Ein Kurs in Wundern - Methoden

Ja, wobei das aber nichts ist dass ich im Alltag kann. Nur wenn ich sehr ruhig werde und mir nicht gerade irgendetwas sehr intensiv im Kopf herumschwirrt.

Ja, natürlich; im Alltag - also bei der Arbeit oder bei Erledigungen - da braucht man das Ich-Programm mit allen Infos, auf die das Ich zugreift, um handlungsfähig zu sein. Man braucht die Identifikation und auch die emotionale Aufladung - weil wir immer im direkten oder indirekten Kontakt mit anderen Menschen sind.

Nur bist Du auch eben manchmal in der Ruhe. Dann nimmst Du mit Deinem Geist wahr, dass das Ich nicht alles ist. Das erzeugt eine Perspektive im Geist. Es gibt etwas, dass wahr ist, dass da ist, das aber nicht deckungsgleich mit dem Ich ist. Das Ich ist natürlich auch wahrnehmbar, tritt aber in den Hintergrund.

Hättest Du nicht solche Momente der Ruhe gehabt, hättest Du nicht die Inhalte vom Kurs in Wundern aufnehmen können - und darüber so geschrieben wie weiter oben.

Daher meinte und meine ich, Du hast das Selbst wahrgenommen.

Und dann ist ja auch ein bisschen die Frage was das "Ich" ist. Es ist kein Einzelaspekt, eher ein Geflecht aus Gedanken die "selbstbeschreibend" sind und irgendwie "Identifikationsladung" haben. Und dieses Konzept ist mit Zeit angefüllt, schon durch Gedanken die sich auf die Vergangenheit beziehen (Erinnerungen) und Gedanken die sich auf die Zukunft beziehen (Vorstellung). Und diese Gedanken haben immer auch eine emotionale Färbung und da verbinden sich die Dinge.

Das Ich ist ein komplexes Geflecht ;) mit der stabilisierenden "ich-bin-eine-konsistente-Einheit"-Illusion, ohne die ein Leben als Mensch nicht möglich ist. Wenn jemand ein paar Laute in Deine Richtung ruft, ist es gut, sich dessen gewahr zu sein, dass es der eigene Name ist. In dem Moment aber, in dem man seinen Namen hört und auf sich bezieht, ist man wieder im Ich. Aber auch das eigene Ich weiß, dass es nicht alles ist, was es gibt.


Ich glaube daher, dass der Weg zur Befreiung, auch schon psychologisch von alltäglichen Problemen, darin liegt Identifikationen zu lösen. Wie genau das funktioniert, weiß ich aber nicht genau. Es hat ganz sicher damit zu tun möglichst bewusst zu sein, zu beobachten. Aber das ist wohl nicht alles.

Es sind sicher viele Ideen zu einer inneren Befreiung inspiriert vom Selbst, aber das Ich hat auch seine eigenen Kapazitäten und Möglichkeiten, Probleme zu lösen. So lang ein Mensch im Alltag lebt, durchläuft er Aufgaben und ein Problem ist immer nur eine ungelöste Aufgabe. Wobei "Aufgabe" meiner Ansicht nach nicht im schulischen Sinn zu verstehen ist als eine Arbeit oder eine Bedrängnis. Eine Aufgabe kann ja auch sein, fröhlich zu sein oder auch mal Trauer zu erleben und durchleben und zu trösten oder getröstet zu werden. Das Leben steckt voller Erfahrungen, wenn man als Ich da durchläuft. Wenn das Ich jedoch in existenzielle (Ich-)Nöte kommt, braucht es Trost und Kraft von einer Instanz, die größer ist als das Ich.

Meist ist es ein Punkt, an dem sich der Mensch überlegt: Dieses Ich ist nur ein Konzept und ändert sich unmerklich von Augenblick zu Augenblick, die Kontinuität ist eine Illusion. So kann ein Moment erreicht werden, in dem das Ich sich neu konzeptionieren muss. Ist das Ich verknüpft mit einer Rollenvorstellung oder einem Titel oder Besitz, ist das Ich damit definiert und die Rolle entfällt, dann ist der Mensch mit dem Gedanken konfrontiert, ob es ihn oder sie dann überhaupt noch gibt - das Ich als "JOBNAME" oder das Ich als "ELTERN" zum Beispiel kann sich ändern. Der Mensch ist dann immer noch lebendig, gerät aber mit seinem Ich ganz schön ins Schleudern.

Aber ein Mensch kann seinen Beruf wechseln oder aber wenn erwachsene Kinder längst im eigenen Leben sind, kann der Mensch eine neue Identifikation aufbauen für seine Ich-Kontinuität. In den Momenten gibt es idealerweise freiwillige Ruhe-Momente (und keine Krankheit zwingt dazu). Dann hilft es, wahrzunehmen, dass es das Selbst gibt, das der Mensch auch ist.

Dieses Selbst kann im selben Leben, hier im Leben, dann eben nach einem Ruhemoment in den "neuen" Menschen inkarnieren. Dann ist man eben nicht mehr Lehrer an einer Schule, sondern ist ... "NEUERJOBNAME" woanders.

Jeden Tag fünf Minuten Ruhe einzubauen in den Tagesablauf, das hab ich mir angewöhnt. Das klappt, fünf Minuten kann man immer abzweigen. Ist es die gleiche Tageszeit, geht es leichter. Ist nur eine Gewöhnungssache.

Dies hat eine Auswirkung auf den Alltag, nach etwa zwei Wochen spätestens ist es bemerkbar. Auch im Alltag gibt es eine Möglichkeit, selbst im größten Stress für einen Atemzug "in die Ruhe einzutauchen und Kontakt mit dem Selbst aufzunehmen". Nach dem Atemzug ist das Ich nicht mehr so im Trott wie vorher.

Es hilft, besonnere Entscheidungen im Alltag zu treffen und hat außerdem den angenehmen Nebeneffekt, die Zeit zu dehnen, in gewisser Weise. Wenn man für einen Moment in die Zeitlosigkeit eintaucht - für einen Atemzug - ist man im Anschluss viel präsenter und mehr im Hier und Jetzt. Dies steuert dem Hin- und Her der Gedanken und der Zerfaserung und Verzettelung der Energie entgegen. Die folgende Stunde nach dem Atemzug ist doppelt so effektiv wie sonst. Damit werden auch wieder mehr Ruhepausen möglich. Und man fühlt sich nach der Stunde frischer und nicht abgekämpft, weil man das Hin- und Her anhalten konnte.

Wie bei einem Stein, der ins Wasser geworfen wird, zieht dieser Moment seine Kreise in die Vergangenheit und Zukunft. Aber das ist nur ein Bild, eine Umschreibung von etwas, was ich nicht beschreiben kann.

Das ist dann das, was fehlt, zu dem Allem, wie Du schriebst.

Liebe Grüße und gute Nacht
eva

PS
Der Faden, in dem ich auf Deine lange Antwort antworten wollte, wurde geschlossen. Wenn Du es möchtest, eröffne ich zu dem Gedankengang einen neuen, um Dir dort zu antworten.
 
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