Eine tolle Nacht...

Allegra83

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11. Dezember 2004
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Schwechat bei Wien
Ich kauerte im Auto und fuhr in Schneckentempo auf das grüne Haus zu.

Mein Gott, war ich nervös.
In meinem Bauch flatterten die Schmetterlinge und mein Mund war staubtrocken. Ich musste einfach noch eine rauchen. Aber Michael war Nichtraucher. Strikter Nichtraucher.
Verdammt, verdammt, verdammt! Was, wenn er mich an diesem Abend küssen wollte? Dann würde ich wie ein Aschenbecher riechen.
Schluss!
Nichtraucher hin oder her, ich brauchte unbedingt etwas zur Beruhigung. Endlich fand ich einen Parkplatz. Ich lehnte mich zurück und inhalierte den Rauch, so tief ich konnte.
Außerdem, was machte es schon? Er hatte mich bis jetzt nicht geküsst, wieso sollte er es heute tun?
Ich sah auf die Uhr. So ein Mist! Ich war eine viertel Stunde zu früh dran. So war das immer bei mir. Ich war notorisch unpünktlich und zwar nach vorne. Das musste einfach aufhören. Ich nahm mir fest vor, beim nächsten Mal mindestens zehn Minuten zu spät zu kommen.
Falls es überhaupt zu einem nächsten Mal kam. Dieser Mann brachte mich noch um den Verstand. Einmal war er so nett und dann wieder so abweisend. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm. Das einzige, das ich wusste war, dass ich ihn wollte. Mehr als alles andere.

Drei Zigaretten später stolperte ich nervös auf Michaels Haustür zu. Ich läutete und er machte sofort auf. Stockwerk um Stockwerk quälte ich mich die Stufen hinauf. Wie konnte man nur in die letzte Etage ziehen?
Michael stand schon in der Tür. „Hallo,“ sagte er. „Komm rein.“
Unter Schnaufen und Keuchen presste ich ein paar banale Worte zum Gruß hervor. Ich spürte die Schweißperlen auf meiner Stirn. Letztes Stockwerk, also wirklich.
Mühsam zog ich mir meine sündhaft teueren Stiefel aus und fiel dabei beinahe hin.
Michael hielt mich im letzten Moment fest. Mein Gott, was musste er von mir denken?

Endlich saß ich im Wohnzimmer, eine Flasche Heineken in der Hand und mit mir und der Welt schon wieder fast versöhnt.
Michael saß neben mir und hämmerte in die Tasten seines LapTops.
„Tut mir leid, Kristin, aber ich hab einem Kollegen versprochen, dass ich heute diese Prüfungsfragen für ihn aufschreibe. Ich bin auch gleich fertig.“ erklärte er.
Das bezweifelte ich. Er schrieb mit zwei Fingern und suchte eine Ewigkeit nach jedem Buchstaben auf der Tastatur.
„Du könntest mir die Fragen diktieren und ich schreibe sie.“ bot ich ihm an. „Ich kann sehr schnell schreiben.“
Er lachte. „Ich bin schon fertig, keine Sorge.“
Als er seinen LapTop weggeräumt hatte unterhielten wir uns über seine Arbeit. Ich war fasziniert. Er sprach so enthusiastisch davon, er liebte seine Arbeit. Ich konnte das überhaupt nicht nachvollziehen. Ich war froh, wenn ich frei hatte und nicht in dieses Irrenhaus musste. Er hingegen freute sich über jeden Arbeitstag. Ich beneidete ihn. Er hatte genau das gefunden, das er immer schon tun wollte und es machte ihm Spaß.
„Ich hätte auch gern einen Job, hinter dem ich auch 100%ig stehen kann, wo ich Verantwortung habe und selbstständig arbeiten kann.“ sagte ich.
„Warum arbeitest du dann dort?“ fragte Michael.
„Ich weiß auch nicht. Ich bin frisch von der Schule gekommen und mich haben vor allem die Nachtdienste und die dazugehörige Nachtzulage interessiert.“ erklärte ich grinsend. „Aber ich bin schon länger auf der Suche nach etwas Neuem.“
„Wonach suchst du denn?“
„Naja, es ist schwierig. Ich habe ja die Fachschule für Sozialarbeit abgeschlossen. Aber als ich fertig war, hatte ich irgendwie das Gefühl, dass es vielleicht doch nicht das Richtige war und wollte etwas Anderes ausprobieren. So bin ich in die Notaufnahme gekommen. Aber nun denke ich, dass ich doch wieder nach einem Job im sozialen Bereich suchen sollte. Ich habe mich schon bei ein paar Institutionen als Sozialarbeiterin beworben.“
„Das passt zu dir.“ erklärte Michael.
Ich musste lachen. „Genau das sagt Jörg auch immer.“
„Nein wirklich. Ich denke, dass es zu dir und deinem Charakter passt. Sozialarbeiterin. Du bist so hilfsbereit, so gutmütig. Dadurch bist du leicht auszunutzen.“ sagte er. „Sowie deine Kollegen das dauernd tun.“ fügte er hinzu.
„Ja, ich weiß. Mir fehlt anscheinend das Gen, das fürs Nein-Sagen zuständig ist.“
„Ich finde, dass genau das eine deiner liebenswürdigsten Eigenschaften ist.“
Selig lächelte ich ihn an.
Dann, völlig unpassend, aber völlig typisch für mich, musste ich mal. Ich fragte Michael, wo sei WC ist.
„Die erste Tür rechts, wenn du rauskommst!“ antwortete er.
Der erste Tür rechts war schnell gefunden. Das Problem war nur, dass da keine Tür war. DA WAR KEINE TÜR! Es gab nur eine quasi Schiebetür, die nicht ganz zuging. Man konnte sie zuziehen und mit einem Magneten am Türstock befestigen. Du liebe Zeit, was sollte ich tun? Michael saß ganz in der Nähe im Wohnzimmer, wie konnte ich mich da seelenruhig hinsetzen und pinkeln? Was, wenn er das hörte...? Nein, nein, nein. Das brachte ich nicht.
Sollte ich einfach die Spülung ziehen und wieder rausgehen? Nein, ich musste so dermaßen dringend. Ich überlegte hin und her. Wenn der Depp wenigstens laute Musik oder so spielen würde. Was sollte ich tun?
Dann hatte ich die rettende Idee. Ich zog mir die Hose aus und setzte mich. Dann zog ich die Spülung und während die Toilette spülte konnte ich in aller Ruhe pinkeln, ohne dass man mich hörte. Und dann sag noch mal einer, ich wäre nicht einfallsreich. Das musste ich unbedingt Jörg erzählen. Oder besser nicht, er würde sich totlachen über mich.

