Eine Frage zu Altersdemenz

Amen! Dacht ich mir fast. Oder ich hätt einfach danke gesagt :clown:

Naja, "danke" für die Info auf jeden Fall.

l.G. Kaputtsky:)
 
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Phu, heilig Abend ist vorbei *schwitz*

Mutter hat ihre Tochter und ihren Schwiegersohn den ganzen Abend wie Fremde "per Sie" angesprochen und nicht wirklich realisiert, wo sie da ist. Das war eine recht neue Erfahrung für mich.

:escape:
 
hallo Adamo,

oh weh, das Vergessen...

Das war ja nun keine schöne Weihnachtserfahrung.

Wie berührt Dich diese wirklich fürchterliche Sache mit dem Vergessen, erzähl doch mal, wenn Du möchtest. Dann erinnert sie sich bestimmt auch heute schon nicht mehr an gestern, oder?

trotzdem noch einen schönen Abend!

:liebe1:
 
Hallo Trixi :)

Schön war das alles nicht gestern. Bereits das rausfahren - sie hat sich zwar widerstandslos anziehen lassen, aber wirklich weg wollte sie nicht und als Neffe raufkam, uns zu holen, hab ich grad ihre Schlüssel gesucht - die hat sie versteckt, mit einer Sicherheitsnadel in ein leichtes Sommerjackerl geheftet - hat aber überzeugt behauptet, ich hätte ihr die Schlüssel weggenommen, weil ich wahrscheinlich will, dass sie gar nicht mehr zurück kommt. Sie hat sich fürchterlich aufgeregt und am liebsten hätt ich das abgebrochen. Im Stiegenhaus ist sie an deder 5. Stufe stehen geblieben, hat sich ans Geländer geklammert und Gott angerufen, er möge sie doch erlösen .... von diesem Zwang

.... in ihrem Kopf haben sich verschieden Gedankengäng zu einem Brei vermischt, sie dacht auch - und hat das auch angesprochen - sie würde abgeschoben werden und ich musst ihr immer wieder erklären, dass wir nur für ein paar Stunden zu ihrer Tochter fahren, dass ich ja mitfahre und wir am Abend ja wieder nach Haus gebracht würden. Im selben Moment, wo ich ihr gesagt habe, wo wir hinfahren, schien sie es auch schon wieder zu vergessen.

Aber im Auto hat sie sich dann entspannt und ist wieder ruhiger geworden und hat zu plaudern begonnen. Ich hab aber erst den Zorn auf mich selber abbauen müssen, mit "esoterischer Tiefenatmung" :) dass ich ihr und uns das überhaupt antu.

Meinen Neffen und seine Frau konnte sie ja besser zuordnen, wie mir scheint, aber als dann nach einer halben Stunde mein Schwager und die Schwester kam und wir sie mit dem Rollstuhl über die steile Rampe befördert haben, fragt mich meine Mutter leise: "Wer ist denn diese Frau!"

Da war ich dann recht sprachlos momentan, weil das war beim letzten Besuch noch nicht der Fall. Da hat sie ihre Tochter noch erkannt.

Aber ich muss sagen, sie hat mich in letzter Zeit auch schon en paar mal gefragt, wer denn die se Frau ist, als ich ihr Fotos gezeigt hab, von meiner Schwester. Sie erkennt sie nur auf Abbildungen, wo sie noch jünger, hübsch und gesund ist .... dieses Bild, wo Schwester im Rollstuhl sitzt und 30 Kilo zugenommen hat .... das will sie einfach nicht erkennen. Sie hat während des letzten Jahres einfach vergessen, das ihr Mädel vor 8 Jahren einen Schlaganfall hatte und seither im Wagerl sitzt.

Nachdem ich ihr gesagt hab, na, das ist deine Tochter .... war sie wieder sprachlos, ihre Augen haben mich groß angeschaut und sie hat nur den Kopf geschüttelt ... dann haben die beiden kranken Ladys ein bisserl auf Umarmung und Händchen halten gemacht und durch die Gegend gelächelt, weil reden kann meine Schwester ja nichts ... aber eine halbe Stunde später fragt Mutter wieder: "Wer ist diese Frau? sie ist mir schon gleich sympatisch gewesen ... aber ich weiß nicht, von wo ich sie kenn?"

