesen, und davon sehr viel Interessantes.

Tja, also, Kinny und ich hatten ja das Vergnügen, unter dieselben Mühlräder zu kommen. Das Schlimme ist, wenn jemand psychologisch geschult ist, und alles von einem weiß, also wirklich ALLES, daß man dann wie Knetgummi in seinen Händen ist, weil er sämtliche Mechanismen und Auslöser der Persönlichkeit kennt. Da kann ein Satz mit drei Worten so herumgedreht werden, daß einem Hören und Sehen vergeht.
Der Unterschied zwischen dir, Kinnyfee und mir ist nur, daß ich mir dessen bewußt war, daß ich wußte, größtenteils, was da geschieht. Daß ich bewußt weitergemacht habe, um die Beziehung nicht zu verlieren und auch, um zu beweisen, "wie sehr ich lieben kann" *heul und lach gleichzeitig* . Also daß ich es besser kann wie jeder Mensch vor mir und in die Falle bist du ja dann auch getappt, weil es die Falle deiner Kindheit war. Bei mir war die Falle, daß ich mir schon als Kind bewußt war, wie ungerecht und tyrannisch es zuhause zuging, ich aber ja "lieben" wollte. Und später dann, im privaten Leben, wollte ich diese Menschen, die mich niederdrückten, nicht alleine lassen, weil sie ja sonst ganz alleine gewesen wären und habe ziemlich bewußt solche Beziehungen aufrechterhalten. Nicht einmal mehr in der Hoffnung , irgendwann das zu bekommen, was mir schon in der Kindheit vorenthalten wurde.

Ich hab mich nur oft gewundert darüber, daß ich mich oft "verraten und verkauft" gefühlt habe von nahestehenden Menschen - inzwischen ist mir klar, daß das ein Echo war auf den Verrat, den ich ständig an mir selbst beging.
Ich wurde ja recht streng katholisch erzogen, zumindest meine Oma war sehr fromm, im Elternhaus dann eher so "außen hui und innen pfui" , wie es so oft ist. Meine Oma und meine Mutter waren "Dulderinnen". Sie duldeten und ertrugen lautlos das Leid der Welt, resignierten, gaben auf, starben relativ früh mit 70 Jahren. Und ich muß immer wieder feststellen, wie leicht man in dieses Verhalten kommt, obwohl ich es ja weiß. Wie leicht es ist, zu resignieren und sich aufzugeben. Solche Beziehungen kosten unendlich viel Lebenskraft, die sich erst nach und nach wieder einfindet. Das kann dauern.

Ich denke ganz sicher, daß bessere Mütter maßgeblich beteiligt sind an einer "besseren " Welt, wie sonst könnte das gehen? Nur glückliche Kinder haben es später einmal nicht nötig, andere zu unterdrücken und zu mißhandeln, körperlich oder seelisch.

Ich kann auch hier, falls jemand auch in so einer Falle sich befindet, das Buch "Die Masken der Niedertracht" empfehlen, wo ganz klar gesagt wird, was ein Opfer in dem Fall tun kann - nämlich so schnell wie möglich aus einer solchen Beziehung gehen und auch nichts erwarten - keine Reue, keine Entschuldigung, im Gegenteil, auch nachträglich noch Wut und Beschimpfungen.

Juppi, ich war übrigens auch mal so, ich hätte mein letztes Hemd hergegeben, wenns jemand gebraucht hätte. Nur einen Baum hätte ich keinesfalls absägen lassen, soweit ging es nicht bei mir. Hab auch gelernt, daß ich jetzt mal schön bei mir selbst bleibe und schaue, was mir gut tut, soweit das eben möglich ist.

Kinnyfee, ich denke, ein "Geschenk" deiner Kindheit ist eben gerade dieses Eintauchen in Phantasiewelten. Und zwar dahingehend, daß du eben schon sehr gut "andere Welten" erfassen kannst - jedoch nicht mehr als Flucht, na, du weißt schon , wie ich das meine. Ist auch eins meiner Geschenke, denn ohne die inneren Welten ließe sich so etwas vielleicht gar nicht überstehen.