Zwei Stunden später saßen Michael und ich immer noch nebeneinander. Wir hatten uns über Gott und die Welt unterhalten und ich hatte lang nicht mehr soviel gelacht. Ich wollte ja auch wirklich nicht unbescheiden sein, aber konnte er mich nicht endlich küssen? Michael! Ich konnte die Spannung spüren. War er nicht der Mann meiner Träume? Der Mann, der mein erster Gedanke am Morgen und mein letzter Gedanke, bevor ich einschlief war? Und er war neben mir. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Ich überlegte fieberhaft. Ich musste etwas zu ihm sagen, das noch niemand zu ihm gesagt hatte. Ihn beeindrucken!
„Ich freu mich total, dass ich hier bin!“ Ich hielt mir die Hand vor den Mund. Konnte man so etwas Dummes sagen? Was war nur los mit mir? Das war doch nicht meine Art.
Michael drehte sich zu mir um und sah mir in die Augen. Mein Gott, waren seine Augen grün. Versinken konnte man darin.
Er lachte. Mich aus?
Ich konnte meinen Blick nicht von seinen Augen abwenden. Er schaute mich immer noch an.
„Ich bin leider nicht so gut in ´Couch-Entertainment´“ Er sah mich treuherzig an.
Da musste ich auch lachen. Auf einmal war die Nervosität weggeflogen.
„Zeig mir doch das neue Tattoo, das du hast machen lassen!“ bat ich ihn.
Ich rollte den Ärmel von seinem Pullover hoch.
Das Tattoo war der reinste Wahnsinn. Es reichte von seiner Schulter bis hinunter zum Handgelenk. „Absolut super!“ rief ich. „Weißt du eigentlich, dass ich total auf tätowierte Männer stehe?“
Michael grinste mich an. „So, so. Du stehst also auf tätowierte Männer. Ganz egal, welches Tattoo?“ fragte er.
„Nein, natürlich nicht. Es soll ja Mensch geben, die sich ein Bildnis von ihren Kindern auf den Arm tätowieren lassen. Ist das nicht furchtbar?“
„Ja! Aber noch schlimmer sind die Leute, die sich den Kopf von ihrem Hund tätowieren lassen, mit so einem komischen Wimpel darunter, in dem der Name des Hundes steht.“
Ich lachte herzlich. „Ja, mit so jemandem könnte ich nie zusammen sein!“
Michael schaute mich an. „Ich verstehe. Du schaust also immer nur aufs Aussehen?“
„Aber nein. Ich könnte auch nie mit einem Mann zusammen sein, der auch nur daran denkt, sich seinen Köter tätowieren zu lassen.“
Michael stimmte in mein Lachen ein. „Möchtest du noch ein Heineken?“ Ich nickte höflichkeitshalber. Hoffentlich musste ich nicht noch mal aufs Klo.
Er stand auf und ging in die Küche. Kurz darauf kam er mit zwei Flaschen Heineken zurück. „Dieses Bier habe ich extra für dich gekauft.“ sagte er. „Ich trinke das normalerweise nicht, aber Anne hat mir gesagt, dass es das Einzige ist, das du trinkst.“ Oh mein Gott!!
„Sag mal, hast du nicht auch ein Tattoo auf dem Rücken?“ frage ich ihn.
Er nickte.
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und zog ihm den Pullover über den Rücken. Dann strich ich ganz sanft mit meinen Nägeln über seinen Rücken.
Er stöhnte leise. Es war der reinste Wahnsinn. Plötzlich war ich wieder nervös und gleichzeitig war ich glücklich wie ein Kind an Weihnachten. Ich streichelte ihn immer weiter. Ich strich ihm über den Bauch, an den Seiten entlang. Ich konnte nicht aufhören. Michael! Etwas anderes war nicht in meinem Kopf. Ich lehnte mich an ihn.
„Was hältst du von einem Ortswechsel?“ flüsterte er.
Ich nickte.
Er nahm mich an der Hand und zog mich auf. Gemeinsam gingen wir ins Schlafzimmer. Ich spürte die Schmetterlinge flattern wie noch nie.
Im Schlafzimmer war es sehr dunkel, aber durchs Fenster kam ein heller Mondschein herein, sodass ich Michael sehen konnte. Er öffnete meine Hose. Ich zog ihm den Pullover aus. Er knöpfte meine Bluse auf. Ich streifte ihm die Hose ab.
Nur in Unterwäsche bekleidet ließen wir uns aufs Bett fallen. Ich streichelte ihm über den Bauch bis hinunter zu seiner Boxershorts. Er stöhnte laut auf.
Dann küsste er mich. Erst sanft und zärtlich, dann immer wilder und fordernder. Auf den Hals, meine Brust. Ich krallte meine Hände in sein Haar. Er hielt mich fest umklammert und hauchte mir einen Kuss nach dem anderen über mein Gesicht. Es war einfach wunderbar, so umarmt zu werden.