Und das selbe aber mit dem Schwager, den sie immer hoch geachtet hat - voll vergessen. Sie hatt auch nicht realisiert, wo sie da ist ...

einmal sagte sie .... na, ich wärt ja gar nicht hier reingekommen, aber wenn der Willi, also ich, reingeht, dann wollt ich auch nicht draussen stehen bleiben. sie dachte wohl, das wär ein gastronomischer Betrieb. ich weiß es nicht.

Mit meinem Schwager hat sie sich angeregt unterhalten, er ist ja auch ein sehr gesprächiger Typ, fast ein Entertainer eigentlich, und hat viele Erinnerungen ausgepackt. aber Mutter hat das Beziehungsverhältnis nicht geschnallt .... sie hat ihn immer mit "Sie" angesprochen. sie hat mit ihm geredet wie mit einem Herrn, den man gerade in einem Lokal kennen lernt. Auch wenn er ihr selbst gesagt hat, dass er ihr Schwiegersohn ist, hat sie das einfach nicht realisiert.

Ich weiß gar nicht, wies mir geht. Ich war recht bestürzt darüber, dass sie jetzt die zwei gar nicht mehr erkennt.

Nächtens, nachdem wir wieder zu Hause waren, ist dann noch meine ehemalige Lebensgefährtin auf Besuch gekommen. Die kommt auch nur 2 mal im Jahr, zum Geburtstag und zu Weihnachten und das zu den unmöglichsten Uhrzeiten, aber die hat sie wieder problemlos erkannt. Ich denk mir, dass das auch an der vertrauten Umgebung liegt.

Heute hat sie schon wieder alles vergessen. Das wir weg waren und das dann noch Besuch bei uns war, weiß sie auch nicht mehr. Heute fragt sie mich, wer hat denn die schöne Grippe da gebracht? Sag ich, na die R. hats gestern gebracht.

Ach so? Wann war die denn da?
:escape:

Na für die Messe war ich zu müde gestern.
 
aber eine halbe Stunde später fragt Mutter wieder: "Wer ist diese Frau? sie ist mir schon gleich sympatisch gewesen ... aber ich weiß nicht, von wo ich sie kenn?"
Von meiner Kollegin, deren Mutter langsam alles und sich selbst vergißt, weiß ich, daß diese Augenblicke die wertvollsten sind. Ihr Herz kann sich erinnern, wo das Hirn schon Schwierigkeiten hat. Die Kollegin sagt immer wieder, an diesen Momenten kann man sich immer wieder anhalten als Begleitender.

Oh Kaputtsky, ich wünsch dir alle Kraft der Welt für diese Aufgabe.
 
Am 30. Jänner d.J. hab ich in einem Thread von Trixi noch geschrieben:

Mutters Vergesslichkeit und zeitweises Durcheinander ist altersbedingt normal. Das hat nix mit Alzheimer zu tun. Nein. Ich will gar nicht wissen, was Alzheimer ist.....

Da ist ganz schön was vorwärts gegangen, in diesem einen Jahr, wenn ich so schau. :eek:
 
Ach Adam, lass dich mal wieder drücken!
Ich kann mir das so gut vorstellen, weil du auch so plastisch schreibst...

Heute im Dienst hatte ich auch starke Alzheimer-Begegnungen.

Eine Bewohnerin hat morgen Geburtstag.
Sie wurde gestern und auch heute zum Weihnachtenfeiern abgeholt.
Morgen wird sie zum Geburtstagsfeiern abgeholt.
Das alles verwirrt sie zunehmend.
Sie kam nach dem Abendessen 5 mal zu mir, da sie wegen morgen nervös ist.
Und fragte 25 mal dasselbe.
Trotz Kenntnissen über Validation fiel es mir schwer, das wegzustecken, ohne selbst genervt zu sein.
Aber: Ich kann nach Hause gehen und Feierabend machen.
Wie ungleich schwerer hast du es da! :liebe1:

Vielleicht solltest du andenken, wenigstens stundenweise eine Hilfe zu holen.
Kannst du, könnt Ihr denn nachts noch durchschlafen?

