Ein Herz aus Dschenin - The Heart of Jenin

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SammyJo

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Nie mehr Dialyse

Eine kinoreife Geschichte. Ein Dokumentarfilm, "The Heart of Jenin" (Das Herz von Dschenin), eine israelisch-deutsche Koproduktion, ist daraus entstanden, zu sehen diese Woche beim Filmfestival in Locarno. Er zeigt, wie Ismael Khatib drei der geretteten Kinder besucht: Sameh, Mohammed und Menuha. Sie führen mit dem gespendeten Herz und den Nieren des toten Achmed heute ein glückliches Leben. Es sind bewegende Begegnungen, zwei Jahre nach dem Tod seines Sohnes. Wie von selbst spannt sich ein unsichtbarer Draht zwischen den Kindern und dem fremden Mann aus einer anderen Welt irgendwo hinter dem Sperrwall. Im Falle von Sameh Gadban, einem Mädchen im Teenageralter aus einer Drusenfamilie, klappt das auf Anhieb. Ebenso mit dem quirligen Mohammed Kabua, dem Beduinensohn, der unermüdlich auf seinem Fahrrad ums Elternhaus im Negev kurvt. Zur Dialyse muss er nicht mehr.

Komplizierter ist der Kontakt zu Menuha, der kleinen Tochter frommer Juden aus der Jerusalemer Siedlung Pisgat Zeev. Dass das Spenderorgan arabischer Herkunft ist, rüttelt an den Grundsätzen der Familie Levinson. Vor dem Operationssaal wartend ist dem Vater der Satz entfahren, ein jüdisches Organ wäre ihm schon lieber gewesen. Später ist es ihm peinlich. Aber es kostet ihn sichtlich Überwindung, palästinensische Gäste zu empfangen, noch dazu einen aus dem als Widerstandsnest verschrienen Dschenin. Er macht einen beklemmenden Versuch, von Mensch zu Mensch zu reden. "Geh doch in die Türkei", rät er Ismael.

Menuha zeigt bei aller Schüchternheit kindliche Neugier. Ohnehin ist Ismael Khati ihretwegen gekommen. Der sieht in allen drei Kindern etwas von Achmed, nicht nur die Organe. Er fühlt sich seinem toten Sohn näher, wenn er ihnen nah ist.

Damals, als Khatib den Organspenden zugestimmt hatte, reagierten die eigenen Leute irritiert. Schlagzeilen wie: "Palästinensischer Vater rettet israelische Kinder" kamen in Dschenin nicht gut an. "Wie kannst du Organe deines getöteten Jungen dem Feind überlassen?" Das bekam Ismael Khatib oft zu hören. Er hat geduldig erwidert. "Kinder sind nicht meine Feinde, sie tragen keine Schuld."

Noch schwerer taten sich die Israelis. Ein Palästinenser von derartiger menschlicher Größe passte nicht in ihr Bild. "Das hat sie mehr durcheinander gebracht, als wenn ich ein Terrorist wäre", sagt Khatib.


 
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