Ein neuer Tag

Oberlehrer, belehre mich,
So gut du kannst und ich hör zu.
Doch lehr mich nur was ich auch wissen will,
Das Andere behalt dir still.

Oberlehrer, prüfe mich,
Ob ich dich gut verstanden hab.
Doch willst du mir nicht den Tag verderben,
Dann Lehrer lehr mich aufrecht sterben.


Das war jetzt mein laienhaftes Gedicht für einen Freund, der noch lebt.

Und einem Anderen, der gestorben ist, schick ich eines hinterher, auf das ich heute hier im Forum gestoßen bin.

http://www.wortblume.de/dichterinnen/letworte.htm
 
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Einmal war ich bei einem Zauberer in Behandlung. Bei einem Magier.

Er gab mir Zauberpillen, die mir helfen sollten mein seelisches Gleichgewicht wieder zu finden und meine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen.
Und in der Tat: Nachdem ich sie genommen hatte, war mir, als wäre ich völlig isoliert von der Welt. Was ja nicht unbedingt nur Nachteil ist.
Sogar der Verkehrslärm war weit weg und fast wäre ich in ein Auto gerannt.
Auf der Geraden ging ich dahin, als würde ich Stufen erklimmen und es war eher so, als hätte ich unwuchte Räder statt der gewohnten Beine montiert.

So vergingen die Tage und instinktiv reduzierte ich die Pillen, weil ich dem Zauber irgendwie nicht traute. Vielleicht hatte ich auch nur ein wenig Angst vor der Erleuchtung.
Die Käseglocke zwischen mir und der Welt wurde wieder durchlässiger, der Gang halbwegs normal und der nächste Termin beim Magier war da.

Da saß ich nun und beobachtete ihn, während er mich beobachtete. Ich glaube fast, ich beobachtete ihn mehr, als er mich.
Er stand zwischendurch auch auf, ging in einen Nebenraum, raschelte mit irgend Etwas herum, kam zurück und plötzlich sah ich es.

Er hatte den selben, lustigen Gang wie ich ihn noch vor ein paar Tagen hatte. So, als würde er imaginäre Stufen erklimmen, während er zu ebener Erd unterwegs war.

Und da wusste ich: Er ist nett, wirklich nett. Aber nicht der Zauberer meines Vertrauens.
Diese Art des Stufenweges war mir einfach nicht geheuer.
 
Ich muss direkt lachen.

Die Empfehlung, diesen Zauberer mal aufzusuchen, kam ja von einer guten Freundin.
Und, obwohl sie leider auch nicht mehr unter den Hiesigen weilt, hör ich sie noch immer sagen:

Du, so a bisserl zum reden ist der sicher nicht schlecht, aber die Pulverl - ohne mich, weil da bleib ich lieber ich.

Vielleicht waren wir auch einfach nur noch nicht reif für einen derartigen Schritt in die andere Dimension.
 
Ich muss natürlich schon zugeben:
Zauberpillen sind nicht Zauberpillen und ich will sie nicht generell verdammen.
Es gibt Solche und Solche, in verschiedensten Farben und in unterschiedlichster Wirkung.
Auch aktuell nehm ich noch welche, zum Beruhigen vom Nervensystem, bevors mir komplett durchbrennt.
Und weil sich eben eine gewisse Abhängigkeit entwickelt hat, die ich - gerade noch so und hoffentlich - ein wenig kontrollieren kann.

Aber die von damals, die mich zum Stufenweg führten...

Alter Schwede, da kam die Angst.
 
der Geld kackt, dann würde ich mich nicht zwischendurch immer wieder mal fragen:

Soll ich die Rote Zauberpille nehmen oder die Blaue? Die Blaue oder die Rote? Realität oder Schein? Trip oder Wein?

Die Rote Pille steht - zumindest laut Fantasykomödie - fürs Leben in der Realität, das mag schon sein.
Auf jeden Fall aber ist sie zunächst mal Begegnung mit dem Tod. Da hat auch noch kein Zug drum herum geführt.
Und ich hab sie - wie die meisten anderen Menschen auch - schon mal genommen. Unmittelbar bei der Geburt.
Die einzig wahre Pille aber um die es hier zu Tage geht, weil man sich damit wunderbar von dieser Wirklichkeit ablenken kann, ist nicht Rot oder Blau, sondern Gelb wie Gold.
Und um das halbwegs liebend zu ertragen, werf ich schon mal ne Blaue ein.
Während ich weiß, dass gleichzeitig die Rote wirkt.

Geburt
Rote Pille schlucken
Lernen, dass das Zweitwichtigste im Leben die Liebe ist
Möglichst viel Gelbe Pillen schlucken
Zwischendurch vielleicht mal nach dem Zweitwichtigsten Ausschau halten
Oder ein paar Blaue werfen
Warten, bis die Rote richtig fährt.

Und sie beginnt zu wirken, sobald man das im Kopf zulässt.

Dann hört auch die Liebe ganz schnell auf, das Zweitwichtigste im Leben zu sein.
 
Wusstest du, dass Zynismus die Krankheit des weißen Mannes ist ?



Es ist unmöglich, das Selbstmitleid für immer loszuwerden. Es hat einen bestimmten Platz und Charakter in unserem Leben, eine bestimmte Fassade, die erkennbar ist. Darum wird jedes Mal, wenn sich Gelegenheit bietet, die Fassade des Selbstmitleids aktiv. Sie hat eine Geschichte. Doch wenn man die Fassade ändert, verändert man ihre Vorrangstellung.

