Ein Spiegel-Freund und wie ich das sehe

S

Sayalla

Guest
Als ich ihn kennenlernte, war ich ziemlich weit unten. Wie weit unten, begriff ich erst Jahre später, nachdem diese üble Talsohle schon längst durchschritten war.
Ich sah ihn- und es war um mich geschehen! Nie zuvor sah ich so wunderschöne Augen, nie einen anziehenderen Körper, nie führte ich solch vertraute Gespräche und ganz sicher habe ich mich noch nie so geborgen und aufgehoben gefühlt.
Als wir uns näher kamen, brach er plötzlich mit den Worten "Liebe?!? Was ist Liebe? Lass mich bloss in Ruhe damit...", aus und weg war er. Ich habe endlose Tränen vergossen, und die folgende Nacht schien nie vorüber zu gehen- doch irgendwann schlief ich dennoch ein.
Alle rieten mir, ich solle den Kontakt abbrechen, doch das sah ich total anders. Langsam, aber stetig, entwickelte sich eine Freundschaft. Wir konnten nämlich immer noch über alles sprechen, ich fühlte mich immer noch geborgen und immer mehr spürte ich, dass Freundschaft genau das Richtige für mich war.
Jahre später, wir sassen schweigend beieinander auf dem Balkon, fragte ich: "erinnerst du dich noch daran, was du damals über dich gesagt hast? Du bist wie ein Spiegel, und Menschen sehen nie dich, sondern immer nur sich selbst?"
"Ja", und dann nickte er tiefgründig.
Ich sagte: "dann habe ich also zu dem Zeitpunkt angefangen, mich in mich zu verlieben oder war es doch schon Liebe?" Ich lachte, doch dann fragte ich: "aber wer bist dann du?"
Er blieb ganz ruhig, schaute mich mit offenem, zärtlichem Blick an und erklärte leise: "Das weisst du doch, ein Freund. S., ich bin ein Freund."
 
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Eine wunderschöne Geschichte.
Die das Leben schrieb?
Danke, ja, so ist es.
:thumbup:
 
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