Ganz lieben Gruß von Romaschka
 
Trotz Kenntnissen über Validation fiel es mir schwer, das wegzustecken, ohne selbst genervt zu sein.
Aber: Ich kann nach Hause gehen und Feierabend machen.
Wie ungleich schwerer hast du es da! :liebe1:

Naja, ich habs eigentlich leichter .... ich brauch nicht nach Hause zu gehen :clown:

Das war ein Scherz, aber ich denk mir, ich habs leichter, weil ich mich nur auf einen Menschen konzentrieren muss wo noch dazu ein familiärer Bezug besteht, der ja von Natur her zu meinem Leben gehört ... ohne den ich ja in der Form gar nicht da wär. Ich mein, wär ich in einer anderen Familie aufgewachsen, einer Musiker oder Malerfamilie :banane:(freu mich schon aufs nächste Leben), dann wär ja mein ICH wahrscheinlich ein ganz anderes. *hihi*

Drum seh ich es weniger als eine klassische Pflegesituation sondern sag manchmal leicht ironisch: ich leb in einer etwas "seltsamen" Ehe mit der alten Mutter, die immer mehr wie ein Kind wird. Da ich selber nie Kinder hatte, seh ich es daher oft auch als Bereicherung. So anstrengend wie jetzt um Weihnachten ist es ja nicht immer. Aber es wird schwerer, das leuchtet sogar mir schon ein.

Vielleicht solltest du andenken, wenigstens stundenweise eine Hilfe zu holen.
Ja, sicher denk ich dran, wenn mir die Gedanken zu sehr in die Möglichkeiten der Zukunft entgleiten, wenn ich an eine Verschlechterung der Gesamtsituation denk. Nur im Moment wüßt ich noch nicht wobei Hilfe? Die medikamentöse Versorgung haben wir *3 mal Holzklopf* zur Zeit stabil im Griff, es kommen noch 2 alte Freundinnen von Mutter zum Plaudern und wenns gut geht, erzählt sie wieder von ihrer Zeit am Schiff und nicht von Krankheiten, eine Frau kommt einmal pro Woche zur Grobreinigung und die redet auch viel mit Mutter, während sie in der Bude rumwerkt. Die Nachbarn verstehen zwar kein Deutsch, aber sind recht nett, tragen mir meine kleinen Aussetzer nicht nach, die ja auch in der Nachbarschaft nicht unbemerkt blieben; und versorgen uns zusätzlich noch mit Essen, so brauch ich mich auch nicht täglich um frisch Gekochtes kümmern. Kochen ist ja nicht gerade meine Stärke. Ich bin ein Spezialist für Eintopfgerichte. :) Das Essen auf Rädern haben wir ja abbestellt. Nach ca. 8 Jahren hat es ihr nicht mehr geschmeckt.

Kannst du, könnt Ihr denn nachts noch durchschlafen?
Das ist das Problem, genau ... manchmal, aber nicht immer. Oft wacht sie auf und geistert in der Küche herum, weil sie etwas sucht oder auch nur etwas trinken will. Dann wach ich auch auf ... aber irgendwie gelingt es mir bereits, die Situation anhand von den Geräuschen in der Küche einzuschätzen. Es ist mehr ein Gefühl für die Situation, als das ich es rational beschreiben könnte. Dann schau ich nur kurz raus ohne selbst aufzustehen, die Tür ist ja offen und der Blick auf die Küche ist frei ... und wenn ichs für unbedenklich empfinde, dreh ich mich wieder um und schlaf weiter. Aber manchmal wacht sie auch mit einer Panik auf, dann geh ich raus und seh, sie hat Angst und Orientierungslosigkeit im Blick, vermißt in letzter Zeit eben auch immer ofter ihre Mutter und fragt mich, wo diese hingegangen ist. Auch diese Wohnung kann sie in letzter Zeit immer öfter nicht mehr als die Wohnung zuordnen, in der sie seit Jahrzehnten wohnt. Sie steht manchmal an der Tür und guckt einfach nur auf den Gang, weil da schaut jetzt alles ganz anders aus. Früher war das ein 13 Meter langer, durchgehender Gang mit 6 Wohneinheiten. Bei den Umbauarbeiten wurden Trennwände aufgestellt, jetzt kann sie nur mehr 5 Meter weit gucken und sieht nur mehr 2 Nachbarwohnungen. Diese Umbauarbeiten im Haus haben sie sehr verwirrt. Dafür gibt es jetzt einen Gemeinschaftsbalkon, der ihr aber auch nicht ganz geheuer ist. Sie kann es offensichtlich nicht ganz verstehen, wie sich diese Kulisse um sie herum verändert hat.