Man ändert Fassaden, indem man die Bestandteile der Fassade selbst verändert. Selbstmitleid ist nützlich für den, der es braucht, weil er sich wichtig fühlt und meint, bessere Bedingungen und bessere Behandlung zu verdienen, oder weil er nicht bereit ist, die Verantwortung für die Taten zu übernehmen, die ihn in jenen Zustand brachten, der das Selbstmitleid auslöste.
C.C.
 
Gelbe für die Steuerung der Wohlstandverhältnisse.
Rote für das kleinere oder größere Abenteuer.
Blaue zur Beruhigung.

Als alter Pillenfreak verdamme ich weder die Eine noch die Andere.
Verliebt aber bin ich nicht in sie, weder in Diese noch in Jene.
Ich brauche sie nur, das ist alles.
 
erhob ich mich von meiner Bank am Feldrand und war mittelmäßig guter Dinge.
Das Dorf mit den seltsamen Menschen lag hinter mir und im Rucksack hatte ich noch Wasser, Käse und Brot.
Mein Pillengleichgewicht prüfend ging ich weiter. In die andere Richtung als die, aus der ich gekommen war.

Dabei stellte ich etwas betrübt fest: die Gelben Pillen wurden knapp, wodurch automatisch ein Überschuss an Roten entstand. Das war in meiner Fantasykomödie nun mal so.
Also kramte ich nach den Blauen.Verdammt! Auch keine Blauen mehr. Nur noch Rot, wohin ich schau.
Fast schon der Verzweiflung nah hob ich meinen Blick aus dem Roten Inneren des schwarzen Rucksacks und richtet ihn nach vorne, auf die von Sonne überflutete Straße.
Und ich konnte mein Glück kaum fassen, als ich dieses Ortsschild sah.


Ortstafel%20klein.gif


Endlich war ich da.
 
In Pillharmonie angekommen ging ich sogleich frohen Mutes zur Einwanderungsbehörde und sagte freundlich lächelnd:

"Guten Tag! Ich wär jetzt da."

Der Herr am Schalter wirkte neutral und legte mir ein Formular vor.
Das war einfach gehalten, da gab es nur drei Punkte zu unterschreiben.

VORAUSSETZUNGEN ZUM PILLENBEZUG

  1. Die Roten gibt es gratis.
  2. Die Blauen auf Krankenschein.
  3. Die Gelben nach der Arbeit im Bergwerk.

_____________________
Gelesen und verstanden


Aus der Traum... wieder nix.
Das war nicht Pillharmonie, das war wie in Überall.
 
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kein sehr erfolgreicher zwar, aber Arzt. Und als ich noch ein Baby war, spielte er mit mir das Pillenspiel.

Er verstreute viele Gelbe Pillen, einige Blaue und dazwischen eine Rote auf einem großen, weißen Teppich und sagte zu mir:

"Von allen Pillen dieses Teppichs darfst du essen, nur die eine Rote nicht, denn dann wirst du sterben."

Ich wusste nicht, was sterben bedeutet, krabbelte schnell auf die Rote Pille zu und schluckte sie. Mir wurde schlecht zum schreien und es wurde immer schlechter und ich bekam große Angst, als ich spürte, dass es mit mir zu Ende ging. Ich wollte nicht sterben, hatte damals noch ein Ziel vor Augen: Ich wollte bewusst leben lernen, mit dem was ich hatte und war. Das Leben und mich selbst darin verstehen lernen. Das war mein Ziel.

Getrieben von meiner Angst kam ich drauf, die Gelben Pillen linderten die Übelkeit und verliehen mir die Kraft, die Welt umzugestalten. Die Blauen vertrieben ein wenig die Angst vor dem Sterben. Ich musste sie beide nehmen, denn wenn ich sie absetzte, brach sofort die Wirkung der Roten Pille durch, mir wurde wieder übel und ich erinnerte mich daran, dass ich sterben würde.

Vorrangig konzentrierte ich mich zunächst mehr auf die Gelben Pillen, die mir die Übelkeit nahmen und scheinbar Kraft verliehen zur Weltgestaltung. Ich vergaß ganz darauf, dass ich die Welt erst begreifen wollte, wie sie war und gestaltete ohne Pause munter drauf los.

Dann waren alle Gelben verbraucht und ich suchte nach den restlichen Blauen um mich ein wenig zu beruhigen.

Obwohl ich wusste, dass ich sterben würde, hatte ich noch immer ein Ziel vor Augen. Ich wollte noch immer bewusst leben lernen, mit dem, was ich hatte und war und betrachten, was ich durch meine Kreativität beigetragen hatte. Doch niemals war das Gestalten mein eigentliches Ziel - nur ein Nebeneffekt.

Ich wollte nur die Welt begreifen. Und mich selbst.

Mein Werk war sehr schön. Der Teppich war nicht mehr weiß, sondern in allen Farben angekotzt, bunte Muster, Gesichter, Landschaften... alles Mögliche konnte man sehen, in meinem Werk. Doch es stank auch recht sauer und ekelig. Und ich wollte gar nicht mehr für immer hier bleiben. Heimlich begann ich zu hoffen, die Rote Pille würde ihre Wirkung endlich entfalten.

Doch wie hätte ich diesen Teppich so wunderschön gestalten können, ohne die Kraft der Gelben Pille und ohne Überlebenswille?

Müde schlief ich ein.
 
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