Liebe Grüsse von Morgi
 
Entkommen könne man diesem Kreislauf, habe ich gehört, nur dann, wenn man wirklich den gesamten Zinnober erkennt und ihn ablegt. Oder annimmt, wie man will. Auf jeden Fall muß man den nichtförderlichen existentiellen Erfahrungen, wie ich solche Familienzusammenhänge nennen würde, von der in ihnen gelegenen Energie entkoppeln, sonst gibt man diese Energie an die eigenen Kinder weiter.

Ja Trixi, so habe ich auch gehört ;) Und die Tatsache, daß man die Energie - ohne es zu wollen - an die eigenen Kinder weitergibt, diese Erkenntnis ist ein Ding. Oh das ist in einem Blitz durch mich durchgefahren. Als ich zusammen mit meinem Jüngsten bei der Polizei war, um meinen Ex anzuzeigen wegen der Körperverletzung. Und der "Kleine" dort meine Aussagen ergänzt hatte um die Tatsache, daß auch er hinter meinem Rücken geschlagen und getreten wurde. Und nix gesagt hat, ja sogar gelogen hat wegen der blauen Flecken - um mich zu schonen... das war schon ein Schock. Und dann. Waren wir zu Hause angekommen, und mein Bub sagte, er wünscht sich, daß alles wieder gut würde und ... der Ex wieder da wäre und wir doch weiter eine Familie sein könnten. Oh du Sch...ande, dachte ich entsetzt, hab ich ihn bereits mit reingerissen in meine verdrehte Wahrnehmung - ist es schon so weit, daß er bereit ist, Gewalt zu erdulden, bloß um einen Menschen nicht zu verlieren - um jeden Preis???

Das war ein Schock, der hat mich schlagartig ziemlich wach gemacht. Ich wollte doch um alles in der Welt nicht, daß mein Kind auch blind wird für Gewalt, die ihm angetan wird.

Ich glaub aber, inzwischen, ich habs bei ihm grad noch rechtzeitig derbremst. Es sprudelt aus ihm heraus, woran er sich erinnert, und die Wut, die er jetzt für damals empfindet, darf ans Tageslicht...

Das ist ein sehr schönes Thema, merci dafür Kinnarih!

Bitte, gern geschehen. Hüpft auf einer Menge Tabus rum, merk ich grad auch so beim Mitlesen... wenn ich mir anschau, wo und wie das GEspräch abbiegt.

Es ist ja so, daß es da nicht stehenbleibt, bei dem, was die Eltern geprägt haben. Das hat ja - wie der zweite Teil des Titels sagt - Konsequenzen. Die anderen "Lebensgefahren" sind ja Folgen der Eltern - und sie kommen unweigerlich, solange die Muster nicht erkannt werden - und dann aufgetrennt... Da wirds dann erst so richtig spannend, wenn man draufkommt, wie oft und womit hab ich das Muster überall schon wiederholt...

Ja danke für deinen Beitrag, Trixi - ich hoff, ich bin ned grad die 7. Generation - und ich durchbrech die Muster, damit niemand krank wird bei uns :)
 
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Neulich fragte mein 10-jähriger Neffe meine Mutter, als wir zusammen im Thermalbad waren und Pause machten, etwas aßen und tranken: "Oma, hast Du eigentlich im Krieg auch Bombennächte erlebt?"