Oft kommt sie zu mir ins Zimmer und schaut aus dem Fenster, ob die Donau noch da ist :clown:

Mensch, hab ich wieder viel geschrieben für die Uhrzeit.

Liebe Grüsse :)
 
Klar, wenn ich auch noch joben gehen müßte, könnt ich das allein mit diesen Wach-Schlaf-Rhythmen nicht bewältigen. Aber das hab ich letzten Februar bereits abgehakt. Schon kurzfristig bedauerlich. Da hatte ich einen angenehmen Job als Hausarbeiter in einer Computerfirma gefunden, freundlicher Chef und wahrscheinlich ein gutes Klima im Betrieb, was mir persönlich wichtiger ist, als mein Gehalt. Und Mutter war grad im Krankenhaus und wurde exakt an dem Tag wo ich beginnen hätte sollen in einem ziemlich verwirrten Zustand entlassen. Da hab ich mich entschieden, weil ich realisiert hab, dass ich nur eine Sache machen kann.

Ich hab zwar medikamentöse Einschlafhilfen da, Dominal und Halcion mit Triazolam, aber allein der Klang dieser Produktnamen und die Farbe dieser Tabs ist mir nicht geheuer. Hier könnte man sicher einen exakteren Schlafrhythmus einstellen, aber ich geb der Mutter nur sehr selten solche Tabletten. Wenn ich dann noch die möglichen Nebenwirkungen les, bekomm ich Angst. Das geht bis zur Leberentzündung, im schlimmsten Fall. Drei mal im Jahr vielleicht, wenn ich mir wirklich wie gerädert vorkomm und am nächsten Tag einen Termin hab und sie einfach nicht einschlafen will, dann geb ich ihr so eine Tablette.

Ich war auch schon drauf und dran, hab eins rausgedrückt und ihr gegeben, weil ich selber schon die Augen nicht mehr offen halten konnte, dann hab ichs ihr aber wieder weggenommen und gesagt .... ui .... das war das falsche. Dann hab ich ihr Baldriantropfen gegeben und gesagt: büüüüüüüüddde .... geh schlafen :mad2:
 
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huhu Herr Kaputtsky,

ich muß immer wieder sagen, wie sehr ich Dich bewundere für das, was Du da machst und wie Du es machst, lieber Online-Freund Willi.

Mir fällt ein, daß ich mich bezüglich der alten Menschen wirklich nach früher zurück wünsche, in die Großfamilie.

Man weiß heute, daß die Demenz nicht einfach so entsteht. Es gibt wohl eine genetische Disposition, auch die Demenz tritt wie viele andere Krankheitsbilder in Familien "gehäuft" auf.

Die Namensbezeichnungen für die beiden häufisten Erkrankungen (Demenz-"Formen") haben vorne dran das Wörtlein "Morbus" (Alzheimer, Pick). Das weist darauf hin, daß da wie so oft (beim Morbus Crohn ist es genauso) eine Gruppe von Symptomen, die geistig, körperlich und seelisch gleiche bis ähnliche Symptome erzeugen, zu einer Erkrankung zusammengefaßt werden. Der Sinn dahinter ist, nach der Beschreibung des Symptomkomplexes und der auftretenden sichtbaren und meßbaren Ursachen über die Behandlung der Krankheit nachdenken zu können. Alleine dafür wird ja eigentlich ein solcher name wie "Morbus Alzheimer" gebraucht: um die Symptomgruppe von anderen Krankheiten oder Gruppen abzugrenzen und sie kennen zu lernen.

Du hast völlig Recht, Willi, wenn Du sagst: meine Mutter ist einfach altersverwirrt. Die Symptome der Altersverwirrtheit werden eben gerne unter diesem Begriff "Demenz" zusammengefaßt.

Kennst Du Harry Potter, Willi? Da gibt es die "Dementoren". Sie sind die dunkelsten Gestalten des Zauberreiches, in dem Harry Potter lebt. Sie ernähren sich von der freudvollen Erinnerung der Menschen und lassen nur leidvolle Erinnerungen zurück. Im Roman ist diese Behandlung durch die "Dementoren" die "Verbannung nach Askaban". Guck mal: Ask (engl. Frage) a ban (engl. Bann).