Danach lagen wir Hand in Hand nebeneinander. Ich hatte das Gefühl auf Wolken zu schweben. So lange hatte ich davon geträumt, so sehr hatte ich mir genau das gewünscht und jetzt lag er neben mir. Er streichelte mich sanft und ich war einfach nur glücklich. :banane:
 
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Hi, Allegra83! :)

Allegra83 schrieb:
„Nein wirklich. Ich denke, dass es zu dir und deinem Charakter passt. Sozialarbeiterin. Du bist so hilfsbereit, so gutmütig. Dadurch bist du leicht auszunutzen.“ sagte er. „Sowie deine Kollegen das dauernd tun.“ fügte er hinzu.
Raffiniert... (Hätte ich in dem Moment auch gesagt...) ;)
Allegra83 schrieb:
Michael saß ganz in der Nähe im Wohnzimmer, wie konnte ich mich da seelenruhig hinsetzen und pinkeln? Was, wenn er das hörte...? Nein, nein, nein. Das brachte ich nicht.
Wirklich interessant, was Du Dir so für Gedanken machst... :D
Allegra83 schrieb:
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und zog ihm den Pullover über den Rücken. Dann strich ich ganz sanft mit meinen Nägeln über seinen Rücken.
Man kriegt eine Gänsehaut... :)
Allegra83 schrieb:
Er streichelte mich sanft und ich war einfach nur glücklich. :banane:
Merkt man... :)


Liebe Grüße :kiss3:
Toffifee
 
ich schwör dir, ich bin knallrot geworden!
Hab lange überlegt, ob die die Textstelle mit dem WC nicht rauslöschen soll, hier im Forum, aber was solls?
Ja,ja Gedanken. Du musst mal in dieser Situation sein!! :) ich schwör dir, ich bin tausend Tode gestorben ...

Bussi an dich, Allegra :kiss3:
 
Hi,

wenn ihr Männer wüsstet, was wir uns noch so alles für Gedanken machen.... :schaukel:


@allegra

Da fehlt aber jetzt noch ein Stück dazwischen, oder? Genial geschrieben, das mit der Toilettenspülung ist absolut klasse. Lass es blos drin. Ich les gleich weiter.

LGs

Silvermoonraven
 
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einen Teil hab ich auslassen. Aber ich werd ihn vielleicht reinstellen.
Mal sehen, vielleicht find ich eine Möglichkeit alles irgendwie reinzustellen von Anfang bis Ende. Obwohl ca. 4 Kapitel hab ich ja noch nicht geschrieben.
Aber ich werd in die Tasten haun! :kiss4:

Vielen Dank fürs Lesen!

Hab euch alle ganz viel LIEB. :rolleyes:


Allegra
 
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