Meine Mutter ist eines der Kinder, die nachts mit ihrer Mutter im Stockdunklen, wo Du wirklich nicht die Hand vor Augen gesehen hast, in den Bunker gehen mußten. Sie haben nicht gesehen, wo die Straße ist und haben es an den Füße gespürt, wenn sie die Straße verlassen würden. Es bewegte sich ein Zug von Menschen durch die Dunkelheit - ------
kurzer Einwurf:
mich will gerade eine Emotion packen beim Erzählen, Wut, Trauer, Schmerz, daß meine Mutter das erlebt hat. Wenn man bedenkt, was da im Krieg geschehen ist - bei Gott, als Deutscher ist es schwer sich nicht zu schämen. Aber in unseren Familien liegt, glaube ich, ein genauso großes Leid wie in den Familien der Opfer. Im Krieg gibt es keine Gewinner in diesem Sinne, weil alle Verluste machen. Nun ja, es ist eine Tragik, daß der Mensch nicht friedlich ist, aber es ist ihm wohl mitunter zueigen.
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.. die Menge tappte also durch die Nacht, alles war abgedunkelt, kein Licht brannte, um den Bombern über Neuss keine Signale zu geben. Im Bunker angekommen hieß es warten. Man stand dichtgedrängt, ein dreijähriges Kind ist da regelrecht eingekeilt, die Mutter alleine dann um 2 Kinder beschäftigt, sie zu schützen, daß sie nicht zerdrückt werden. Ob im Bunker Licht war weiß ich nicht, das werde ich meine Mutter mal fragen. Wenn nicht, dann ist es nicht schön, sich als dreijähriges Kind in dieser Situation vorzustellen, eingekeilt von Leibern und man hat als Mutter dann nur die Hände, um die Kinder an den Körper zu drücken, andere Chancen hat man nicht. Das ist für mich blanker Horror, diese Vorstellung, das als 3-Jähriger erleben zu müssen.

Wenn dann die Bomben fallen und alles wackelt, wie geht es einem Kind dann? Ich kann Euch sagen, was passiert, man weiß es nämlich: es phantasiert. Es baut sich eine Phantasiewelt im Geist, in das es sich zurückzieht. Die Psyche des Menschen ist, könnte man sagen, gnädig: bei vitalen Bedrohungen und in solchen traumatischen Situationen haben wir die "eingebaute Gnade", daß wir gezeigt bekommen, was wir sonst nicht erreichen können. Das ist dem Trauma als Solches zu eigen, daß es parallele Welten öffnet.

Bei einem Kind ist es so, wie ich es selber erlebt habe und wie bestimmt Einige von Euch es ebenfalls kennen: es kommt nicht wieder aus dieser Parallelwelt zurück, wenn die Bedrohung vorbei ist. Der Geist des Kinder kann nicht aus Wissen und Feststellung heraus erkennen: jetzt ist die Bedrohung vorbei, jetzt kann ich also meine Parallelwelt wieder verlassen.

Und genau das ist ein bißchen das "Problem" an meiner Mutter. Sie lebt in einer Art "Wolkenwelt", da oben wo Licht ist, dahin ist sie irgendwie entschwunden. Sie suchte nach Alternativen, z.B. als mein Vater starb, als ich 7 war. Wie übrigens auch sein Vater, er fiel im Krieg als mein Vater sieben war. In meinem Halbwaisesein wiederholt sich das Schicksal der Männer in meiner väterlichen Linie also 1:1. Keiner ist älter als 40 geworden in der letzten Generation. Bin jetzt 38. :)

Aber zurück zur Mutter: wenn man so will, dann hat meine Mutter das Schicksalstrauma ihrer eigenen Mutter wiederholt. Sie stand etwa im Alter meiner Oma 1945 selber im Jahre 1978 mit einer Horde Kinder in der Dunkelheit, auch wenn nicht Krieg war und deswegen nachts die Glühbirnen brannten. Wir hatten unseren Vater verloren und ihre Aufgabe war es, uns Kinder in dieser schwierigen Situation alleine zu schützen. Das war die Situation, die ihr eigenes Kindheitstrauma (eigentlich Kriegstrauma) war.


So sieht man vielleicht den Zusammenhang an meinem Beispiel.
 
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