Gleichsam ist es wie ein Gefängnis, wenn man mit der Demenz konfrontiert wird. Es ist auch egal, ob man jetzt der Demente ist oder der, der ihm begegnet: man spürt da die Gitterstäbe, durch die man nicht mehr hindurchdringen kann. Das Vergessen hat die alte Beziehung und damit das alte Gefühl für den Menschen "verbannt" und es bleiben nur Fragen zurück: wer bin ich, was ist das, wer ist der? Das uns allen hier noch eigene "warum", das die Gesundheit birgt (die Antwort auf "warum" führt ja zu Wissenszusammenängen, Bildung), entfällt weitestgehend, denn zielführende Gedanken sind nicht mehr möglich. Es kann nicht mehr "gelernt" werden. (das geht natürlich schleichend, aber man kann die Fähigkeiten testen.)

Übrigens: der lateinische Zauberspruch, den Harry Potter erfolgreich gegen diese Dementoren, die die positive Erinnerung klauen, anwendet ist "expecto patronum": "Ich erwarte den Herrn". Und zwar erfährt er die Wirkung dieses Satzes, als er seinen verstorbenen Vater persönlich reintegriert durch ein Erleben da im Buch. Er "Versöhnt" sich mit dem Vater, genauer nimmt er seine (genetische) Energie voll an. Er kriegt in dem Film auch zweimal gesagt, daß er genau so wie der Vater aussehe. Ich glaube ja, daß diese Gewißheit: "ich sehe wie der Vater aus" (...und der Herr schuf die Menschen nach seinem Ebenbilde...), die der H.P. da erhält, ihm die Reintegration seiner Zauberkraft erst ermöglicht.

Genau dieses "Gleichaussehen" der Familie verursacht oft bei Dementen Personenverkennungen. Es werden immer weniger Daten aus dem Gesehenen wirklich "verstanden". Und so führen Ähnlichkeiten dann zur Identifizierung eines anderen Menschen. Und: ein Mensch mit Halbseitenlähmung (Schlaganfall, Deine Schwester) wird nicht mehr erkannt, unter anderem weil das Gesichtsmuster ein Anderes ist.

Was ist schon zaubern, Willi, was hilft gegen die Dementoren? Das weißt Du selber: das Gefühl erreichen, das ist zaubern. Und das Erreichen des Gefühls verscheucht die Dementoren, die das Vergessen bringen und das Gefängnis verursachen.

Ist das nicht unglaublich, wie demente Menschen uns über das Gefühl erreichen, wenn wir uns dem öffnen?

Man will kommunizieren, will daß etwas Bestimmtes geschieht, aber wie ein Kind entscheidet der demente Mensch das alles selber. So wie es hier jemand geschrieben hat, war es die liebe Romaschka?, so empfinde ich es auch: man kann diese Menschen nur begleiten, wenn sie nicht in der häuslichen Umgebung sind.

Ich bin wirklich der Meinung: ein dementer Mensch gehört genauso wenig in ein Heim, wie ein sterbender Mensch. Die Altenheime sind ja Einrichtungen, die nach dem Krieg zur Versorgung der Kriegsversehrten und Witwen eingerichtet wurden. Die beiden Kriege waren ja mal die Ursache für das Zerfallen der Familien, wie nur unsere Generationen jetzt das erleben.

Man muß sich das immer wieder klar machen, daß die Konflikte, die wir mit unseren Eltern in uns drin erleben oder erlebt haben, auf schreckliche Verluste von lieben Menschen in jeder einzelnen Familie zurück zu führen sind. Diese Wunden- so sehe ich das- die zeigen sich in den Gehirnen dieser Generationen jetzt als dunkle Flecken in der hellen weißen Masse. Bei uns waren sie (bisher) nur als Schatten im Geist vorhanden. Ich bete mal: "Herr gib uns die Kraft, wieder als Generationen zu einer gemeinsamen Lebensweise zu finden."

Wenn die Alten diese Erinnerungen nicht losließen, könnten auch wir uns nicht davon trennen.

So ist der Zusammenhang.

Trotzdem erlebt man es persönlich und nimmt es persönlich und leidet darunter persönlich. Weil man eben teilnimmt an einem, tja, an einem fragwürdigen Geschehen, würde ich sagen.... ask-a-ban...

Dieses Ask-a-ban, "Frag Dir einen Bann"---- das ist so toll, von der Wortschöpfung dieser Autorin her. Askaban. Ich stelle mir mich als Kind vor, ich frage etwas und es hat leider den Schatten der Familie tangiert. Oder ich habe ein Verhalten gezeigt, das in der Familie als ungehörig bewertet wurde. Oder ich habe die Grenzen der Scham vor Nacktheit und Berührung erfahren, wie sie in der Familie herrschen, und ich habe diese Art des "Banns" für mich akzeptieren lernen müssen. Ich habe nach Liebe gefragt, und habe sie nicht bekommen. Liebe war das, was ich gerade wollte. (siehe dazu oben das andere violette)

Man sieht also die Frage, das Verlangen nach Aufmerksamkeit, nach Befriedigung der emotionalen Bedürfnisse. Und genau diese Fähigkeit, ausreichend Aufmerksamkeit zu erlangen (das ist ja die Frage: wer bin ich, wie bin ich und was "ernte" ich, wenn ich es so oder so sähe, was ich bin) ist eben in uns selber weniger gestört als in der Kriegsgeneration. Und die Ursache der Störung ist das Wörtchen Gewalt. Und "Mißbrauch", Mißbrauch von Technologien, von massenbildenden Medien, von Medikamenten etc. pp.

Man denke nur an Contergan: damals fand man es normal, daß werdende Mütter nicht schlafen können und ergo pfiff man ihnen reihenweise Schlafmittel rein. So einen Quatsch würde man nun heute auch wieder nicht mehr machen---- meint man. Es gibt aber viele Beispiele für ähnliche kommerzielle Versuche der Pharmaindustrie, die genauso hirnrissig sind, wie so eine Schlafpille für werdende Mütter. Da muß ich aus ethisch-moralischen Gründen immer den Text abbrechen, weil ich sonst ausfallend werde und diese Energie spar ich mir auf, bis ich mal in der Situation bin, wo ich gelassen diesen Nagel dann ins Holz haue.

Der Schlafrhythmus: wenn ich da ans Altenheim denke, wird mir übel. 19:00 Uhr ins Bett, weil man muß ja bis 21:15 Uhr noch 12 weitere zu Bett bringen. Und Aufstehen ist morgens um 8, weil man muß ja noch 9 weitere aus dem Bett holen, sich waschen lassen oder waschen, anziehen, evtl. Schmuck, Schminke, Cremchen X, Sälbchen Y, Kind ich hab die Handtasche vergessen, gucken sie mal, was wir hier gemeinsam am Arm haben, ach du bist mein Schatz. :zauberer1
Es ist schon eine Hektik des Morgens, aber morgens ist es schön. Finde ich. Ich habe nie verstanden, wo die Kolleginnen im Altenheim da jetzt innere Anläße für Unruhe finden, denn wenn man die Tätigkeiten mal vergleicht mit anderen Berufen, dann hat man nicht gerade zuviel zu tun. Das Problem ist, daß sich diese Helfenden selbst immer "verlieren" in den Leuten, die sie betüddeln und daß sie teilweise echt zu Robotern werden.

Und einem Roboter in Deutschland ist es- man höre und staune: nur schwer begreiflich zu machen, daß kein Mensch 13 Stunden lang im Bett liegen möchte. Du redest in manchem Haus wirlich gegen eine persönliche Machtlosigkeit aus "Es geht nicht" an, daß es einer enormen Willensanstrengung bedarf, da teilweise wertschätzend zu bleiben.

Jetzt aber mal wieder zurück nach Hause: mir fällt ein babyfon ein. Man weiß es wenn man Kinder hat: wenn das Babyfon an ist, ist man selber beruhigt. Und darum geht es. Man wird nicht öfter aufstehen, weil man jetzt das babyfon hat, aber man wird selber ruhiger schlafen.

Ansonsten ist die Fähigkeit nachts zu schlafen eine Frage der Auslastung tagsüber. Und natürlich der Menge des Schlafes im Sessel tagsüber- wenn man tagsüber zuviel "döst", also zuwenig aktiviert wird durch die Umgebung (stundenlanges Fernsehen, wie es heute üblich ist, ist auch Schlaf, Alpha-Wellen...), kann man nachts nicht schlafen. Man ist eben nicht ausgelastet.

Und ansonsten schwankt unsere Befindlichkeit generell ja hin und her, also auch unser Schlafbedürfnis und unsere Schlaftiefe. Es kommt eben darauf an, was wir erleben.

So, ich steige wieder auf meinen Zauberbesen und fliege weiter, immer tapfer kämpfend gegen die Dementoren. :clown:
 
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